Gazprom

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Gazprom
Rechtsform PAO (Öffentliche Aktiengesellschaft); PJSC (Public Joint Stock Company)
Tätigkeitsbereich Gasförderung, -transport, -handel, -speicherung
Gründungsdatum 1989
Hauptsitz St. Petersburg
Lobbybüro
Lobbybüro EU Lakhtinsky prospekt d.2, k.3, str. 1, 197229 St. Petersburg RUSSLAND
Webadresse

Der russische Staatskonzern Gazprom ist das größte Erdgasförderunternehmen der Welt [1] und sitzt auf den weltweit größten Gasreserven.[2] Anfang April 2022 war der Konzern für knapp 40 Prozent der deutschen Erdgasversorgung verantwortlich.[3] Neben der Erdgasförderung ist Gazprom auch im -transport und der Erdgasspeicherung tätig und kontrolliert auf diese Weise verschiedene Bereiche der Wertschöpfungskette im Gassektor. Die ökonomische Macht des Unternehmens schlägt sich auch in seinem politischen Einfluss nieder – als Lobbyakteur hat Gazprom die deutsche Politik in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich beeinflusst, wie unter anderem der Seitenwechsel des Altkanzlers Gerhard Schröder, die Pipeline-Projekte Nord Stream 1 und 2 sowie die Gründung der Stiftung Klima und Umweltschutz MV illustrieren.

Unternehmensstruktur und -netzwerk

Die PAO Gazprom, deren Vorstandsvorsitz Alexej Miller, ein Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, innehat, befindet sich mehrheitlich im Besitz des russischen Staats. Gazprom ist vollständige Eigentümerin des Unternehmens Gazprom Export, das wiederum bis zum 31. März 2022 100% der Anteile an Gazproms deutscher Tochterfirma, der Gazprom Germania GmbH, hielt.[4] [5] Anfang April 2022 hat die Bundesnetzagentur für eine Übergangszeit bis zum 30. September 2022 die treuhänderische Verwaltung der Gazprom Germania übernommen.[6] Gazprom war und ist an zahlreichen, für die deutsche Gasversorgung zentralen Unternehmen beteiligt. So betreibt Gazprom Germania gemeinsam mit Wintershall DEA die WIGA Transport Beteiligungs-GmbH, die - wie ihre Töchter OPAL, Gascade und NEL - für den Gastransport zuständig ist. Darüber hinaus besitzt Gazprom Germania 100% der Anteile an den Gashandelsgesellschaften Wingas und WIEH sowie an dem Erdgasspeicherbetreiber Astora, [7] der den größten deutschen Erdgasspeicher im niedersächsischen Rehden betreibt. [8] Gazprom ist mit 51% mehrheitliche Eigentümerin der Nord Stream AG, [9] einem Konsortium zur Planung, zum Bau und Betrieb der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1, welche im Jahr 2011 im Betrieb genommen wurde. Das mittlerweile insolvente Unternehmen zur Leitung des lange umstrittenen und inzwischen gestoppten Nachfolge-Projekts Nord Stream 2, die Nord Stream 2 AG, war ein 100%-iges Tochterunternehmen von Gazprom. [10] Im Bereich der Erdgasförderung kooperiert Gazprom über verschiedene Joint Ventures oder Gemeinschaftsunternehmen mit der deutschen BASF-Tochter Wintershall DEA. [11]

Lobbystrategien und Einfluss

Gazprom nutzt verschiedene Mittel und Wege, um politische Prozesse und Entscheidungsträger:innen zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Eine relevante Lobbystrategie des Konzerns stellen u.a. Seitenwechsel dar. Auch auf diese Weise gelang es Gazprom, umfangreiche Lobbynetzwerke aufbauen, in die insbesondere zahlreiche SPD-Politiker:innen involviert sind. [12]Des Weiteren hat sich das Unternehmen durch das Sponsering kultureller Ereignisse und Einrichtungen hervorgetan. Die seitens der Politik tolerierte und bisweilen aktiv geförderte, sukzessive Zunahme einer Abhängigkeit Deutschlands von russischen Erdgasimporten hat die Lobbymacht Gazproms zudem gestärkt. Die Lobbyausgaben von Gazprom des Jahres 2021 belaufen sich auf EU-Ebene auf 50,000 - 99,999 €. [13] Da weder Gazprom noch Gazprom Germania einen Eintrag im deutschen Lobbyregister besitzen - ebenso wenig wie etwa die Nord Stream AG oder die Gazprom-Töchter Wingas, Wieh und Astora - lassen sich Gazproms Ausgaben für Lobbyarbeit in Deutschland nicht ermitteln.

Fallbeispiele und Kritik

Nord Stream 1

Die Erdgas-Pipeline Nord Stream 1 verläuft vom russischen Wyborg durch die Ostsee nach Lubmin in der Nähe von Greifswald. Die Pipeline wurde von der Nord Stream AG gebaut, die sie auch betreibt. Bei der Nord Stream AG handelt es sich um ein internationales Konsortium fünf großer Energiekonzerne:[14] Mit 51,0% hält Gazprom die Mehrheit der Anteile, als weitere Unternehmen sind Wintershall Dea und E.ON mit jeweils 15,5 % sowie Nederlandse Gasunie und Engie mit jeweils 9,0 % beteiligt. [15] Politisch geht das Pipeline-Projekt wesentlich auf den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder zurück – in seiner sowie der Anwesenheit des russischen Präsidenten Wladimir Putin unterschrieben Wintershall, Gazprom und E.ON am 8.September 2005 den Vertrag zur Betreibergesellschaft. Abgesichert wurde das Geschäft, wie bereits frühere Deals deutscher Energieunternehmen mit Russland, durch Kredite deutscher Banken und einer Milliardenbürgschaft aus der deutschen Staatskasse.[16] Nach einer Niederlage bei der Bundestagswahl wurde im Dezember 2005 öffentlich, dass Schröder Aufsichtsratschef des Konsortiums werden würde, welches im Oktober 2006 schließlich den Namen Nord Stream AG erhielt. [17] [18] Nicht allein die Tatsache des Seitenwechsels Schröders, sondern zusätzlich der geringe zeitliche Abstand zum politischen Amt – der Seitenwechsel wurde nur 17 Tage nach dessen Ausscheiden aus dem Amt bekannt - waren Gegenstand umfangreicher Kritik.[19]

Auch das Pipeline-Projekt selbst wurde von Beginn an von Kritik begleitet, insbesondere seitens des durch die Pipeline umgangenen Polens sowie der baltischen Staaten. [20] Letztere zogen, ebenso wie Schweden und Finnland, zudem die Umweltverträglichkeit der Pipeline in Zweifel. Derartige Bedenken teilten auch Umweltverbände – der BUND und der WWF klagten daher vor dem Greifswalder Oberverwaltungsgericht, um den Bau der Pipeline zu verhindern.[21] Trotz dieser Kritik wurde das Projekt zwischen 2006 und 2012 vorangetrieben und fertiggestellt: Der erste Strang der Pipeline wurde ab April 2010 gebaut und im November 2011 in Betrieb genommen, während mit dem Bau eines zweiten, parallel verlaufenden Pipeline-Strangs im Mai 2011 begonnen wurde und dieser im Oktober 2012 den Betrieb aufnahm.[22]


Nord Stream 2

Stiftung Klima- und Umweltschutz MV

Sponsering in Kultur und Sport

Sponsoring hilft Unternehmen bei der „politischen Landschaftspflege“, es schafft Abhängigkeiten und kreiert zugleich ein gutes Image. Zudem können Sponsoren zahlreiche Gelegenheiten wahrnehmen, mit politischen Entscheidungsträger:innen ins Gespräch zu kommen. Gazprom war bis zum Angriff Putins auf die Ukraine über Sponsoringverträge im europäischen Fußball allgegenwärtig: als Hauptsponsor des Fußballvereins Schalke 04, Sponsor der Champions League und „Premiumsponsor“ der Europäischen Fußballunion UEFA. Eine Einladung zu Veranstaltungen wie der Champions League ist attraktiv für zahlreiche Entscheidungsträger:innen - auf diese Weise können Gespräche am Spielfeldrand stattfinden, auf die Lobbyist:innen anderenfalls eventuell längere Zeit warten müssten. Die Sportfunktionäre bekommen einen Einblick in die Geschäftswelt des Fußballs und können Netzwerke aufbauen.[23]

Auch Deutschlands größter Freizeitpark, der Europapark Rust, erhielt bis zum Krieg gegen die Ukraine Geld von Gazprom, in diesem Fall von der Nord Stream 2 AG. Seine Attraktionen trugen dafür Namen wie "Blue Fire Megacoaster powered by Nord Stream 2" oder "Nord Stream 2 Dome". Besonders intensives Sponsoring betrieb Nord Stream 2 in Mecklenburg-Vorpommern. Das Unternehmen sponserte hier unter anderem die Schweriner Damen-Volleyball-Mannschaft, das Orchester „Baltic Sea Philharmonic“, [24] die Kunsthalle Rostock,[25] oder den hoch umstrittenen Russlandtag, ein deutsch-russisches Wirtschaftstreffen, das seit 2014 in Mecklenburg-Vorpommern stattfindet – erstmals kurz nachdem Russland die Krim annektiert hatte.


Geschichte

Gründung, Gründer, Motive, lobbyrelevante Veränderungen


Weiterführende Informationen

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Einzelnachweise

  1. Putins Wirtschaftswaffe: Das ist die Geschichte von Gazprom weser-kurier.de vom 29.04.22, abgerufen am 17.06.22
  2. Die Macht des Gazprom-Konzerns tagesschau.de vom 15.02.22, abgerufen am 17.06.2022
  3. Gazprom gibt deutschen Tochter-Konzern auf tagesschau.de vom 01.04.22, abgerufen am 17.06.22
  4. Ohne Gazprom geht es in Europa nicht dw.com vom 06.02.22, abgerufen am 17.06.2022
  5. Die Gazprom Germania-Gruppe gazprom-germania.de, abgerufen am 17.06.2022
  6. Treuhänderschaft Gazprom Germania bundesnetzagentur.de, abgerufen am 17.06.2022
  7. Röhren, Speicher und Raffinerien: Russland hat sich wie eine Krake in der deutschen Energiebranche breitgemacht nzz.ch vom 07.04.22, abgerufen am 17.06.2022
  8. Größter deutscher Gasspeicher in russischer Hand br.de vom 20.02.22, abgerufen am 17.06.2022
  9. Unternehmensstruktur Nord Stream AG nord-stream.com, abgerufen am 17.06.2022
  10. Wie abhängig ist Deutschland von russischem Erdgas? deutschlandfunk.de vom 25.02.22, abgerufen am 17.06.2022
  11. Langjähriges Engagement und effiziente Partnerschaft wintershalldea.com von 03.17, abgerufen am 17.06.2022
  12. Wenn der Gasmann zweimal klingelt zeit.de vom 10.02.22, abgerufen am 17.06.2022
  13. Europäisches Transparenzregister ec.europa.eu, abgerufen am 17.06.2022
  14. Die Pipeline nord-stream.com, abgerufen am 24.06.2022
  15. Unternehmensstruktur nord-stream.com, abgerufen am 24.06.2022
  16. Ostsee-Pipeline Nord Stream: Als Russland den Gashahn aufdrehte ndr.de vom 28.02.22, abgerufen am 24.06.2022
  17. Ostsee-Pipeline Nord Stream: Als Russland den Gashahn aufdrehte ndr.de vom 28.02.22, abgerufen am 24.06.2022
  18. Es begann mit Schröder tagesschau.de vom 23.02.22, abgerufen am 24.06.2022
  19. "Unangenehm und geschmacklos" sueddeutsche.de vom 04.02.22, abgerufen am 24.06.2022
  20. Was ist Nord Stream 1? Verlauf, Kosten, Auslastung augsburger-allgemeine.de vom 10.03.22, abgerufen am 24.06.2022
  21. Ostsee-Pipeline Nord Stream: Als Russland den Gashahn aufdrehte ndr.de vom 28.02.22, abgerufen am 24.06.2022
  22. Die Pipeline nord-stream.com, abgerufen am 24.06.2022
  23. Wie Gazprom den Fußball als Plattform benutzt deutschlandfunk.de vom 08.05.21, abgerufen am 24.06.2022
  24. Das Lobbynetzwerk Nord Stream 2 zerfällt zeit.de vom 01.03.22, abgerufen am 24.06.2022
  25. </nowiki> Wenn der Gasmann zweimal klingelt zeit.de vom 10.02.22, abgerufen am 24.06.2022

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