Handelsverband Deutschland (HDE)

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Handelsverband Deutschland
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Rechtsform Eingetragener Verein
Tätigkeitsbereich Einzelhandel
Gründungsdatum März 1919
Hauptsitz Berlin
Lobbybüro Am Weidendamm 1A, 10117 Berlin
Lobbybüro EU 85 Avenue des Nerviens, B-1040 Brüssel
Webadresse https://einzelhandel.de/

Der Handelsverband Deutschland (HDE) ist der Spitzenverband des deutschen Einzelhandels. Der Begriff Einzelhandel trügt jedoch, da es sich bei seinen Mitgliedern auch um große Unternehmen wie Amazon, Ebay, Paypal, Kik, Axel Springer (uvm.) handelt. Als Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband vertritt er die Interessen seiner Mitglieder in Deutschland und der Europäischen Union. Der Einzelhandel ist einer der drei größten Wirtschaftszweige in Deutschland Insgesamt erwirtschaften in Deutschland 300.000 Einzelhandelsunternehmen mit drei Millionen Beschäftigten an 450.000 Standorten einen Umsatz von über 500 Milliarden Euro jährlich.

Mit zahlreichen Unternehmen im Hintergrund und einer großen Nähe zu den Entscheidern in der EU und Bundesrepublik übt der Verband großen Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse aus.




Lobbystrategien und Einfluss

Der HDE pflegt enge Beziehungen in die deutsche Politik. So saßen während ihrer Amtszeit die beiden Bundestagsabgeordneten Hans Michelbach und Marie-Luise Dött im Präsidium des HDE.[1] Auch der stellvertretende Geschäftsführer Stephan Tromp saß vor seiner Beschäftigung beim HDE für die CDU im Berliner Abgeordnetenhaus (Seitenwechsel).

Regelmäßig veranstaltet der HDE den Branchenkongress in Berlin oder Europa-Dinner in Brüssel. Über solche Formate wird die Nähe zu politischen Entscheidungsträgern gewährleistet. [2]

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Zahlen und Fakten

Bundesrepublik Deutschland

  • Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung: 21 bis 30
  • Jährliche finanzielle Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung (Geschäftsjahr: 01/21 bis 12/21) 7.230.001 bis 7.240.000 Euro[3]


Europäische Union

  • Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung: 3,75 (Vollzeitäquivalente)
  • Jährliche finanzielle Aufwendungen im Bereich der Interessenvertretung (Geschäftsjahr: 01/21 bis 12/21): 400,000€- 499,999€[4]

Mitgliedschaften

  • BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V.
  • EuroCommerce
  • Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung e.V. (KWB)
  • Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
  • Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
  • Zentralstelle f. Berufsbildung im Einzelhandel e.V.
  • EHI Retail Institute
  • ICC Germany e. V. Internationale Handelskammer
  • Europäische Bewegung Deutschland e.V.
  • Initiative D21 e. V.
  • Wirtschaftsforum der SPD
  • Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V.
  • Wissensnetzwerk Stadt und Handel e.V.
  • Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen e.V.
  • Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V.
  • Deutscher Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität e.V.
  • National Retail Federation USA
  • Nürnberger Institut für Marktentscheidungen e.V.
  • The Consumer Goods Forum Frankreich
  • Außenhandelsvereinigung des Deutschen Einzelhandels e.V.
  • IFH Köln GmbH
  • Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V. (BVMV)
  • Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
  • Wirtschaftsrat der CDU
  • Das Demographie Netzwerk e.V. (ddn)
  • urbanicom Deutscher Verein für Stadtentwicklung und Handel e.V.
  • Studienvereinigung Kartellrecht e.V.


Fallbeispiele und Kritik

2020-22: Widerstand gegen unternehmerische Sorgfaltspflichten in Lieferketten

Der HDE bemühte sich durch massive Lobbyarbeit darum, ein Lieferkettengesetz auf deutscher und europäischer Ebene zu verhindern. Lieferkettengesetze sollen Unternehmen dazu verpflichten, ihren Sorgfaltspflichten in der globalen Produktion nachzukommen. Dazu gehört insbesondere die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards .

  • Deutsches Lieferkettengesetz

Das deutsche Lieferkettengesetz sollte es Betroffenen ursprünglich ermöglichen, vor deutschen Zivilgerichten Schadensersatz einzufordern, wenn Unternehmen durch Verstöße gegen ihre Sorgfaltspflichten in ihren Aktivitäten oder Geschäftsbeziehungen vorhersehbare und vermeidbare Schäden mitverursachen.[5] Der HDE versuchte u.a. diesen Kerngehalt des Lieferkettengesetzes zu verwässern.[6] Derartige Forderungen kritisierten zivilgesellschaftliche Akteure als „irreführend“.[7] So konstatierte Johanna Kusch von der Initiative Lieferkettengesetz, dass Unternehmen mit ihrer Argumentation den Eindruck erweckten „dass man [sie] für Vorgänge verantwortlich machen will, auf die sie keinerlei Einfluss haben“ dies sei nach Auffassung der Initiative falsch: „Sie sollen lediglich ihre eigenen Sorgfaltspflichten einhalten – und das ist zweifelsfrei möglich.“ Ein Lieferkettengesetz ohne Haftung sei „wirkungslos“.[7]

Die Lobbyarbeit des HDE bestand u.a. in einer konzertierten Briefaktion[8] des Wirtschaftsflügels der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie von 28 Wirtschaftsverbänden Ende März 2021, in welcher sie die Bundestagsabgeordneten zu einer Abschwächung des deutschen Gesetzentwurfs aufforderten. Diese politisch-wirtschaftliche Zusammenarbeit sei laut einem Bericht von Misereor[9] nicht überraschend, wenn man sich die „personellen Überschneidungen“ vergegenwärtigte. So seien beispielsweise die beiden stellvertretenden Vorsitzenden des Parlamentskreis Mittelstand, Hans Michelbach und Marie-Luise Dött, beide Mitglieder im Präsidium des Handelsverband Deutschland (HDE) (Seitenwechsel)

Zudem konnte der Verband auch am 12. Februar 2021 in einem persönlichen Gespräch mit dem damaligen Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seine Forderungen darlegen.[10] Laut einem weiteren NGO-Bericht erhielten Gesprächsanfragen zivilgesellschaftlicher Initiativen hingegen zumeist Absagen oder wurden auf niedrigeren Arbeitsebenen bearbeitet.[11] Die Initiative Lieferkettengesetz hatte Altmaier daraufhin eine blockierende Rolle beim deutschen Gesetzgebungsprozess zugesprochen.[12]

Laut einem Bericht der Tagesschau erzielte das Bemühen der Wirtschaftsverbände Erfolg.[13] So war der HDE gemeinsam mit anderen Wirtschaftsverbänden daran beteiligt gewesen das deutsche Lieferkettengesetz von einem ambitionierten Referentenentwurf hin zu einem weniger weitreichenden Kompromiss abzuschwächen. Dieser Kompromiss unterlaufe laut einem Appell von über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen „geltende Menschenrechtsstandards der UNO und der OECD“.[14]

Nichtsdestotrotz forderte der HDE in einer gemeinsamen Pressemitteilung (September 2022) mit dem BDA, BDI und dem DIHK ein Belastungsmoratorium für die deutsche Wirtschaft, was auch beinhaltete, dass das Inkrafttreten des deutschen Lieferkettengesetzes aufgeschoben werden sollte. Dasselbe Narrativ wurde bereits während der COVID-19 Pandemie von den Wirtschaftsverbänden verwendet. Dem Argument, die Wirtschaft könne sich ein solches Gesetz nicht leisten wurde auch damals von führenden Ökonomen widersprochen.[15]

  • Europäisches Lieferkettengesetz

Der Handelsverband hatte die Forderung an die Bundesregierung gestellt, sich auf EU-Ebene für eine Regulierung einzusetzen, die eine „Blaupause [des] nationale]n] Gesetz darstellt und keine weitergehenden Anforderungen an die Unternehmen festschreibt“.[16] Den Europäischen Entwurf kritisierte der Handelsverband Deutschland (HDE) als für Unternehmen nicht umsetzbar.[17] Zu selben Zeit forderte UNICEF hingegen, dass Gesetz müsse nachgeschärft werden, damit es überhaupt Wirkung erzeugen könne.[18] Interne Dokumente, die dem ZDF-Medium Monitor vorliegen sollen zeigen, dass diese Forderung von der Scholz-Regierung gehört und auf EU Ebene vertreten wurden. So forderte die deutsche Bundesregierung eine „Safe Harbour“ Klausel einzuführen und die geplante Risikoanalyse der Unternehmenspraktiken zu beschränken. Der SPD-Europaabgeordnete Rene Repasi kommentierte damals, dass wenn sich diese Forderungen zu 100 % durchsetzten, würde „die Situation von Menschenrechtsverletzungen in anderen Staaten nicht verbessert, dadurch die Situation von Umweltschäden nicht verbessert und wir bekommen hier keinen Fortschritt“. [19]

2014: Bezahlpflicht von Plastiktüten

Der HDE hatte sich 2014 gegen Vorschläge der EU-Kommission gestellt, wonach Mitgliedsstaaten besonders dünne und leichte Tüten mit einer Bezahlpflicht versehen oder gar verbieten könnten.[20]Auch die deutsche Position Plastiktüten ab Januar 2022 zu verbieten hatte der Verband als "reine Symbolpolitik" kritisiert.[21]

Geschichte

Seit März 1919 ist der HDE die Interessenvertretung des deutschen Einzelhandels. Er wurde von Einzelhandelsverbänden als Dachorganisation gegründet, um diesen in der Politik Gehör zu verschaffen.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Verband in Köln neugegründet, und vertrat die Interessen des Einzelhandels über vier Jahrzehnte in der Bonner Republik.Nach der Wiedervereinigung kehrte er im Jahr 2000 nach Berlin zurück.[22]

Organisationsstruktur, Personal und Verbindungen

Weiterführende Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Präsidium einzelhandel.de, abgerufen am 07.11.2022
  2. Lobbyplanet (2015) S. 110
  3. Lobbyregister beim Deutschen Bundestag https://www.lobbyregister.bundestag.de/ abgerufen am 07.11.2022
  4. Handelsverband Deutschlandlobbyfacts.eu, abgerufen am 07.11.2022
  5. BMZ, Faire globale Liefer- und Wertschöpfungsketten, bmz.de, abgerufen am 22.09.20.22
  6. Lieferkettengesetz auf europäischer Ebene ausgestalten ehdv.de vom 17.02.2021, abgerufen am 10.11.2022
  7. 7,0 7,1 Faktencheck: Initiative Lieferkettengesetz widerlegt irreführende Behauptungen von Wirtschaftsverbänden zur Unternehmenshaftung – Lieferkettengesetz ohne Haftung wirkungslos lieferkettengesetz.de vom 02.09.2020, abgerufen am 07.11.2022
  8. Streit um Lieferkettengesetz eskaliert: Verbände und Unionspolitiker proben den Aufstand vom 25.03.2021, abgerufen am 07.11.2022
  9. Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten S. 6, misereor.de, April 2021, abgerufen am 07.11.2022
  10. Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten S.3, misereor.de, April 2021, abgerufen am 07.11.2022
  11. Armin Paasch & Karolin Seitz: Deutsche Wirtschaftslobby gegen wirksames EU-Lieferkettengesetz, Global Policy Forum & Miseroeor, February 2022. globalpolicy.org, abgerufen am 07.11.2022
  12. Merkel und Altmaier stoppen Vorstoß für Lieferkettengesetz – Menschenrechte und Umweltschutz können nicht länger warten https://lieferkettengesetz.de/vom 10.03.2022, abgerufen am 07.11.2022
  13. Wie Lobbyisten "mitgearbeitet" haben tagesschau.de vom 22.02.2022, abgerufen am 07.11.2022
  14. Vieles nicht "berücksichtigt" Scharfe Kritik an Lieferkettengesetz n-tv.de vom 03.03.2021, abgerufen am 07.11.2022
  15. Lieferkettengesetz: Aufstand der Lobbyisten S. 6, misereor.de, April 2021, abgerufen am 07.11.2022
  16. Lieferkettengesetz: HDE fordert umfassende Korrekturen am Gesetzesentwurf einzelhandel.de vom 03.03.2021, abgerufen am 07.11.2022
  17. HDE meckert übers Lieferkettengesetzboersenblatt.de vom 24.02.2022, abgerufen am 07.11.2022
  18. Lieferkettengesetz: Bundesregierung muss auf EU-Ebene nachbessern unicef.de vom 25.06.2021, abgerufen am 07.11.2022
  19. EU-Lieferkettengesetz: Bundesregierung contra Menschenrechte? wdr.de vom 27.10.2022, abgerufen am 10.11.2022
  20. Kunden sollten für Plastiktüten bezahlen rp-online.de vom 24.02.2014, abgerufen am 07.11.2022
  21. HDE kritisiert Verbot von Plastiktütenhandelsjournal.de, abgerufen am 07.11.2022
  22. Historieeinzelhandel.de, abgerufen am 07.11.2022

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