Parteispenden
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In Deutschland finanzieren sich Parteien sowohl durch staatliche Mittel, Beiträge, Sponsoring und Parteienspenden (siehe Parteienfinanzierung). Um zu vermeiden, dass einzelne Lobbygruppen durch Parteispenden direkten Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen, sind klare Regelungen – insbesondere Offenlegungspflichten – wichtig für eine Demokratie. Laut Rechenschaftsberichten der Bundestagsparteien aus dem Jahr 2010 liegt der Anteil von Parteispenden an der Gesamtfinanzierung der Parteien zwischen 6 und 17%.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft von Parteispenden
Vorlage:Stimmzettelaktion2013-Box Parteispenden stammen sowohl von juristischen Personen – in der Regel Unternehmen und Wirtschaftsverbände – als auch von Einzelpersonen. Aufgrund der Offenlegungspflichten lässt sich nur die Herkunft der Spenden über 10.000 Euro nachvollziehen. Zu den größten Parteispendern in Deutschland zählen die BMW-Erbenfamilie Johanna Quandt und deren Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten. Allein im Jahr 2010 spendete Johanna Quandt und Stefan Quandt je 600.000 Euro an die CDU und je 70.000 Euro an die FDP, Susanne Klatten spendete 590.000 Euro an die CDU und 80.000 Euro an die FDP.
Zu den Unternehmen, die regelmäßig hohe Summen an Parteien überweisen gehören u.a. Allianz, BMW, Deutsche Bank und Daimler Chrysler. Bei den Verbänden tun sich der Verband der Metall- und Elektroindustrie und seine regionalen Verbände sowie der Verband der Chemischen Industrie als Großspender hervor.
Bei allen Parteien leisten außerdem Mandatsträger im Bundestag und in den Landtagen größere Spenden an die Parteien.[1]
Empfänger von Parteispenden
Die FDP liegt mit 17,4% ihrer Einnahmen an der Spitze, darunter 5,22% Unternehmensspenden. Dahinter folgen die CSU (15,6 und 5,8%), die CDU (12,8% und 4,4%), die Grünen (12,9 und 1,73%), SPD (6,2 und 1,2), die LINKE (7,5 und 0,1%).[2]
Die Spenden richten sich sowohl an die Bundespartei als auch an die Landesverbände oder weitere untergeordnete Parteigliederungen. Sie werden dort vom jeweils zuständigen Vorstandsmitglied verwaltet. Auch einzelne Abgeordnete können Spenden annehmen, sie unterliegen dabei allerdings nicht dem Parteiengesetz, sondern den Verhaltensregeln des Bundestages (siehe unten).
Regulierung von Parteispenden
Parteispenden sind im Parteiengesetz ausdrücklich vorgesehen und dürfen in unbegrenzter Höhe sowohl von natürlichen als auch von juristischen Personen angenommen werden. Es gibt also – im Gegensatz zur staatlichen Finanzierung und zur Parteispendenpraxis in anderen Ländern – keine Obergrenze.
Allerdings gibt es eine Reihe von Einschränkungen und Pflichten rund um die Annahme von Parteispenden, die vor allem im Parteiengesetz geregelt sind. So sind etwa bestimmte Spenden an Parteien ausgeschlossen. Dazu gehören Spenden von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, von Parlamentsfraktionen und von gemeinnützigen Einrichtungen. Darüber hinaus dürfen die Parteien keine Spenden von Berufsverbänden und von Unternehmen, die zu über 25% im Eigentum der öffentlichen Hand – wie zum Beispiel die Deutsche Bahn - sind, annehmen. Auch Spenden aus dem Ausland sind mit kleinen Ausnahmen unzulässig.
Verboten sind zudem Spenden, die „erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden.“[3] Erlaubt sind dagegen Spenden von Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten haben oder zu erhalten hoffen.
Offenlegungspflichten
Spenden ab einer bestimmten Höhe müssen laut Parteiengesetz offengelegt werden. Spenden über 10.000 Euro innerhalb eines Jahres müssen bei Nennung des Namens und der Adresse des Spenders im Rechenschaftsbericht aufgeführt werden. Da der Rechenschaftsbericht erst Ende September bzw. bei Fristverlängerung Ende Dezember des Folgejahres veröffentlicht werden muss, entsteht in der Praxis eine lange Verzögerung der Veröffentlichung. Fand etwa ein Wahlkampf Anfang eines Jahres statt, so werden die Wahlkampfspenden über 10.000 Euro (aber unter 50.000 Euro) erst frühestens eineinhalb Jahre später veröffentlicht. Spenden über 50.000 Euro müssen unverzüglich dem Bundestagspräsidenten angezeigt werden, der diese dann wiederum „zeitnah“ als Bundestagsdrucksache veröffentlichen muss. Diese Offenlegungspflichten wurden erst im Jahr 2002 durch eine Reform des Parteiengesetzes eingeführt.
In den Rechenschaftsberichten werden die Einnahmen getrennt nach Bundesverband, Landesverbänden sowie deren untergeordneten Gebietsverbänden (Kreisverbände, Ortsverbände etc.) aufgeführt. Letztere werden allerdings nur zusammengefasst und den jeweiligen Landesverbänden zugeordnet. In den Rechenschaftsberichten lässt sich also nicht nachvollziehen, wie viel Spenden ein Ortsverband erhalten hat. Allerdings erhält der Bundesverband einer Partei eine Aufstellung aller Zuwendungen mit Namen und Anschrift, die an alle Parteigliederungen geleistet wurden. Die Landesverbände sind verpflichtet, die Teilberichte der ihnen nachgeordneten Gebietsverbände aufzubewahren.
Abgeordnetenspenden
Erhalten Bundestagsabgeordnete direkte Spenden, gelten für sie die Verhaltensregeln des Bundestages. Danach ist ein Mitglied des Bundestages verpflichtet, dem Bundestagspräsidenten Spenden über 5.000 Euro unter Angabe des Spenders mit Namen und Adresse anzuzeigen. Dieser wiederum veröffentlicht alle Spenden an MdBs über 10.000 Euro.
Steuerliche Absetzbarkeit
Parteispenden von natürlichen Personen sind steuerlich absetzbar, Parteispenden von juristischen Personen, also vor allem Unternehmen, dagegen nicht.
Wahlkampffinanzierung
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern gibt es in Deutschland keine gesonderten Regelungen für Spenden, die im Zusammenhang mit Wahlen bzw. Wahlkämpfen stehen.
Kritik
Die deutsche Parteienfinanzierung steht auch nach den großen Parteispendenskandalen der 1990er Jahre und der anschließenden Reform des Parteiengesetzes von 2002 in der Kritik. So mahnte auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates (GRECO) in ihrem Bericht aus dem Jahr 2011 Änderungen am deutschen System der Parteienfinanzierung an.[4]
- Obergrenzen für Parteispenden: Laut GRECO-Bericht ist die Grenze von 50.000, ab der eine unverzügliche Veröffentlichungspflicht besteht, „übertrieben hoch“ und nicht geeignet, um „ein ausreichendes Maß an Transparenz der Parteienfinanzierung auf kommunaler Ebene zu erreichen, wo sich Politik und Wirtschaft näher sind und Handlungen mit Summen unter den erwähnten 50.000 Euro beeinflusst werden können.“ Die meisten anderen europäischen Länder haben viel niedrigere Grenzwerte für die Offenlegung von Spenden festgelegt.
- Wahlkampffinanzierung: Die langen Verzögerungen bei der Offenlegungspflicht von Parteispenden führe laut GRECO-Bericht dazu, „dass die breite Öffentlichkeit keine wirkliche Möglichkeit hat, irgendeine Form von sozialer Kontrolle auszuüben.“ Die Staatengruppe ist daher der Auffassung, „dass die derzeitigen Regelungen eindeutig nicht geeignet sind, einen zufriedenstellenden Grad an Transparenz der Wahlkampffinanzierung entsprechend der Empfehlung aus dem Jahr 2003 zu gewährleisten. GRECO empfiehlt daher, „eine Verfahren für die Veröffentlichung von Rechenschaftsberichten für den Wahlkampf auf Bundesebene einzuführen, das die Informationen kurz nach den Wahlkämpfen verfügbar macht.“
- Umgehung von Offenlegungspflichten durch Sponsoring: Da Parteisponsoring im Parteiengesetz nicht geregelt ist, bietet diese Form der Parteienfinanzierung die Möglichkeit, sämtliche Offenlegungspflichten zu umgehen. Auch hier mahnte der GRECO-Bericht Reformen an.
- Stückelung von Parteispenden: Die Organisation Abgeordnetenwatch zeigte in mehreren Analysen der Rechenschaftsberichte der Parteien auf, dass mehrere Spender durch Stückelungen die Offenlegungspflichten unterwandern. Dazu gehört zum einen die Praxis, innerhalb eines Jahres mehrere Beträge unter der Grenze von 50.000 zu überweisen oder Großspenden so auf Familienmitglieder aufzuteilen, dass ebenfalls jede einzelne Spende unter 50.000 Euro liegt. Dies verhindert die sofortige Offenlegung einer Großspende. Auch die Grenze von 10.000 Euro, ab der Spenden in den Rechenschaftsberichten erscheinen, kann umgangen werden (siehe unten). [5]
Neuere Beispiele für problematische Parteispenden
Heckler und Koch
Im November 2011 berichtete die FAZ über Ermittlungen gegen den Waffenhersteller Heckler und Koch mit Sitz in Oberndort im Landkreis Rottweil. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wirft dem Unternehmen vor, Spenden an verschiedene Parteien so gestückelt zu haben, dass sie nicht unter die Meldepflicht des Parteiengesetzes fielen. Ziel der Spenden sei es gewesen, einen Waffenexport zu genehmigen. Zudem räumte CDU-Kreisverband Rottweil ein, in den letzten 10 Jahren acht Spenden der Firma erhalten zu haben, die unter den Veröffentlichungsgrenzen lagen (Quelle). Der Fall erinnert an die Spenden der Rüstungsindustrie an den SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs für seinen Bundestagswahlkampf 2005. Nach der Wahl wurde Kahrs Berichterstatter für den Rüstungsetat im Haushaltsausschuss.[6]
Gauselmann
Deutschlands führender Spielhallen-Konzern, die Gauselmann AG, spendete seit 1990 offenbar mehr als eine Million Euro verdeckt an Union, SPD, FDP und Grüne. Die Spenden kamen vom Unternehmenschef Paul Gauselmann und den Führungskräften des Unternehmens und beliefen sich auf 2.000 bis 6.000 Euro. Dadurch lagen sie unter der Veröffentlichungsschwelle von 10.000 Euro und mussten in den Rechenschaftsberichten der Parteien nicht angegeben werden. [7]
Forderungen LobbyControl
LobbyControl fordert, dass
- alle Formen von Parteiensponsoring umfassend offen gelegt
- die Veröffentlichungsgrenzen für Parteispenden deutlich gesenkt werden. Spenden ab 10.000 Euro müssen sofort offen gelegt werden (bisher erst ab 50.000 Euro). Spenden ab 2.000 Euro müssen in dem detaillierten Rechenschaftsberichen der Parteien aufgelistet sein (bisher erst ab 10.000 Euro).
- für Spenden und Parteisponsoring eine Obergrenze von 50.000 Euro pro Spender und Partei gilt.
- Direktspenden an parteigebundene Abgeordnete ganz verboten werden.ie Einhaltung des Parteiengesetzes durch ein unabhängiges Gremium kontrolliert wird.
Weitere Verbesserungen wären wünschenswert: In den Rechenschaftsberichten der Parteien sollte z.B. bei Spenden mit aufgeführt werden, wenn diese an eine Untergliederung der Partei gingen, so dass die gezielte Förderung einzelner Abgeordneter und deren Wahlbezirke durch einzelne Firmen oder Verbände erkennbar wird. Außerdem sollten die Spendendaten nicht nur als pdf-Dateien veröffentlicht werden, sondern in einer Datenbank auf der Bundestagswebseite, die durchsuchbar ist und weitere Auswertungen für die BürgerInnen ermöglicht (z.B. Gesamtspenden eines Unternehmens über einen längeren Zeitraum). Außerdem sollten die Regeln für die Parteienfinanzierung potentielle Umgehungsstrategien von vornherein aufgreifen und möglichst weitgehend erfassen. Es muss z.B. Regeln zum Spendensammeln durch Lobbyisten oder Unternehmen geben (in den USA „Bundeling“ genannt). Auch Aspekte wie das Anzeigengeschäft von Parteizeitungen oder das geschäftliche Engagement der Parteien müssen durchdacht werden.
Weitere Informationen
- Ein gutes Recherchetool für Parteispenden bietet die taz mit Parteispenden-Watch.
Einzelnachweise
- ↑ Rechenschaftsberichte der Parteien und Quelle: http://www.spiegel.de/flash/0,5532,25268,00.html Spiegel-Graphik zur Herkunft von Parteispenden, abgerufen am 25.4.2012
- ↑ Rechenschaftsberichte der Parteien, abgerufen am 25.4.2012
- ↑ Parteiengesetz §25(2)7, abgerufen am 25.4.2012
- ↑ LobbyControl: Europarat ermahnt Deutschland
- ↑ Abgeordnetenwatch.de: Stückeln, bündeln, tarnen und http://blog.abgeordnetenwatch.de/2012/03/15/gestuckelte-parteispenden-unternehmen-und-verbande-hebeln-transparenzregeln-aus/ Abgeordnetenwatch.de: Gestückelte Parteispenden - Unternehmen und Verbände hebeln Transparenzregeln aus, abgerufen am 18.4.2012
- ↑ LobbyControl: Vorwürfe gegen Heckler und Koch
- ↑ LobbyControl: Verschleierte Parteispenden vom Glücksspielkonzern, abgerufen am 25.4.2012