Konvent für Deutschland
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Konvent für Deutschland | |
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Rechtsform | e.V. |
Tätigkeitsbereich | Staatsreform, v.a. Föderalismusreform |
Gründungsdatum | Oktober 2003 |
Hauptsitz | Friedrichstr. 133, 10117 Berlin |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | |
Webadresse | http://www.konvent-fuer-deutschland.de |
Der Konvent für Deutschland (KfD) tritt als unabhängiges Beratergremium für die Politik auf mit dem propagierten Ziel einer „Reform der Reformfähigkeit“.
In Realität ist der Konvent eine elitäre, wirtschaftsnahe Lobbygruppe. Im Konvent organisiert sich mit Unterstützung der Wirtschaft ein marktliberal geprägtes Eliten-Spektrum aus verschiedenen Parteien und aus der Wirtschaft. Hinter der „Reform der Reformfähigkeit“ verbirgt sich letztlich das Ziel, die Rahmenbedingungen zu schaffen für einen schlanken, wettbewerbsorientierten Staat, mehr Ungleichheit und bessere Möglichkeiten, unpopuläre Reformen (wie das Zurückschrauben von Sozialsystemen) durchzusetzen.[1]
Inhaltsverzeichnis
Lobbystrategien und Einfluss
Die Strategie des Konvents beruht einerseits auf Öffentlichkeitsarbeit über die Mitglieder des Konventkreises und zugleich auf „stiller“ Einflussnahme durch hochrangige Treffen mit politischen Entscheidungsträgern.
Hochrangiger Zugang
Die Lobbyarbeit beruht vor allem auf dem persönlichen Zugang der Mitglieder des Konventkreis zu den wichtigen Entscheidungsträgern. So gab es direkte Treffen mit den Vorsitzenden der damaligen Föderalismuskommission, Edmund Stoiber (CSU) und Franz Müntefering (SPD), sowie Gespräche mit anderen Mitgliedern und Entscheidern. Dazu zählten u.a. der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, Bundestagspräsident Norbert Lammert, der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller. Zudem war Rupert Scholz als Mitglied des Konventkreis zugleich Mitglied der Föderalismuskommission und hatte so direkten Zugang zu allen Diskussionen. Der Konvent rechnet sich selbst an, eine entscheidende Rolle bei der Föderalismusreform gespielt zu haben.[2]
Medienberichte ohne Nennung der Hintergründe
Die Medienberichterstattung war oft unkritisch. Bei einzelnen Mitgliedern des Konventkreises wurde oft nicht erklärt, dass sie zum Konvent für Deutschland gehören. Selbst wenn dies der Fall war, wurden kaum Angaben über den Hintergrund des Konvents gemacht. Die Medien übernehmen weitgehend unkritisch die Selbstbeschreibung als „unabhängiges Beratergremium“. Ein extremes Beispiel war die Phoenix-Sendung "Unter den Linden" vom 21. Juni 2004. Dort diskutierten Roman Herzog und Klaus von Dohnanyi über den Föderalismus und seine Reform. Die ZuschauerInnen mussten den Eindruck gewinnen, hier diskutierten ein (ehemaliger) CDU-Politiker mit einem (ehemaligen) SPD-Politiker – die sich erstaunlich einig waren – z.B. in der Forderung nach Abschaffung der sogenannten Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Die ZuschauerInnen erfuhren nicht, dass beide für die selbe Lobbygruppe aktiv waren.[3]
Roman-Herzog-Medienpreis
Seit 2007 vergibt eine Jury aus Konvent-Mitgliedern und der Geschäftsführung alle zwei Jahre den mit 5.000 Euro dotierten Roman-Herzog-Medienpreis. Laut eigener Aussage werden Journalisten ausgezeichnet, "die sich in ihrer Berichterstattung besonders mit Themen zur Reformfähigkeit befasst haben."[4] Die ausgeschriebenen Themen orientieren sich stark an der politischen Agenda des Konvents. So wurden journalisitsche Arbeiten zur Föderalismusreform, den Schwächen des deutschen Wahlrechts oder dem Verhältnis zwischen Bürgern und Politik ausgezeichnet - allesamt Themen, die sich der Konvent für Deutschland auf die Fahnen geschrieben hat.[5] Die Preisverleihungen zeigen die gute Vernetzung des Gremiums mit den gesellschaftlichen Eliten auf. Zu den Preisträgern gesellen sich hochrangige Gastredner und Diskussionsteilnehmer aus Politik, Medien und Wirtschaft.
Kurzdarstellung und Geschichte
Gegründet wurde der Konvent im Oktober 2003 von dem ehemaligen BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel, Roland Berger und Manfred Pohl von der Deutschen Bank. Die Galionsfigur – aber nicht der Initiator – ist der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog. Die Finanzierung stammt von inzwischen zwölf Großunternehmen sowie der wirtschaftsnahen Heinz-Nixdorf-Stiftung. Die Strategie des Konvents beruht einerseits auf Öffentlichkeitsarbeit über die Mitglieder des Konventkreises und zugleich auf „stiller“ Einflussnahme durch hochrangige Treffen mit politischen Entscheidungsträgern. Der Konvent schreibt sich selbst eine zentrale Rolle beim Zustandekommen der Föderalismusreform I zu.
Manfred Pohl gründete 2008 eine neue Organisation, den Frankfurter Zukunftsrat und schied danach aus dem Konvent aus. Auch der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (damals SPD) schied 2008 aus. Hintergrund waren laut einem Bericht der Welt gescheiterte Versuche, den Themenfokus des Konvents für Deutschland zu erweitern.[6] Hans-Olaf Henkel trat im Zuge seiner Tätigkeit für die Partei Alternative für Deutschland von seinen Funktionen im Konvent zurück.
Organisationsstruktur und Personal
Geschäftsstelle
- Oswald Metzger, seit 02/2014 geschäftsführender Sekretär[7], ist u. a. Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und war bis 7/2015 Mitglied der Friedrich A. von Hayek - Gesellschaft
Die Mitglieder des Konventkreises:
- Roman Herzog (Vorsitzender), CDU, ehem. Bundespräsident, Mitglied des Kuratoriums der Friedrich August von Hayek Stiftung, Mitglied des BürgerKonvent und Ehrenvorsitzender des Roman Herzog Institut der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und der Arbeitgeberverbände der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, Vorsitzender des Kuratoriums der Konrad-Adenauer-Stiftung
- Klaus von Dohnanyi (Stellv. Vorsitzender), SPD, ehem. Kurator der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft,
- Wolfgang Gerhardt, FDP, Vorsitzender des Vorstands der Friedrich-Naumann-Stiftung, Berater des Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), Mitglied des Beirats des Bundesverbandes privater Spielbanken in Deutschland e. V., der Alten Leipziger Lebensversicherung a.G. und der Halleschen Krankenversicherung a.G.[8]
- Hans Hugo Klein, CDU
- Jutta Limbach, Ex-Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts
- Karl-Heinz Paqué, FDP-Politiker, Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Mitglied der Friedrich A. von Hayek - Gesellschaft
- Petra Roth, Ex-Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main (1995-2012), Ex-Präsidentin des Deutschen Städtetags, Vorsitzende des Vorstandes der [Stiftung Schloss Ettersburg], ehem. Mitglied im Aufsichtsrat von Fraport, ehem. Aufsichtsratsvorsitzende der Messe Frankfurt, der Stadtwerke Frankfurt am Main, des Rhein-Main-Verkehrsbundes und der ABG Franfurt Holding
- Christine Scheel, Wirtschaftsberaterin, Vorsitzende des Kuratoriums der Evangelischen Akademie Tutzing, Mitglied des Senats von Europäisches Wirtschaftsforum, ehemalige Grünen-Politikerin, ehemalige Botschafterin der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft
- Renate Schmidt, SPD, 10/2002-11/2005 Bundesfamilienministerin, 1980-1994 und 2005-2009 Mitglied des Deutschen Bundestag, heute Ombudsfrau für Datenschutz und Korruptionsbekämpfung für Vodafone und Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats des Nestlé Zukunftsforums, in der „Expertenkommission Familie“ der Bertelsmann Stiftung
- Manfred Schneider, u. a. Vorsitzender des Aufsichtsrats der RWE
- Rupert Scholz, CDU, 1988-1989 Verteidigungsminister, 1990-2002 Mitglied des Deutschen Bundestages, Of Counsel im Berliner Büro der Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz, Mitglied des Kuratoriums der Konrad-Adenauer-Stiftung
- Gerhard Stratthaus, CDU, Ex-Finanzminister Baden-Württembergs, Mitglied des Aufsichtsrats der EnBW
- Erwin Teufel, CDU, Ex-Ministerpräsident Baden-Württembergs
- Henning Voscherau, SPD, ehem. Bürgermeister Hamburgs, Aufsichtsratsvorsitzender des Gasprojekts South Stream[9], Mitglied des Kuratoriums der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius[10]
(Stand: Juli 2015) Quelle:[11]
Verbindungen
Durch die Mitglieder gibt es Verbindungen zu anderen Lobbyorganisationen und Denkfabriken, wie etwa der Bertelsmann Stiftung, der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der Friedrich A. von Hayek - Gesellschaft
Finanzen
Die Anschubfinanzierung kam von der Deutschen Bank, heute führt die Webseite des Konvents elf Unternehmen, die Heinz-Nixdorf-Stiftung und den Geschäftsführer eines Unternehmens als Finanziers. Zu Beginn seiner Arbeit waren die Finanziers nicht bekannt. Bis heute ist die Höhe der Unterstützung durch die einzelnen Geldgeber unbekannt. Die Deutsche Bank wollte sich 2007 nicht zur Höhe ihrer Unterstützung äußern.
Die Mitglieder des Kuratoriums und Finanziers (Stand: 6.5.2014):[12]
Vorsitzender des Kuratoriums:
- Manfred Schneider, u. a. Vorsitzender des Aufsichtsrats der RWE, ehemaliger Präsident Verband der Chemischen Industrie
Finanziers:
- Christian Potthoff-Sewing, Geschäftsführer von Poppe & Potthoff
- Bank of America Merrill Lynch, Holger Bross
- TUI, Friedrich Joussen
- Deutsche Bahn, Rüdiger Grube
- Deutsche Bank, Jürgen Fitschen
- Linde, Wolfgang Reitzle
- Heinz-Nixdorf-Stiftung, Martin Nixdorf
- IBM Deutschland, Martin Koederitz
- Bilfinger Berger, Roland Koch
- Lanxess, Axel C. Heitmann
- Adolf Würth GmbH & Co. KG, Manfred Kurz
- usedSoft Deutschland GmbH, Peter Schneider
- Parzeller & Co. KG (gibt u. a. die Fuldaer Zeitung heraus, die mit der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft kooperiert), Michael Schmitt
Weiterführende Informationen
- LobbyControl: Konvent für Deutschland - Wegbereiter für unpopuläre Reformen. Kurzstudie von März 2007
- Beiträge zum Konvent für Deutschland im LobbyControl-Blog
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Eine genauere Analyse der Programmatik findet sich in der LobbyControl-Studie „Konvent für Deutschland - Wegbereiter für unpopuläre Reformen“ von März 2007
- ↑ So Hans-Olaf Henkel in der Frankfurter Rundschau vom 20.10.2006.
- ↑ Weitere Details und Belege zur Medienberichterstattung in der LobbyControl-Studie „Konvent für Deutschland - Wegbereiter für unpopuläre Reformen“ von März 2007
- ↑ Roman-Herzog-Medienpreis 2007, abgerufen am 28.07.2015
- ↑ Konvent für Deutschland - Themen, abgerufen am 28.07.2015
- ↑ Clement verlässt den "Konvent für Deutschland", Welt vom 26.8.2008, abgerufen am 24.1.2011. Zum Frankfurter Zukunftsrat siehe auch den Der Frankfurter Zukunftsrat - eine neue, altvertraute Reforminitiative, LobbyControl-Blog vom 14.3.2008, abgerufen am 24.1.2011
- ↑ Metzger leitet Konvent für Deutschland, politik-kommunikation.de vom 25.02.2014, abgerufen am 26.02.2014
- ↑ Deutscher Bundestag: Gerhardt, Dr. Wolfgang, Website Bundestag, abgerufen am 22.9.2011
- ↑ Ex-Oberbürgermeister Voscherau neuer Chefaufseher von South Stream, Handelsblatt vom 13. April 2012
- ↑ Kuratoren der ZEIT-Stiftung, Website zeit-stiftung, abgerufen am 21. Januar 2013
- ↑ Der Konventkreis - Mitglieder, Webseite des Konvent für Deutschland, abgerufen am 27.07.2015
- ↑ Der Verein - Kuratorium, Webseite des Konvent für Deutschland, abgerufen am 5.5.2014