Wirecard: Unterschied zwischen den Versionen

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Wirecard AG
Branche Finanzdienstleistungen
Hauptsitz Einsteinring 35

85609 Aschheim bei München, Deutschland

Lobbybüro Deutschland
Lobbybüro EU
Webadresse wirecard.com


Die Wirecard AG ist ein war bis zur Insolvenz ein international tätiges, deutsches Finanzdienstleistungsunternehmen („Fintech„FinTech-Konzern“), das sich auf die bargeldlose Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen und Onlinehandel, den elektronischen Zahlungsverkehr mit Kreditkarten sowie im Bereich des Risikomanagements spezialisiert hat und international tätig ist. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet und dessen Tochterunternehmen, die Wirecard Bank AG, besitzt seit 2006 eine Banklizenz in Deutschland. in München gegründet und zählte in der Anfangszeit v.a. Erotik- und Glücksspielanbieter zu seinen wichtigsten Kunden. Später kamen weitere Geschäftspartner wie Commerzbank, Mastercard, Apple, Lidl sowie diverse Reiseanbieter und Verkehrsunternehmen hinzu. [1] Im September 2018 stieg Wirecard in den Deutschen Aktienindex (DAX) auf [12] und besaß Ende des Jahres einen Börsenwert von 16,4 Milliarden Euro. [23]

Ein milliardenschwerer Bilanzskandal und schwerwiegende Täuschungsvorwürfe brachten Wirecard im Juni 2020 in die Schlagzeilen. Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young mitteilte, gab es keine ausreichenden Prüfungsnachweise für In einer Stellungnahme vom 22. Juni 2020 gibt das Unternehmen bekannt, dass es keine Prüfungsnachweise für Bankguthaben auf philippinischen Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gibt. [34] [5] Aufgrund von drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte , musste Wirecard am 25. Juni 2020 einen InsolvenzantragAntrag auf Insolvenz stellen. [4] Erst im Zuge des Skandals stellte sich heraus, dass Aktionäre, Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und Politiker*innen jahrelang getäuscht wurden. Zudem ermöglichte 6] Der Börsenwert des Unternehmens sank infolgedessen innerhalb von einer Woche um 98 Prozent. [7]

Der damalige Vorstandschef von Wirecard, Markus Braun, wurde im Juli 2020 wegen des Verdachtes auf „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ festgenommen, nach seinem früheren Geschäftspartner Jan Marsalek wird noch immer mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Ihnen wird vorgeworfen in einen milliardenschweren Betrug verwickelt zu sein, bei dem Bilanzen manipuliert und Wirtschaftsprüfer, staatliche Behörden, Politiker:innen und Anteilseigner:innen jahrelang getäuscht wurden. [8] [9]

Über mehrere Jahre stützte sich Wirecard zudem auf ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten, mit dem Unternehmen, sich Gespräche und Kontakte in Länderministerien, u.a. ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herzustellen. Zudem vermittelte ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen SPitzenpolitikern und Beamten, Kontakte und Gespräche in...,

Mit einem Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten war es dem Unternehmen möglich, Gespräche und Kontakte ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herzustellen. In der Kritik stand unter anderem ein Treffen des ehemaligen Wirtschafts- und Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), bei welchem er bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für Wirecards Expansionspläne nach China lobbyierte. [5]

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Lobbystrategien und Einfluss
  • 2 Fallbeispiele und Kritik 2.1 2017:

    herstellen ließen. Mittels dieser Einflussstrategien setzte sich Wirecard v.a. für die Deregulierung von illegalem Online-Glücksspiel, das Leerverkaufsverbot von fallenden Aktienkursen und für den Markteintritt in China ein. [10]

    Lobbystrategien und EinflussDas Lobbynetzwerk von Wirecard[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Lobbyarbeit für die Deregulierung von Online-Glücksspielen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Wirecard hatte sich jahrelang für eine weniger strikte Regulierung von Glücksspielen in Deutschland eingesetzt. Im Zusammenhang damit stehen mehrere Treffen zwischen der Vorstandsebene des Konzerns und Politikern. Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, sei der Kontakt zwischen Wirecard und dem Neben der Anwaltskanzlei Hambach & Hambach, der PR-Agentur Edelman, den Beratungsfirmen Spitzberg Partners und Von Beust & Coll. waren auch ehemalige Spitzenpolitiker, Beamte und Medienvertreter als Lobbyisten und Berater für Wirecard tätig, darunter:

    Die unten abgebildete Grafik gibt einen Überblick über das Lobbynetzwerk von Wirecard. Weiter unten finden sich detailliertere Informationen zu den Ereignissen im Wirecard-Skandal in chronologischer Reihenfolge.

    grafik-wirecard-lobbyreport-1200x1200-210916-web.jpg

    Quelle: [11]

    Wirecard-Skandal: Eine chronologische Übersicht der Ereignisse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    • Februar 2014:

    Peter Harry Carstensen (CDU) vermittelt Gespräche für Wirecard

    Die Anwaltskanzlei Hambach & Hambach bringt den ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen (CDU), erstmals im Februar 2014 durch die Anwaltskanzlei Hambach & Hambach zustande gekommen. Der Rechtsanwalt Wulf Hambach, welcher seit längerem als Berater für Wirecard tätig war, habe Carstensen bei Wirecard ins Gespräch gebracht. Carstensen bestätigte ein Treffen mit Hambach, dem Vorstandschef von Wirecard Burkhard Ley und dem damaligen bei Wirecard als Lobbyist ins Gespräch. Der damalige Wirecard-Vorstand Burkhard Ley und Carstensen besuchen daraufhin den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU). In Hessen habe man eine Öffnung des Glücksspielmarktes und einen milderen Umgang mit illegalen Anbietern gefordert. Wirecard habe zudem geplant, zentrale Aufgaben bei der Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen zu übernehmen. In einer Mail an Vorstandschef Ley schrieb Hambach zudem, dass Carstensen den , um über den Umgang mit illegalem Online-Glücksspiel zu sprechen. Einige Zeit später vermittelt Carstensen auch den Kontakt zum damaligen Digital-Kommissar der EU, Günther Oettinger (CDU), indem er dessen Handynummer an Ley weiterleitet. Später stellte sich heraus, dass Carstensen auch an einem Gespräch mit Ley und dem damaligen Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz (SPD) teilgenommen hat, bei dem es um die Suchtprävention im Glücksspiel ging. Ein Treffen mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen), „sehr gut“ kenne. Die Lottogesellschaften in Baden-Württemberg unterstützen die Blockade von Zahlungsdienstleistern illegaler Online-Casinos, weshalb Hambach ein Treffen mit Kretschmann als „lohnend“ bezeichnete. Ob es zu dem Treffen kam, ist jedoch wurde als „lohnend“ bezeichnet, ob es dazu kam ist allerdings nicht bekannt. [612][713]

    Carstensen vermittelte zudem den Kontakt zu dem damaligen EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, Günther Oettinger (CDU). In einer Mail an Oettinger gab Carstensen die Handynummer von Wirecard-Vorstandschef Ley weiter. Das Treffen mit Ley, Hambach und Oettinger fand 2015 statt. Oettinger gab an, sich an den Inhalt und weitere Teilnehmer des Treffens nicht erinnern zu können. [8]

    Weiterhin berichtete Carstensen über ein Treffen mit Ley und dem damaligen Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz (SPD). Anlass dessen sei ein Gespräch über Suchtprävention im Glücksspiel gewesen. Weder Ley noch Scholz äußerten sich zu dem Treffen. Carstensen hingegen bestritt, von Wirecard oder der Anwaltskanzlei Hambach & Hambach bezahlt worden zu sein. Er sei nie als Lobbyist für Wirecard tätig gewesen, so Carstensen. [9]

    Auch die Beratungsagentur Von Beust & Coll. des ehemaligen Bürgermeisters von Hamburg, Ole von Beust, arbeitete jahrelang mit Wirecard zusammen. Im November 2019 wurde der Beratungsvertrag zuletzt erneuert. [[Von Beust & Coll.] hatte Wirecard angeboten, „zurückhaltend und gezielt“ Kontakte anzubahnen und „Politiker zu identifizieren“, die für die Belange deutscher Banken
    • 2016:

    Waldemar Kindler stellt den Kontakt zu Spitzberg Partners her

    Anfang 2016 stellt der ehemalige bayerische Polizeipräsident Waldemar Kindler den Kontakt zur Beratungsagentur Spitzberg Partners her. Die Agentur berät Wirecard von Juni 2016 bis Juni 2020, zunächst in der Kontaktvermittlung mit Industrie- und Übernahmepartnern in Nordamerika, später auch für Wirecards geplanten Markteintritt in China. [14] Schon seit 2015 war Kindler für Wirecard tätig, er stellte u.a. den Kontakt zu bayerischen Behörden her und nutzte seine Kontakte, um im Auftrag von Wirecard Aufenthaltsgenehmigungen in Indien und China zu organisieren. [15]

    • Oktober 2018 bis Anfang 2019:

    Spitzberg Partners vermittelt Gespräche mit der Deutschen Botschaft

    Im Oktober 2018 vermittelt Spitzberg Partners ein Treffen für Wirecard mit Vertretern der Deutschen Botschaft in Peking. Einen Monat später nehmen die Wirecard-Manager Burkhard Ley und Georg von Waldenfels als Teil der Delegation an der Chinareise von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) teil. Darauffolgend fanden weitere Treffen mit Vertretern von Wirecard, Beratern von Spitzberg Partners und Mitarbeitern der Deutschen Botschaft statt. Beim Deutsch-Chinesischen Finanzdialog in Peking, an dem der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) teilnahm, habe zudem eine Flankierung bezüglich Wirecards Anliegen zum Eintritt in den chinesischen Markt stattgefunden. [16] [17]

    Wirecard kontaktiert das Bundeskanzleramt für einen Termin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel

    Im November 2018 nimmt die Staatsministerin im Kanzleramt, Dorothee Bär (CSU), an einer Betriebsbesichtigung bei Wirecard teil und trifft dort u.a. den Wirecard-Chef Markus Braun. Kurz darauf kontaktiert Wirecard das Bundeskanzleramt für einen Gesprächstermin zwischen der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), ihrem Chef im Bundeskanzleramt und Braun. [18] [19] [20]

    • Januar 2019:

    Die Antwort vom Bundeskanzleramt

    Aufgrund interner Bedenken wird in einer Vorlage des Bundeskanzleramts von einem Treffen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und dem Wirecard-Chef Braun abgeraten. Merkels Leiter im Bundeskanzleramt für die Wirtschafts- und Finanzabteilung, Lars-Hendrik Röller, stellt sich stattdessen für das Treffen mit Braun zur Verfügung. Braun hingegen sagt das Gespräch mit Röller ab. [21]

    • Februar 2019:

    Das Bundesfinanzministerium wird über Ermittlungen informiert

    Das Bundesfinanzministerium wird darüber informiert, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Fall Wirecard aufgrund eines Verdachts des Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation untersucht. [22] [23] Allerdings gab Wirecard gegenüber der Staatsanwaltschaft vor, von der Nachrichtenagentur Bloomberg erpresst zu werden. Den Ausführungen zufolge wolle diese in die „negative Berichterstattung über Wirecard“ einsteigen. Denn zuvor hatte bereits die Financial Times über Unstimmigkeiten bei Wirecard berichtet. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen den Journalisten der FT ein, kurze Zeit später erstattete auch die BaFin Anzeige gegen ihn und verhängte ein zweimonatiges Verbot von Leerverkäufen für Wirecard-Aktien. [24] [25]

    • Juni 2019:

    Kontaktvermittlung zwischen Spitzberg Partners und dem Bundesfinanzministerium

    Der damalige Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt (SPD) wendet sich an seinen chinesischen Amtskollegen, um über das Interesse von Wirecard am Markteintritt in China zu berichten. Zuvor hatte Ulf Gartzke von Spitzberg Partners das Finanzministerium über Wirecards Interesse in Kenntnis gesetzt und um Weitergabe der Informationen an die chinesische Regierung gebeten. [26] [27]

    • August 2019:

    Das Bundeskanzleramt wird über Vorwürfe gegen Wirecard informiert

    Das Bundesfinanzministerium leitet die bereits öffentlich bekannten Vorwürfe gegen Wirecard, sowie weitere Informationen über die Ermittlungen der Finanzaufsicht, an das Bundeskanzleramt weiter. [28] [29]

    Klaus-Dieter Fritsche (CSU) lobbyiert im Bundeskanzleramt

    Der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt und BND-Beauftragter, Klaus-Dieter Fritsche (CSU), wendet sich an das Bundeskanzleramt, um ein Gespräch zwischen dem Wirtschafts- und Finanzabteilungsleiter Lars-Hendrik Röller und Wirecard zu vermitteln. [30] [31][32] Fritsche war seit Ende Juli 2019 als Berater für Wirecard tätig, nachdem der ehemalige Landespolizeipräsident Waldemar Kindler ihn bei Wirecard ins Gespräch brachte. [33]

    • September 2019:

    Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wirbt für Wirecards Expansionspläne nach China

    Der ehemalige Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) trifft sich am 3. September 2019 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), um für Wirecards Expansionspläne nach China zu lobbyieren. Nach dem Treffen gibt Guttenberg zusätzliche Gesprächsinformationen über Wirecards Pläne an ihren Wirtschaftsberater, Lars-Hendrik Röller weiter. Es handelte sich dabei um Gesprächsinformationen über Wirecards geplante Übernahme des chinesischen Finanzunternehmens AllScore Payment Services. Wenige Tage später konstatiert Röller gegenüber Guttenberg, dass das Thema beim Besuch der Kanzlerin in China zur Sprache gekommen sei und sicherte weitere Flankierung zu. [34] [35] [36] [37]

    Am 11. September 2019 kommt es zudem zu einem Treffen im Bundeskanzleramt mit Röller, dem damaligen Wirecard-Finanzvorstand Alexander von Knoop, Wirecards Strategischem Berater Burkhard Ley und dem ehemaligem BND-Beauftragtem Klaus-Dieter Fritsche (CSU), welcher das Gespräch zuvor vermittelt hatte. [38] [39]

    • November 2019:

    Wirecard verkündet Markteintritt in China

    Im November 2019 verkündet Wirecard die Übernahme des chinesischen Unternehmens AllScore Payment Services, [40] das zuvor in illegale Aktivitäten in der Glücksspielbranche verwickelt war. Am selben Tag findet auch ein persönliches Gespräch zwischen dem damaligen Finanzstaatssekretär Jörg Kukies (SPD) und dem Wirecard-Chef Markus Braun an dessen 50. Geburtstag statt. [41] [42] Ein paar Tage vorher bat Kukies´zuständiger Referent um eine Gesprächsvorbereitung für das Treffen. Das Thema sollte insbesondere die laufende Prüfung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und in dem Zusammenhang auch die Kurs- und Marktmanipulation bei Wirecard sein. [43] [44]

    Von Beust & Coll. soll gezielt Kontakte herstellen

    Wirecards „Aktionsplan Leerverkäufe“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Die Beratungsfirma Von Beust & Coll. des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust (CDU) verlängert ihren seit Juni 2018 bestehenden Beratungsvertrag mit Wirecard und soll für das Unternehmen Kontakte „zurückhaltend und gezielt“ herstellen, insbesondere bei Politikern, die beim Thema Online-Glücksspiel „aufgeschlossen und aktivierbar“ seien. Von Beust arbeitete zuvor auch für den Deutschen Toto-Lotto-Block. [10] [11]

    Lobbyismus im Kanzleramt: Wirecards Expansionspläne nach China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    [45] [46]

    • Januar 2020:

    Kontaktvermittlungen im Bundeskanzleramt

    Der wirtschaftspolitische Berater im Bundeskanzleramt, Lars-Hendrik Röller, vermittelt über den Wirecard-Berater Klaus-Dieter Fritsche (CSU) den Kontakt zu einem chinesischen Unternehmen. Dieses hatte sich beim Kanzleramt nach dem Kontakt zum Wirecard-Chef Markus Braun erkundigt. Fragen wirft in diesem Zusammenhang eine E-Mail von Wirecard an Röller auf, in welcher Röllers Ehefrau als „Schnittstelle“ für den Kontakt zu dem Unternehmen bezeichnet wird. [47] [48]

    • März 2020:

    Von Beust & Coll. kontaktiert das Bundeskanzleramt

    Die Agentur Von Beust & Coll. wendet sich in einem Schreiben an den Finanzabteilungsleiter im Kanzleramt und bittet u.a. um Informationen für ein Begleitprogramm für Unternehmen für den EU-China-Gipfel. [49] [50]

    Wirecards „Aktionsplan Leerverkäufe“

    Die PR-Agentur Edelman beriet erstellt einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ für Wirecard in Kommunikationsfragen und schlug dem Wirecard-Management im März 2020 einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ vor. Hintergrund dessen war, dass Börsenspekulanten seit längerem öffentlich auf Bilanzfehler von Wirecard hingewiesen hatten. Dies befeuerte Wetten auf fallende Kurse von Wirecard, sogenannte Leerverkäufe, die im Sinne des Unternehmens verboten werden sollten, weil damit das Misstrauen in Wirecard gewachsen wäre. Schon 2019 hatte ein befristetes Verbot von Leerverkäufen dem Unternehmen kurzzeitig geholfen. [12] Der Aktionsplan enthielt unter anderem den Vorschlag, dass , in den auch der ehemalige Chefredakteur der BILD-Zeitung, Kai Diekmann und Guttenberg, der einen Beiratssitz bei Edelman hat [51], eingespannt werden. Ziel dessen war es, bei Ansprechpartnern in Politik, Medien und der Börse, für ein Leerverkaufsverbot von Aktien zu werben. Wenig später veröffentlicht Guttenberg einen Gastkommentar in der FAZ, welcher deutliche Ähnlichkeiten mit dem Argumentationspapier von Edelman aufweist, dessen Zusammenhang mit der Beratertätigkeit für Wirecard jedoch von Guttenberg bestritten wurde. [52] [53] [54] [55]

    Mit dem Ziel, Leerverkäufe zu verbieten, kontaktierte Diekmann zwei Staatssekretäre im Finanzministerium. Dabei stand er ebenfalls im Austausch mit Wirecard-Chef Braun. [56] [57]

    • April 2020:

    Der Abschlussbericht von KPMG zur Sonderprüfung bei Wirecard

    Ende April 2020 veröffentlicht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ihren Sonderbericht. Die Prüfung war von Wirecard im Oktober 2019 in Auftrag gegeben worden, um die durch die Presse bekannt gewordenen Vorwürfe und Missstände in der Buchhaltung aufzuklären. Der Bericht lieferte zwar keine Belege für den gravierenden Vorwurf der Bilanzfälschung bei Wirecard [58], stellte aber dennoch Unregelmäßigkeiten und Unklarheiten heraus, welche die Zusammenarbeit von Wirecard mit Drittpartnern betreffen. KPMG verweist darin v.a. auf die mangelhafte interne Kontrolle bei der Dokumentation von Daten sowie auf die unzureichende Belegung erzielter Umsätze. Während Investoren Wirecard indes einen Mangel an Transparenz unterstellten, hatte der Konzern den Verdacht gefälschter Kundenbeziehungen und manipulierter Umsätze stets als „irreführend“ und „falsch“ bezeichnet und Aufklärung zugesichert. Wirecard musste jedoch die Veröffentlichung des Jahresabschlusses zum zweiten Mal verschieben, da in der Untersuchung durch KPMG „die Existenz der Transaktionsvolumina im Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018“ nicht hinreichend nachzuvollziehen wären. [59]

    • Mai 2020:

    Gespräch zwischen Wirecard und Merkels Wirtschaftsberater

    Wirecard erkundigt sich nach einem Gespräch mit Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller. In der Gesprächsunterlage des Bundeskanzleramts erhält Röller den Hinweis, das Gespräch für Wirecards Planungen zur Behebung der Missstände und den im Raum stehenden Vorwürfen der Bilanzfälschung, nutzen zu können. Bei dem Telefonat zwischen Röller und Wirecard-Chef Markus Braun weist Letzterer die erhobenen Vorwürfe jedoch zurück und sichert vollständige Aufklärung zu. [60]

    • Juni 2020:

    Wirecard meldet Insolvenz an

    Am 18. Juni 2020 meldet das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young, dass es unzureichende Prüfungsnachweise von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro bei Wirecard gebe. [61] Infolgedessen musste Wirecard die Veröffentlichung seines Jahresabschlusses für 2019 erneut verschieben und gab schließlich am 22. Juni 2020 in einer Mitteilung bekannt, dass die Summe von 1,9 Milliarden Euro „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht bestehe. Die Zertifikate, denen zufolge das Geld auf philippinischen Bankkonten hätte liegen sollen, wurden von den dortigen Geldhäusern als „plumpe Fälschungen“ bezeichnet. [62] Nach Verlautbarungen von Investoren trat Wirecard-Chef Markus Braun mit sofortiger Wirkung zurück, sein Vorstandskollege Jan Marsalek wurde vom Aufsichtsrat gekündigt. Die Staatsanwaltschaft München leitete zudem ihre Ermittlungen gegen die Vorstandsebene des Konzerns ein, da sie beschuldigt wird, den Markt über eine Sonderprüfung durch KPMG nicht korrekt informiert zu haben. [63]

    Aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte Wirecard am 25. Juni 2020 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. [64] Im Zuge des Bilanzskandals und dem gefolgtem Insolvenzantrag, stürzte der Börsenkurs innerhalb von 10 Tagen von über 100 Euro auf weniger als drei Euro pro Aktie ab. [65]

    • Juli 2020:

    Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München

    Der frühere Vorstandschef Braun sitzt seit dem 22. Juli 2020 in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München wirft ihm und weiteren Führungskräften von Wirecard vor, gewerbsmäßigen Betrug, Veruntreuung von Konzerngeldern, Bilanzfälschung und Manipulation des Aktienkurses betrieben zu haben. Braun verteidigt sich gegen die Vorwürfe und verweist auf eine Schattenstruktur, in die sein Unternehmenspartner Jan Marsalek verwickelt war, mit welcher Milliardenerlöse aus Drittpartnergeschäften für andere Zwecke abgezweigt worden seien und von der er hintergangen worden sei. Marsalek ist seit Bekanntwerden des Skandals auf der Flucht, nach ihm wird noch immer mit einem internationalen Haftbefehl gefahndet. [66] [67]

    Forderung nach einem Wirecard-Untersuchungsausschuss

    Nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals warfen Oppositionspolitiker der Bundesregierung vor, das Parlament und die Öffentlichkeit nicht genügend informiert zu haben. [68] Der finanzpolitische Sprecher der FDP, Florian Toncar, kritisierte die Bundesregierung dafür, trotz schwerster Vorwürfe und laufenden Ermittlungen hinter Wirecard gestanden zu haben. Indessen wurde die Forderung aus der Opposition nach einem Untersuchungsausschuss für den Fall Wirecard stärker. [69]

    Wirecard-Skandal: Untersuchungsausschuss und politische Konsequenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Der Wirecard-Untersuchungsausschuss begann im Oktober 2020 mit seiner Arbeit, lud insgesamt mehr als 100 Zeugen und veröffentlichte seinen Abschlussbericht Ende Juni 2021. Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte v.a. die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür, sich nach dem Lobbytreffen mit Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), welcher selbst für Edelman tätig war, einen Gastbeitrag in der FAZ oder der Welt zu diesem Thema schreiben könne. Kurz darauf erschien unter dem Titel „Ein Virus namens Leerverkäufe“ ein Gastkommentar von Guttenberg in der FAZ , welcher eindeutige Ähnlichkeiten mit der Argumentationslinie des vorgeschlagenen Aktionsplans aufwies. [13] Guttenberg bestritt dennoch, den Artikel im Auftrag von Wirecard verfasst zu haben. Ausgangspunkt des Artikel sei seine Sorge gewesen, „dass über Leerverkäufe deutsche Unternehmen plötzlich zu Übernahmezielen und Übernahmekandidaten werden könnten“. [14] Über die Agentur Edelman wurde auch der ehemalige Chefredakteur der BILD, Kai Diekmann, für Wirecard tätig. In der Mail von Rüdiger Assion, dem Managing Director von Edelmann, in welcher er Wirecard gegenüber den „Aktionsplan Leerverkäufe“ vorschlägt, wird Diekmann ebenfalls als Kontakt aufgeführt. [15] In einer anderen Mail bekundet Diekmann dem Firmenchef Markus Braun sein Engagement für Wirecard: „wann immer Sie etwas auf dem Herzen haben sollten, bin ich jederzeit verfügbar“. Wie sich später herausstellte, kontaktierte Diekmann zwei Staatssekretäre im Finanzministerium, um sich für ein Verbot von Leerverkäufen einzusetzen. [16] [17] trotz interner Warnungen und öffentlicher Berichterstattungen, für Wirecard in China eingesetzt zu haben. Auch die Rolle ihres Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller wurde im Fall um Wirecard als „problematisch“ kritisiert. Neben dem Lobbynetzwerk, mit dem Wirecard seine Erfolgsgeschichte stützte, kritisierte die Opposition im Wirecard-Untersuchungsausschuss auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin), deren Aufsicht dem Bundesfinanzministerium obliegt. [70] [71] Die BaFin sei früheren Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten bei Wirecard nicht nachgegangen und habe stattdessen Fehleinschätzungen getroffen. Dies betrifft insbesondere das Leerverkaufsverbot für Wirecard Aktien, welches von der Finanzaufsicht im Februar 2019 verhängt und als eine Art staatliches Gütesiegel verstanden wurde. [72] Im Zusammenhang damit stehen auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der BaFin gegen die Financial Times (FT), die zuvor mehrfach über Unstimmigkeiten bei Wirecard berichtet hatte. Einiges, wie etwa die Rolle der Geheimdienste im Fall Wirecard, ist nach wie vor unklar. [73]

    Insgesamt urteilt der Untersuchungsausschuss, dass der Wirecard-Skandal ein systematisches Versagen der Finanzbehörden offenbarte, aus dem politische Konsequenzen und Reformierungen folgen müssten. [74]

    Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)

    Die Kritik an der Staatsanwaltschaft sowie an der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) betrifft insbesondere das behördliche Vorgehen im Zuge der getäuschten Erpressung von Wirecard, das von der BaFin verhängte Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien sowie die Ermittlungen gegen die Financial Times (FT). [75] [76] Das von der BaFin verhängte Leerverkaufsverbot stellte sich später als eine der umstrittensten Aktionen der deutschen Finanzaufsicht im Wirecard-Betrugsskandal heraus. [77]

    Financial Intelligence Unit (FIU)

    Weiterhin wird auch das für Geldwäschebekämpfung zuständige Institut, die Financial Intelligence Unit (FIU), kritisiert. Ende Februar 2019 erhielt die FIU eine Verdachtsmeldung über auffällige Geldflüsse bei Wirecard, die von der Commerzbank, einem Geschäftspartner von Wirecard, eingereicht wurde. Erst viel später, nachdem Wirecard bereits insolvent war, leitete die FIU die Hinweise an das bayerische Landeskriminalamt weiter. [78] [79] [80]

    Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS)

    Die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS), welche dem Bundeswirtschaftsministerium unterliegt, leitete erst im Mai 2020 ein förmliches Verfahren gegen die Wirtschaftsprüfer von Wirecard, Ernst & Young, ein, obwohl sich zuvor bereits Betrugsvorwürfe um Wirecard verhärtet hätten. [81] Darüber hinaus wurde dem Behördenleiter der APAS selbst, Ralf Bose, „Insiderhandel“ unterstellt, da er noch kurz vor der Insolvenz von Wirecard und auch während der Ermittlungen der APAS mit Wirecard-Aktien gehandelt hatte. [82]

    Reformierung der Finanzaufsicht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Im Rahmen des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetztes (FISG) wurden als Reaktion auf den Wirecard-Skandal gesetzliche Maßnahmen beschlossen, welche die Strukturen und Kompetenzen innerhalb der Finanzbehörden in Zukunft stärken sollen. Hierzu zählen u.a. strengere Vorgaben zur Trennung von Wirtschaftsprüfung und -beratung, um Interessenkonflikte zu vermeiden sowie verbesserte Prüfsysteme und Kontrollrechte für die Finanzaufsichtsbehörden. [83] [84] [85] Um auch einen personellen Neustart zu ermöglichen, musste u.a. der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Felix Hufeld, seinen Rücktritt antreten. [86]

    Fallbeispiele und Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    2017: Medienberichterstattung über Unstimmigkeiten in Wirecards Bilanzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Seit April 2015 schrieb der Journalist Dan McCrum von der Financial Times (FT) in der Blogserie „House of Wirecard“ über Unstimmigkeiten in den Bilanzen von Wirecard. Darin wird auch deutlich, dass der Aufsichtsrat von Wirecard erstmals 2008, durch den Hinweis eines ehemaligen Vorstandsmitglieds, über Fehler in der Buchhaltung informiert wurde. [87] [88] Einen entscheidenden Artikel veröffentlichte die FT im Januar 2019. McCrum hatte Hinweise von einem Whistleblower aus dem Unternehmen bekommen, dass etwas mit Wirecards Bilanzen, insbesondere mit den Geschäften in Singapur, nicht stimmte. Wirecard bezeichnete die Vorwürfe als „falsch“ und „irreführend“ und erstattete Anzeige wegen Marktmanipulation. McCrum und seine Kollegin hätten sich demzufolge mit Börsenspekulanten abgesprochen, welche mit Kursverlusten von Wirecard an der Börse Gewinne erzielen sollten. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen McCrum ein und im April 2019 erhob die BaFin ebenfalls Anzeige gegen die Journalisten der FT. [89] [90] [91] [92]

    Eine zeitliche Übersicht der Financial Times über die Einzelheiten der Ereignisse im Konflikt mit Wirecard findet sich hier.

    Lobbyagentur beobachtete kritische Berichterstattung über Wirecard

    Die PR- und Lobby-Agentur WMP Eurocom beobachtete von Dezember 2016 bis Anfang 2020 die Berichterstattung über Wirecard. Unter dem Titel „´Drachenblut` für Wirecard“ hatte WMP weitgehende Leistungen angeboten, um eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die Wirecards Reputation stärken und das Unternehmen „unverwundbar“ machen sollte. In Absprache mit Wirecard habe WMP das Ziel verfolgt, den durch die Presse aufgegriffenen undurchsichtigen Geschäftszahlen mit einer „konsistenten Corporate Story“ zu begegnen und „diese bei den relevanten Medien an den Finanzplätzen in Deutschland und Großbritannien“ zu platzieren. Dafür habe WMP eigene „Netzwerke, Plattformen und Medienkontakte zur Verfügung“ gestellt. Darüber hinaus habe WMP relevante Medienvertreter aufgeführt („black list“/„white list“) sowie bei Hintergrundgesprächen und Interviews unterstützt. [93]

    Auch die PR-Agentur Hering Schuppener beriet zunächst ab März 2019 den Aufsichtsrat von Wirecard im Bereich „Krisenkommunikation“. Nachdem die FT im Dezember 2019 über die Bespitzelung von Wirecard-Kritikern und geplante Überwachungsaktionen von Journalisten berichtete, verlangte die Agentur jedoch eine eidesstattliche Erklärung von Wirecard über die Beauftragung der Beschattungen und kündigte die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung, da Wirecard diese Erklärung nicht lieferte. [94]

    Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Wirecard Bank[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Neben Geldinstituten wie der DZ-Bank, der Postbank und der Hypovereinsbank, die Gelder für illegale Glücksspielangebote entgegennahmen, Im Rahmen der „Paradise Papers“ enthüllten die Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung im November 2017 im Rahmen der „Paradise Papers“, dass die Wirecard Bank AG, eine Tochtergesellschaft von Wirecard, neben anderen Geldinstituten, Konten für Glücksspielanbieter wie OCG International Limited und Tipico führte, bei denen Gewinne aus illegalem Online-Glücksspiel an deutsche Kunden ausgezahlt wurden. Dies sei jedoch ein Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag. Nach Einschätzung des niedersächsischen Innenministeriums, das im Auftrag der übrigen Bundesländer die Zahlungsströme an illegale Glücksspielanbieter überwacht , sowie nach der Einschätzung mehrerer Banken- und Strafrechtsexperten, könne sich die Wirecard Bank deshalb der Beihilfe von unerlaubtem Glücksspiel und der Geldwäsche strafbar gemacht haben. NDR und die Süddeutsche Zeitung kritisierten vor allem die Bundesfinanzmarktaufsicht v.a. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) dafür, seit Jahren über die Problematik informiert, aber nicht aktiv geworden zu sein. [1895][1996][2097] Die Staatsanwaltschaft München leitete Ermittlungen gegen die Wirecard Bank wurden daraufhin von der Staatsanwaltschaft München eingeleitet. [21] [22] ein. Im August 2018 berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass das Verfahren der Staatsanwaltschaft immer noch geprüft werde. [98] Über das laufende Verfahren und die Berichterstattung war auch das Bundeskanzleramt informiert, wie aus einem Schreiben von Januar 2019 hervorgeht, welches im Zusammenhang mit der Absage des von Wirecard angefragten Gesprächstermin mit der Bundeskanzlerin steht. [99]

    Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Zunehmende Kritik trifft auch die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young (EY), da es immer wieder offensichtliche Fälschungen und fehlende Angaben in den Bilanzen von Wirecard gegeben hätte, welche aber von EY nicht ausreichend überprüft worden seien. Hingegen entgegnete EY, man habe „über das übliche Maß hinausgehende Prüfungshandlungen“ zum Drittpartner-Geschäft vorgenommen und aus damaliger Sicht auf die gesicherte Existenz des Geschäfts geschlossen. Dennoch bemängelte der Sonderermittler Martin Wambach das Vorgehen der Wirtschaftsprüfer. [100] Aus dem zunächst geheim gehaltenem und erst später vom Handelsblatt veröffentlichtem „Wambach Bericht“ geht hervor, dass EY frühzeitig Hinweise auf einen möglichen Betrug identifizierte, diesen aber nicht ausreichend nachgegangen sei. Die Veröffentlichung des Berichts begründete das Handelsblatt damit, Transparenz in einem der größten deutschen Wirtschaftsskandale für die geschädigten Wirecard-Anleger:innen herstellen und der Öffentlichkeit ihren Anspruch auf Aufklärung gewähren zu wollen. [101] [102]

    Inwiefern EY gerichtlich zur Verantwortung gezogen wird, steht bislang noch aus. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht München Zweifel an der Entscheidung der Vorinstanz geäußert, Schadensersatzklagen von Wirecard-Anleger:innen abzuweisen. Nun soll ein Musterverfahren eröffnet werden, in welchem bislang fehlende Beweisaufnahmen nachgeholt werden. 40.000 Personen haben sich bereits dafür registriert, gegen EY Klage erheben zu wollen. [103] [104]

    Zitate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Florian Toncar (FDP) kritisierte nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals im Finanzausschuss: „Leider mauern sowohl das Finanzministerium als auch das Kanzleramt bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals und geben immer nur das zu, was sich nicht mehr geheim halten lässt.“ [105]
    Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), im Wirecard-Untersuchungsausschuss:

    „Wirecard war auch ein Wirtschaftsprüferskandal. Die Aufsicht unterstand Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Die Finanzaufsicht unterstand dem SPD-Finanzminister Olaf Scholz.“ [106]

    „Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Wirecard-Skandal in dieser Form nur passieren konnte, weil man in der Bundesregierung und in den Behörden bis zuletzt mit aller Kraft an das Märchen von aufsteigenden Tech-Unternehmen glauben wollte.“ [107]
    Fabio De Masi (Die Linke), im Wirecard-Untersuchungsausschuss: „Alle haben sich von der Wirecard-Story blenden lassen. Das wäre nicht möglich gewesen ohne ein politisches Netzwerk (...), (eine) Armee von Lobbyisten aus dem Umfeld des Kanzleramts und aus Bayern.“ [108]
    In ihrem Sondervotum betonen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen: „Der Wirecard-Skandal ist viel mehr als ein Bilanzskandal. Es geht um den größten Börsen- und Finanzskandal der Nachkriegszeit, der durch kollektives Aufsichtsversagen, (...) sowie ein politisches Netzwerk und die Sehnsucht nach einem digitalen nationalen Champion und dessen Markteintritt in China ermöglicht wurde.“ [109]

    Weiterführende Informationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus[Quelltext bearbeiten]

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    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. Ein Scherbenhaufen für die Anleger zdf.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    2. Wirecard löst Commerzbank im Dax ab zeit.de, vom 06.09.2018, abgerufen am 11.11.2021
    3. Marktkapitalisierung von Wirecard in den Jahren 2013 bis 2018 de.statista.com, abgerufen am 11.11.2021
    4. Wirecard
    5. AG: Veröffentlichungstermin für Jahres- und Konzernabschluss 2019 verschoben wegen Hinweisen auf Vorlage unrichtiger Saldenbestätidungen wirecard.com, vom 18
    6. : Milliardenguthaben auf Treuhandkonten bestehen wohl nicht rnd.de, vom 22.06.2020, abgerufen am 03.01.2022
    7. Wirecard-Vorstand: Treuhandkonten mit 1,9 Milliarden Euro existieren wahrscheinlich nicht handelsblatt.com, vom 22.06.2020, abgerufen am
    8. 11
    9. 03.
    10. 11
    11. 01.
    12. 2021
    13. 2022
    14. Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 11.11.2021
    15. Wirecard-Absturz: Das sind die höchsten Tagesverluste von Dax-Aktien rnd.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 03.01.2022
    16. Ex-Wirecard-Chef Braun bleibt in Untersuchungshaft spiegel.de, vom 15.12.2021, abgerufen am 03.01.2022
    17. Neuer Verdacht gegen Wirecard-Vorstände manager-magazin.de, vom 24.08.2020, abgerufen am 03.01.2022
    18. Wirecard Skandal: Die Wahrheit über den Absturz |frontal ZDFheute Nachrichten, youtube.com, vom 23.09.2020, abgerufen am 11.11.2021
    19. Lobbyreport 2021. Beispiellose Skandale - strengere Lobbyregeln: Eine Bilanz von vier Jahren Schwarz-Rot, S. 25 lobbycontrol.de, abgerufen am 16.12.2021
    20. Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021
    21. Nord-Politiker
    22. lobbyierten
    23. lobbyiert für Wirecard ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am
    24. 11
    25. 16.
    26. 11
    27. 12.2021
    28. Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour
    29. Ex-Polizeipräsident als Türöffner? tagesschau.de, vom
    30. 28
    31. 27.01.2021, abgerufen am
    32. 11.
    33. 16.12.2021
    34. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1592 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    35. [
    36. ebd.
    37. ]
    38. [ebd.]
    39. [ebd.]
    40. Nord-Politiker lobbyierten für Wirecard ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 11.11.2021
    41. Der Mann, der Wirecard jagte sueddeutsche.de, vom 02.02.2021, abgerufen am 13.11.2021
    42. Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit tagesschau.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 13.11.
    43. S. 517 ff., 522 f., 1595 f.
    44. Guttenberg lobbyierte auch bei deutschem Botschafter in Peking abgeordnetenwatch.de, vom 11.09.2020, abgerufen am 16.12.2021
    45. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1593 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    46. Als Markus Braun gerne mal die Kanzlerin treffen wollte wiwo.de, vom 25.06.2021, abgerufen am 16.12.2021
    47. Schriftverkehr: Wirecard-Braun-Roeller fragdenstaat.de, abgerufen am 16.12.2021
    48. ebd.
    49. Medienbericht: Kanzleramt war frühzeitig über Wirecard informiert wiwo.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    50. Früh unterrichtet, aber lange nichts gewusst? tagesspiegel.de, vom 17.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    51. Wirecard: Wie das Unternehmen mit einer inszenierten Erpressung die Staatsanwaltschaft München auf seine Seite brachte businessinsider.de, vom 12.02.2021, abgerufen am 29.12.2021
    52. Die Bafin statuiert im Fall Wirecard ein Exempel faz.net, vom 18.02.2019, abgerufen am 29.12.2021
    53. Der Mann, der vieles wusste spiegel.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    54. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 521 f., 1596 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    55. Finanzministerium informierte Kanzleramt über Ermittlungen gegen Wirecard spiegel.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    56. Medienbericht: Kanzleramt war frühzeitig über Wirecard informiert wiwo.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    57. Auch Ex-Geheimdienstbeauftragter Fritsche lobbyierte im Kanzleramt spiegel.de, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    58. Wirecard und der Ex-Geheimdienstkoordinator daserste.ndr.de, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    59. "Leichtgewicht" Fritsche verteidigt Lobbyarbeit für Wirecard br.de, vom 15.04.2021, abgerufen am 16.12.2021
    60. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 556, 565, 1594 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    61. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 506 f., 528 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    62. Kanzleramt setzte sich für Wirecard ein spiegel.de, vom 17.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    63. Guttenberg setzte sich bei der Bundesregierung für Wirecard ein spiegel.de, vom 15.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    64. Guttenbergs kurzer Draht zu Merkel: So hofierte das Kanzleramt Wirecard fragdenstaat.de, vom 09.10.2020, abgerufen am 03.01.2022
    65. Auch Ex-Geheimdienstkoordinator Fritsche warb für Wirecard reuters.com, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    66. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 532 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    67. Wirecard kauft in China ein manager-magazin.de, vom 05.11.2019, abgerufen am 16.12.2021
    68. Guttenberg setzte sich bei der Bundesregierung für Wirecard ein spiegel.de, vom 15.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    69. Er soll die Angriffe auf Olaf Scholz abwehren sueddeutsche.de, vom 21.04.2021, abgerufen am 10.01.2021
    70. Wirecard-Affäre: Eine Mail wirft Fragen auf zdf.de, vom 18.11.2020, abgerufen am 16.12.2021
    71. Vertrauliches mit dem Wirecard-Chef sueddeutsche.de, vom 12.07.2020, abgerufen am 16.12.2021
    72. Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021
    73. Auch Ole von Beust arbeitete für Wirecard spiegel.de, vom 13.08.2020, abgerufen am 16.12.2021
    74. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S.
    75. 514
    76. 1594 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    77. Hat Merkels Wirtschaftsberater im Untersuchungsausschuss die Wahrheit gesagt? wiwo.de, vom 27.01.2021, abgerufen am 29.12.2021
    78. Auch Ole von Beust arbeitete für Wirecard spiegel.de, vom 13.08.2020, abgerufen am 16.12.2021
    79. Von Beust schrieb Briefe im Auftrag von Wirecard bundestag.de, vom 13.01.2021, abgerufen am 03.01.2022
    80. Edelman taps distinguished global leaders for new advisory board edelman.com, vom 02.05.2018, abgerufen am 16.12.2021
    81. Hat Guttenberg den Wirecard-Ausschuss belogen? spiegel.de, vom 12.01.2021, abgerufen am
    82. 13
    83. 16.
    84. 11
    85. 12.2021
    86. Wie ein Heer von Beratern Wirecard unterstützte capital.de, vom 09.02.2021, abgerufen am 16.12.2021
    87. PR-Rat rügt Guttenberg für Wirecard-Lobbyarbeit capital.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 16.12.2021
    88. Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit tagesschau.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 16.12.2021
    89. Wirecard-Untersuchungsauschuss / Welche Rolle hatte Kai Diekmann im Finanzskandal? deutschlandfunk.de, vom 11.02.2021, abgerufen am 13.11.2021
    90. Ein "Honigtopf" für Ehemalige tagesschau.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 13.11.2021
    91. "Keine umfassende Absolution": Anlegerschützer und Analysten kritisieren Wirecard handelsblatt.com, vom 28.04.2020, abgerufen am 29.12.2021
    92. Sonderprüfer können wichtige Fragen nicht klären sueddeutsche.de, vom 28.04.2020, abgerufen am 29.12.2021
    93. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1599 f. dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    94. Wirecard AG: Veröffentlichungstermin für Jahres- und Konzernabschluss 2019 verschoben wegen Hinweisen auf Vorlage unrichtiger Saldenbestätigungen wirecard.com, vom 18.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    95. Ein Scherbenhaufen für die Anleger zdf.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    96. Wirecard-Chef Markus Braun tritt zurück zeit.de, vom 19.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    97. Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    98. Im schlimmsten Fall droht Anlegern der Totalverlust tagesspiegel.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    99. Gab es die 1,9 Milliarden Euro doch? tagesschau.de, vom 21.11.2021, abgerufen am 29.12.2021
    100. Markus Braun bleibt hinter Gittern tagesschau.de, vom 15.12.2021, abgerufen am 29.12.2021
    101. Wirecard-Skandal: Drei Haftbefehle erlassen - Festnahmen in München merkur.de, vom 23.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    102. Opposition droht mit Wirecard-Untersuchungsausschuss handelsblatt.com, vom 18.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    103. Showdown im Wirecard-Skandal: Merkel und Scholz im Untersuchungsausschuss rnd.de, vom 19.04.2021, abgerufen am 03.01.2022
    104. Von den Milliarden geblendet zeit.de, vom 22.04.2021, abgerufen am 03.01.2022
    105. Was vom U-Ausschuss übrig bleibt tagesschau.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 29.12.2021
    106. Das sind die 7 wichtigsten Erkenntnisse zum Wirecard-Skandal wiwo.de, vom 25.06.2021, abgerufen am 29.12.2021
    107. Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses bundestag.de, abgerufen am 29.12.2021
    108. Wirecard: Wie das Unternehmen mit einer inszenierten Erpressung die Staatsanwaltschaft München auf seine Seite brachte businessinsider.de, vom 12.02.2021, abgerufen am 29.12.2021
    109. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1620 ff. dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    110. Wirecard-Leerverkaufsverbot: Handelsaufsicht widersprach Einschätzung der BaFin handelsblatt.com, vom 14.01.2021, abgerufen am 29.12.2021
    111. Wirecard-Skandal: Anti-Geldwäscheeinheit FIU erneut im Fokus br.de, vom 08.06.2021, abgerufen am 29.12.2021
    112. Frühe Hinweise auf Wirecard-Skandal versickerten im Behördensumpf spiegel.de, vom 27.05.2021, abgerufen am 29.12.2021
    113. Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1615 dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021
    114. ebd. S. 1600
    115. Fragwürdige Aktiendeals während Wirecard-Ermittlungen zeit.de, vom 11.12.2020, abgerufen am 29.12.2021
    116. Mehr Biss für die Finanzaufsicht bundesfinanzministerium.de, vom 24.02.2021, abgerufen am 29.12.2021
    117. Kabinett beschließt BaFin-Reform tagesschau.de, vom 24.02.2021, abgerufen am 29.12.2021
    118. Späte Reform von "zahnlosen" Behörden deutschlandfunkkultur.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    119. Bafin-Chef Hufeld muss nach Wirecard-Skandal gehen spiegel.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 03.01.2022
    120. Der Betrug bei Wirecard soll schon vor 15 Jahren begonnen haben handelsblatt.com, vom 28.07.2020, abgerufen am 13.11.2021
    121. Manager wies Vorstand schon 2008 auf frisierte Bilanzen hin tagesspiegel.de, vom 28.07.2020, abgerufen am 13.11.2021
    122. Wirecards Krieg gegen die Medien tagesschau.de, vom 02.02.2021, abgerufen am 29.12.2021
    123. Wirecard und die "Financial Times" / Zuerst wurden die Journalisten verdächtigt deutschlandfunk.de, vom 29.06.2020, abgerufen am 29.12.2021
    124. Bafin verdächtigt "FT"-Journalisten im Fall Wirecard faz.net, vom 16.04.2019, abgerufen am 29.12.2021
    125. Wirecard-Affäre - Finanzaufsicht Bafin zeigt FT-Journalisten an manager-magazin.de, vom 17.04.2019, abgerufen am 29.12.2021
    126. PR-Agentur bot Wirecard an, Journalisten auf eine "schwarze Liste" zu setzen stern.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 16.02.2022
    127. Von der Kanzlei Schertz bis zu Spekulant Florian Homm - wer alles bei Wirecard als Berater verdiente stern.de, vom 09.02.2021, abgerufen am 16.02.2022
    128. Die deutschen Banken und das Online-Glücksspiel tagesschau.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021
    129. Wie deutsche Banken systematisch illegale Online-Kasinos unterstützen sueddeutsche.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021
    130. Verdacht gegen mehrere deutsche Banken faz.net, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021
    131. Glücksspiel und Geldwäsche versetzen Banken in Aufruhr
    132. Gegen alle Widerstände sueddeutsche.de, vom
    133. 30
    134. 24.
    135. 11
    136. 08.
    137. 2017
    138. 2018, abgerufen am
    139. 13
    140. 29.
    141. 11
    142. 12.2021
    143. Weniger Casino, mehr Kontrolle
    144. Schriftverkehr: Wirecard-Braun-Roeller fragdenstaat.de, abgerufen am 16.12.2021
    145. Die Fehlleistungen des Wirtschaftsprüfers EY tagesschau.de, vom 30.
    146. 11.2017
    147. 06.2021, abgerufen am 29.12.2021
    148. Das Handelsblatt veröffentlicht den Geheimbericht zur Arbeit der EY-Wirtschaftsprüfer handelsblatt.com, vom 11.11.2021, abgerufen am
    149. 13.
    150. 29.12.2021
    151. Es wird eng für EY faz.net, vom 12.11.2021, abgerufen am 29.12.2021
    152. Gerät EY nochmal unter Druck? tagesschau.de, vom 10.12.2021, abgerufen am 29.12.2021
    153. Warten auf die Anklage im Wirecard-Skandal tagesschau.de, vom 29.12.2021, abgerufen am 29.12.2021
    154. Wirecard-Skandal: Drei Haftbefehle erlassen - Festnahmen in München merkur.de, vom 23.07.2020, abgerufen am 29.12.2021
    155. Was vom U-Ausschuss übrig bleibt tagesschau.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 16.12.2021
    156. Kritik an Merkel vor Aussage zu Wirecard faz.net, vom 19.04.2021, abgerufen am 03.01.2022
    157. Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses bundestag.de, abgerufen am 29.12.2021
    158. ebd.
    {{BoxUnternehmen
            
            | Name             = Wirecard AG 
            
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            | Branche          = Finanzdienstleistungen
            
            | Geschäftsfelder  = Dienstleistungen, Mobile Technologie, Apps, Werbung 
            
            | Hauptsitz             = Einsteinring 35 
            
            85609 Aschheim bei München, Deutschland 
            
            | Homepage         = [https://www.wirecard.com/de/homepage/ wirecard.com]
            
            }}
            
    
            Die '''Wirecard AG''' ist ein deutsches Finanzdienstleistungsunternehmen („Fintechwar bis zur Insolvenz ein international tätiges, deutsches Finanzdienstleistungsunternehmen („FinTech-Konzern“), das sich auf die bargeldlose Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen und Onlinehandel, den elektronischen Zahlungsverkehr mit Kreditkarten sowie im Bereich des Risikomanagements spezialisiert hat und international tätig ist. Das Unternehmen wurde 1999 in München gegründet und dessen Tochterunternehmen, die [[Wirecard Bank AG]], besitzt seit 2006 eine Banklizenz in Deutschland. zählte in der Anfangszeit v.a. Erotik- und Glücksspielanbieter zu seinen wichtigsten Kunden. Später kamen weitere Geschäftspartner wie [[Commerzbank]], [[Mastercard]], [[Apple]], [[Lidl]] sowie diverse Reiseanbieter und Verkehrsunternehmen hinzu. <ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-bilanzskandal-insolvenzantrag-100.html Ein Scherbenhaufen für die Anleger] zdf.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Im September 2018 stieg Wirecard in den Deutschen Aktienindex (DAX) auf <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2018-09/deutsche-boerse-commerzbank-dax-wirecard Wirecard löst Commerzbank im Dax ab] zeit.de, vom 06.09.2018, abgerufen am 11.11.2021</ref> und besaß Ende des Jahres einen Börsenwert von 16,4 Milliarden Euro. <ref>[https://de.statista.com/statistik/daten/studie/533840/umfrage/marktkapitalisierung-von-wirecard/ Marktkapitalisierung von Wirecard in den Jahren 2013 bis 2018] de.statista.com, abgerufen am 11.11.2021</ref> 
            
    
            Ein milliardenschwerer Bilanzskandal und schwerwiegende Täuschungsvorwürfe brachten Wirecard im Juni 2020 in die Schlagzeilen. Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[Ernst & Young]] mitteilte, gab es keine ausreichenden Prüfungsnachweise für In einer Stellungnahme vom 22. Juni 2020 gibt das Unternehmen bekannt, dass es keine Prüfungsnachweise für Bankguthaben auf philippinischen Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gibt. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/18/wirecard-ag-veroeffentlichungstermin-fuer-jahres-und-konzernabschluss-2019-verschoben-wegen-hinweisen-auf-vorlage-unrichtiger-saldenbestaetigungen/ Wirecard AG: Veröffentlichungstermin für Jahres- und Konzernabschluss 2019 verschoben wegen Hinweisen auf Vorlage unrichtiger Saldenbestätidungen] wirecard.com, vom 18rnd.de/wirtschaft/wirecard-gibt-es-die-19-milliarden-euro-uberhaupt-KYTDVZCZLBEIZKYAXRBLODXNUE.html Wirecard: Milliardenguthaben auf Treuhandkonten bestehen wohl nicht] rnd.de, vom 22.06.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref> <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/bilanzskandal-wirecard-vorstand-treuhandkonten-mit-1-9-milliarden-euro-existieren-wahrscheinlich-nicht/25937414.html?ticket=ST-10643420-5dj3WNNBZ2SvLPOtHC3L-cas01.example.org Wirecard-Vorstand: Treuhandkonten mit 1,9 Milliarden Euro existieren wahrscheinlich nicht] handelsblatt.com, vom 22.06.2020, abgerufen am 11.11.202103.01.2022</ref> Aufgrund von drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte, musste Wirecard am 25. Juni 2020 einen InsolvenzantragAntrag auf Insolvenz stellen. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/25/wirecard-ag-antrag-auf-eroeffnung-eines-insolvenzverfahrens/ Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens] wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref> Erst im Zuge des Skandals stellte sich heraus, dass Aktionäre, Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und Politiker*innen jahrelang getäuscht wurden. 
                
    
                Zudem ermöglichte ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten dem Unternehmen, Gespräche und Kontakte in Länderministerien, ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herzustellen. Zudem vermittelte ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen SPitzenpolitikern und Beamten, Kontakte und Gespräche in..., 
                
    
                Mit einem Der Börsenwert des Unternehmens sank infolgedessen innerhalb von einer Woche um 98 Prozent. <ref>[https://www.rnd.de/wirtschaft/wirecard-absturz-das-sind-die-hochsten-tagesverluste-von-dax-aktien-KWU5YVCF7FJLQEORX2IXQGGMCE.html Wirecard-Absturz: Das sind die höchsten Tagesverluste von Dax-Aktien] rnd.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref>
                
    
                Der damalige Vorstandschef von Wirecard, [[Markus Braun]], wurde im Juli 2020 wegen des Verdachtes auf „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ festgenommen, nach seinem früheren Geschäftspartner [[Jan Marsalek]] wird noch immer mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Ihnen wird vorgeworfen in einen milliardenschweren Betrug verwickelt zu sein, bei dem Bilanzen manipuliert und Wirtschaftsprüfer, staatliche Behörden, Politiker:innen und Anteilseigner:innen jahrelang getäuscht wurden. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-markus-braun-bleibt-in-untersuchungshaft-a-d10a9f14-ed7d-4e2e-89d6-405caf3767bc Ex-Wirecard-Chef Braun bleibt in Untersuchungshaft] spiegel.de, vom 15.12.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref> <ref>[https://www.manager-magazin.de/unternehmen/wirecard-ag-staatsanwaltschaft-nimmt-weitere-vorstaende-ins-visier-a-16c96362-25f8-45ec-a933-af714c8d03ef Neuer Verdacht gegen Wirecard-Vorstände] manager-magazin.de, vom 24.08.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref> 
                
    
                Über mehrere Jahre stützte sich Wirecard zudem auf ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten war es , mit dem Unternehmen möglich, sich Gespräche und Kontakte u.a. ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herzustellen. In der Kritik stand unter anderem ein Treffen des ehemaligen Wirtschafts- und Verteidigungsministers [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] (CSU), bei welchem er bei der Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] (CDU) für Wirecards Expansionspläne nach China lobbyierteherstellen ließen. Mittels dieser Einflussstrategien setzte sich Wirecard v.a. für die Deregulierung von illegalem Online-Glücksspiel, das Leerverkaufsverbot von fallenden Aktienkursen und für den Markteintritt in China ein. <ref>[https://www.youtube.com/watch?v=_goo1AF6usg Wirecard Skandal: Die Wahrheit über den Absturz |frontal] ZDFheute Nachrichten, youtube.com, vom 23.09.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref>
            
    
            ==Lobbystrategien und Einfluss== 
                
    
                ===Lobbyarbeit für die Deregulierung von Online-Glücksspielen===
                
    
                Wirecard hatte sich jahrelang für eine weniger strikte Regulierung von Glücksspielen in Deutschland eingesetzt. Im Zusammenhang damit stehen mehrere Treffen zwischen der Vorstandsebene des Konzerns und Politikern. Nach Recherchen von ''NDR'', ''WDR'' und ''Süddeutscher Zeitung'', sei der Kontakt zwischen Wirecard und dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, [[Peter Harry Carstensen]] (CDU), erstmals im Februar 2014 durch die Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]] zustande gekommen. Der Rechtsanwalt [[Wulf Hambach]], welcher seit längerem als Berater für Wirecard tätig war, habe Carstensen bei Wirecard ins Gespräch gebracht. Carstensen bestätigte ein Treffen mit Hambach, dem Vorstandschef von Wirecard [[Burkhard Ley]] und dem damaligen Das Lobbynetzwerk von Wirecard==
                
                Neben der Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]], der PR-Agentur [[Edelman]], den Beratungsfirmen [[Spitzberg Partners]] und [[Von Beust & Coll.]] waren auch ehemalige Spitzenpolitiker, Beamte und Medienvertreter als Lobbyisten und Berater für Wirecard tätig, darunter: 
                
    
                * [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] ([[CSU]]), ehemaliger Wirtschafts- und Verteidigungsminister und Gründer von [[Spitzberg Partners]]. Im Auftrag von Wirecard arbeitete er eng mit seinem Geschäftspartner [[Ulf Gartzke]] zusammen
                
                * [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]), ehemaliger Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes 
                
                * [[Ole von Beust]] ([[CDU]]), ehemaliger Bürgermeister von Hamburg und Gründer von [[Von Beust & Coll.]]
                
                * [[Peter Harry Carstensen]] ([[CDU]]), ehemaliger Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
                
                * [[Waldemar Kindler]], ehemaliger Landespolizeipräsident von Bayern 
                
                * [[Kai Diekmann]], ehemaliger Chefredakteur der ''BILD''-Zeitung
                
    
                Die unten abgebildete Grafik gibt einen Überblick über das Lobbynetzwerk von Wirecard. Weiter unten finden sich detailliertere Informationen zu den Ereignissen im Wirecard-Skandal in chronologischer Reihenfolge. 
                
    
                [[Datei:grafik-wirecard-lobbyreport-1200x1200-210916-web.jpg|zentriert|mini|1000x1000px]]
                
    
                Quelle: <ref>[https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Lobbyreport-2021_Beispiellose-Skandale-strengere-Lobbyregeln.pdf Lobbyreport 2021. Beispiellose Skandale - strengere Lobbyregeln: Eine Bilanz von vier Jahren Schwarz-Rot, S. 25] lobbycontrol.de, abgerufen am 16.12.2021</ref> 
                
    
                ==Wirecard-Skandal: Eine chronologische Übersicht der Ereignisse==
                
    
                *'''Februar 2014:'''
                
    
                '''Peter Harry Carstensen (CDU) vermittelt Gespräche für Wirecard'''
                
    
                Die Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]] bringt den ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, [[Peter Harry Carstensen]] ([[CDU]]), bei Wirecard als Lobbyist ins Gespräch. Der damalige Wirecard-Vorstand [[Burkhard Ley]] und Carstensen besuchen daraufhin den hessischen Ministerpräsidenten [[Volker Bouffier]] ([[CDU). In Hessen habe man eine Öffnung des Glücksspielmarktes und einen milderen Umgang mit illegalen Anbietern gefordert. Wirecard habe zudem geplant, zentrale Aufgaben bei der Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen zu übernehmen. In einer Mail an Vorstandschef Ley schrieb Hambach zudem, dass Carstensen den ]]), um über den Umgang mit illegalem Online-Glücksspiel zu sprechen. Einige Zeit später vermittelt Carstensen auch den Kontakt zum damaligen Digital-Kommissar der EU, [[Günther Oettinger]] ([[CDU]]), indem er dessen Handynummer an Ley weiterleitet. Später stellte sich heraus, dass Carstensen auch an einem Gespräch mit Ley und dem damaligen Bürgermeister von Hamburg, [[Olaf Scholz]] ([[SPD]]) teilgenommen hat, bei dem es um die Suchtprävention im Glücksspiel ging. Ein Treffen mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, [[Winfried Kretschmann]] ([[Bündnis 90/Die Grünen), „sehr gut“ kenne. Die Lottogesellschaften in Baden-Württemberg unterstützen die Blockade von Zahlungsdienstleistern illegaler Online-Casinos, weshalb Hambach ein Treffen mit Kretschmann als „lohnend“ bezeichnete. Ob es zu dem Treffen kam, ist jedoch nicht bekannt.]]), wurde als „lohnend“ bezeichnet, ob es dazu kam ist allerdings nicht bekannt. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-gluecksspiel-lobbyarbeit-101.html Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour] tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/investigation/Nord-Politiker-lobbyierten-fuer-Skandalbank,gluecksspiel340.html Nord-Politiker lobbyiertenlobbyiert für Wirecard] ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 11.1116.12.2021</ref>
            
                
                *'''2016:'''
                
    
                '''Waldemar Kindler stellt den Kontakt zu Spitzberg Partners her'''
                
    
                Anfang 2016 stellt der ehemalige bayerische Polizeipräsident [[Waldemar Kindler]] den Kontakt zur Beratungsagentur [[Spitzberg Partners]] her. Die Agentur berät Wirecard von Juni 2016 bis Juni 2020, zunächst in der Kontaktvermittlung mit Industrie- und Übernahmepartnern in Nordamerika, später auch für Wirecards geplanten Markteintritt in China. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-gluecksspiel-lobbyarbeitpolizeipraesident-lobby-101.html Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour] tagesschau.de, vom 28Ex-Polizeipräsident als Türöffner?] tagesschau.de, vom 27.01.2021, abgerufen am 11.1116.12.2021</ref> 
                
                Carstensen vermittelte zudem den Kontakt zu dem damaligen EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, [[Günther Oettinger]] (CDU). In einer Mail an Oettinger gab Carstensen die Handynummer von Wirecard-Vorstandschef Ley weiter. Das Treffen mit Ley, Hambach und Oettinger fand 2015 statt. Oettinger gab an, sich an den Inhalt und weitere Teilnehmer des Treffens nicht erinnern zu können. <ref>[ebd.]</ref>
                
    
                Weiterhin berichtete Carstensen über ein Treffen mit Ley und dem damaligen Bürgermeister von Hamburg, [[Olaf Scholz]] (SPD). Anlass dessen sei ein Gespräch über Suchtprävention im Glücksspiel gewesen. Weder Ley noch Scholz äußerten sich zu dem Treffen. Carstensen hingegen bestritt, von Wirecard oder der Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]] bezahlt worden zu sein. Er sei nie als Lobbyist für Wirecard tätig gewesen, so Carstensen. <ref>[ebd.]</ref>
                
    
                Auch die Beratungsagentur [[Von Beust & Coll.]] des ehemaligen Bürgermeisters von Hamburg, [[Ole von Beust]], arbeitete jahrelang mit Wirecard zusammen. Im November 2019 wurde der Beratungsvertrag zuletzt erneuert. [[Von Beust & Coll.] hatte Wirecard angeboten, „zurückhaltend und gezielt“ Kontakte anzubahnen und „Politiker zu identifizieren“, die für die Belange deutscher Banken beim Thema Online-Glücksspiel „aufgeschlossen und aktivierbar“ seien. Von Beust arbeitete zuvor auch für den Deutschen Toto-Lotto-Block. <ref>[ebd.]</ref> <ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/investigation/Nord-Politiker-lobbyierten-fuer-Skandalbank,gluecksspiel340.html Nord-Politiker lobbyierten für Wirecard] ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 11.11.2021</ref>
                
    
                ===Lobbyismus im Kanzleramt: Schon seit 2015 war Kindler für Wirecard tätig, er stellte u.a. den Kontakt zu bayerischen Behörden her und nutzte seine Kontakte, um im Auftrag von Wirecard Aufenthaltsgenehmigungen in Indien und China zu organisieren. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1592] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    
                *'''Oktober 2018 bis Anfang 2019:'''
                
    
                '''Spitzberg Partners vermittelt Gespräche mit der Deutschen Botschaft'''
                
    
                Im Oktober 2018 vermittelt [[Spitzberg Partners]] ein Treffen für Wirecard mit Vertretern der Deutschen Botschaft in Peking. Einen Monat später nehmen die Wirecard-Manager [[Burkhard Ley]] und [[Georg von Waldenfels]] als Teil der Delegation an der Chinareise von Bundesaußenminister [[Heiko Maas]] ([[SPD]]) teil. Darauffolgend fanden weitere Treffen mit Vertretern von Wirecard, Beratern von [[Spitzberg Partners]] und Mitarbeitern der Deutschen Botschaft statt. Beim Deutsch-Chinesischen Finanzdialog in Peking, an dem der damalige Bundesfinanzminister [[Olaf Scholz]] ([[SPD]]) teilnahm, habe zudem eine Flankierung bezüglich Wirecards Anliegen zum Eintritt in den chinesischen Markt stattgefunden. <ref>ebd. S. 517 ff., 522 f., 1595 f.</ref> <ref>[https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/lobbyismus/guttenberg-lobbyierte-auch-bei-deutschem-botschafter-in-peking Guttenberg lobbyierte auch bei deutschem Botschafter in Peking] abgeordnetenwatch.de, vom 11.09.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref>
                
    
                '''Wirecard kontaktiert das Bundeskanzleramt für einen Termin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel'''
                
    
                Im November 2018 nimmt die Staatsministerin im Kanzleramt, [[Dorothee Bär]] ([[CSU]]), an einer Betriebsbesichtigung bei Wirecard teil und trifft dort u.a. den Wirecard-Chef [[Markus Braun]]. Kurz darauf kontaktiert Wirecard das Bundeskanzleramt für einen Gesprächstermin zwischen der damaligen Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] ([[CDU]]), ihrem Chef im Bundeskanzleramt und Braun. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1593] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-ausschuss-am-20-april-2021-als-markus-braun-gerne-mal-die-kanzlerin-treffen-wollte/27356020.html Als Markus Braun gerne mal die Kanzlerin treffen wollte] wiwo.de, vom 25.06.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://fragdenstaat.de/dokumente/7576-wirecard-braun-roeller/ Schriftverkehr: Wirecard-Braun-Roeller] fragdenstaat.de, abgerufen am 16.12.2021</ref> 
                
    
                *'''Januar 2019:'''
                
    
                '''Die Antwort vom Bundeskanzleramt'''
                
    
                Aufgrund interner Bedenken wird in einer Vorlage des Bundeskanzleramts von einem Treffen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und dem Wirecard-Chef Braun abgeraten. Merkels Leiter im Bundeskanzleramt für die Wirtschafts- und Finanzabteilung, [[Lars-Hendrik Röller]], stellt sich stattdessen für das Treffen mit Braun zur Verfügung. Braun hingegen sagt das Gespräch mit Röller ab. <ref>ebd.</ref> 
                
    
                *'''Februar 2019:'''
                
    
                '''Das Bundesfinanzministerium wird über Ermittlungen informiert'''
                
    
                Das Bundesfinanzministerium wird darüber informiert, dass die [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin) den Fall Wirecard aufgrund eines Verdachts des Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation untersucht. <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-medienbericht-kanzleramt-war-fruehzeitig-ueber-wirecard-informiert/26023632.html Medienbericht: Kanzleramt war frühzeitig über Wirecard informiert] wiwo.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesspiegel.de/politik/olaf-scholz-und-der-wirecard-skandal-frueh-unterrichtet-aber-lange-nichts-gewusst/26015270.html Früh unterrichtet, aber lange nichts gewusst?] tagesspiegel.de, vom 17.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Allerdings gab Wirecard gegenüber der Staatsanwaltschaft vor, von der Nachrichtenagentur [[Bloomberg]] erpresst zu werden. Den Ausführungen zufolge wolle diese in die „negative Berichterstattung über Wirecard“ einsteigen. Denn zuvor hatte bereits die ''Financial Times'' über Unstimmigkeiten bei Wirecard berichtet. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen den Journalisten der FT ein, kurze Zeit später erstattete auch die BaFin Anzeige gegen ihn und verhängte ein zweimonatiges Verbot von Leerverkäufen für Wirecard-Aktien. <ref>[https://www.businessinsider.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-wie-das-unternehmen-mit-einer-inszenierten-erpressung-die-staatsanwaltschaft-muenchen-auf-seine-seite-brachte/ Wirecard: Wie das Unternehmen mit einer inszenierten Erpressung die Staatsanwaltschaft München auf seine Seite brachte] businessinsider.de, vom 12.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/leerverkaufsverbot-bei-wirecard-bafin-statuiert-exempel-16047276.html Die Bafin statuiert im Fall Wirecard ein Exempel] faz.net, vom 18.02.2019, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                *'''Juni 2019:''' 
                
    
                '''Kontaktvermittlung zwischen Spitzberg Partners und dem Bundesfinanzministerium'''
                
    
                Der damalige Finanzstaatssekretär [[Wolfgang Schmidt]] ([[SPD]]) wendet sich an seinen chinesischen Amtskollegen, um über das Interesse von Wirecard am Markteintritt in China zu berichten. Zuvor hatte [[Ulf Gartzke]] von [[Spitzberg Partners]] das Finanzministerium über Wirecards Interesse in Kenntnis gesetzt und um Weitergabe der Informationen an die chinesische Regierung gebeten. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-was-wusste-olaf-scholz-a-00000000-0002-0001-0000-000172178893 Der Mann, der vieles wusste] spiegel.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 521 f., 1596] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    
                *'''August 2019:''' 
                
    
                '''Das Bundeskanzleramt wird über Vorwürfe gegen Wirecard informiert'''
                
    
                Das Bundesfinanzministerium leitet die bereits öffentlich bekannten Vorwürfe gegen Wirecard, sowie weitere Informationen über die Ermittlungen der Finanzaufsicht, an das Bundeskanzleramt weiter. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-finanzministerium-informierte-kanzleramt-ueber-ermittlungen-gegen-dax-konzern-a-a61923a8-d619-4f4f-b6ed-3b4bba32e72d Finanzministerium informierte Kanzleramt über Ermittlungen gegen Wirecard] spiegel.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> 
                <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-medienbericht-kanzleramt-war-fruehzeitig-ueber-wirecard-informiert/26023632.html Medienbericht: Kanzleramt war frühzeitig über Wirecard informiert] wiwo.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref>
                
    
                '''Klaus-Dieter Fritsche (CSU) lobbyiert im Bundeskanzleramt'''
                
    
                Der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt und BND-Beauftragter, [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]), wendet sich an das Bundeskanzleramt, um ein Gespräch zwischen dem Wirtschafts- und Finanzabteilungsleiter [[Lars-Hendrik Röller]] und Wirecard zu vermitteln. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-und-klaus-dieter-fritsche-kanzleramt-muss-weitere-kontakte-einraeumen-a-4fe5ce20-e882-4b6c-adad-547dd4af10d9 Auch Ex-Geheimdienstbeauftragter Fritsche lobbyierte im Kanzleramt] spiegel.de, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Wirecard-und-der-ex-Geheimdienstkoordinator,fritsche122.html Wirecard und der Ex-Geheimdienstkoordinator] daserste.ndr.de, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref><ref>[https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/leichtgewicht-fritsche-verteidigt-lobbyarbeit-fuer-wirecard,SUehuDj "Leichtgewicht" Fritsche verteidigt Lobbyarbeit für Wirecard] br.de, vom 15.04.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> Fritsche war seit Ende Juli 2019 als Berater für Wirecard tätig, nachdem der ehemalige Landespolizeipräsident [[Waldemar Kindler]] ihn bei Wirecard ins Gespräch brachte. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 556, 565, 1594] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    
                *'''September 2019:'''
                
    
                '''Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wirbt für Wirecards Expansionspläne nach China===
                
    
                ===Wirecards „Aktionsplan Leerverkäufe“===
                
                Die PR-Agentur [[Edelman]] beriet Wirecard in Kommunikationsfragen und schlug dem Wirecard-Management im März 2020 einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ vor. Hintergrund dessen war, dass Börsenspekulanten seit längerem öffentlich auf Bilanzfehler von Wirecard hingewiesen hatten. Dies befeuerte Wetten auf fallende Kurse von Wirecard, sogenannte Leerverkäufe, die im Sinne des Unternehmens verboten werden sollten, weil damit das Misstrauen in Wirecard gewachsen wäre. Schon 2019 hatte ein befristetes Verbot von Leerverkäufen dem Unternehmen kurzzeitig geholfen. <ref>[https://www.'''
                
    
                Der ehemalige Wirtschafts- und Verteidigungsminister [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] ([[CSU]]) trifft sich am 3. September 2019 mit Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] ([[CDU]]), um für Wirecards Expansionspläne nach China zu lobbyieren. Nach dem Treffen gibt Guttenberg zusätzliche Gesprächsinformationen über Wirecards Pläne an ihren Wirtschaftsberater, [[Lars-Hendrik Röller]] weiter. Es handelte sich dabei um Gesprächsinformationen über Wirecards geplante Übernahme des chinesischen Finanzunternehmens [[AllScore Payment Services]]. Wenige Tage später konstatiert Röller gegenüber Guttenberg, dass das Thema beim Besuch der Kanzlerin in China zur Sprache gekommen sei und sicherte weitere Flankierung zu. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 506 f., 528] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-kanzleramt-setzte-sich-fuer-finanzdienstleister-ein-a-e5b50a9f-128d-4bda-b7d5-907e2fea9f7c Kanzleramt setzte sich für Wirecard ein] spiegel.de, vom 17.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-karl-theodor-zu-guttenbergs-firma-machte-lobbyarbeit-bei-der-bundesregierung-a-572b02d7-d3a4-4388-90e6-2779af9e478c Guttenberg setzte sich bei der Bundesregierung für Wirecard ein] spiegel.de, vom 15.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://fragdenstaat.de/blog/2020/10/09/wirecard-merkel-guttenberg-china-lobbyismus/ Guttenbergs kurzer Draht zu Merkel: So hofierte das Kanzleramt Wirecard] fragdenstaat.de, vom 09.10.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref>
                
    
                Am 11. September 2019 kommt es zudem zu einem Treffen im Bundeskanzleramt mit Röller, dem damaligen Wirecard-Finanzvorstand [[Alexander von Knoop]], Wirecards Strategischem Berater [[Burkhard Ley]] und dem ehemaligem BND-Beauftragtem [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]), welcher das Gespräch zuvor vermittelt hatte. <ref>[https://www.reuters.com/article/deutschland-wirecard-kanzleramt-idDEKCN24N1AJ Auch Ex-Geheimdienstkoordinator Fritsche warb für Wirecard] reuters.com, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 532] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    
                *'''November 2019:'''
                
    
                '''Wirecard verkündet Markteintritt in China'''
                
    
                Im November 2019 verkündet Wirecard die Übernahme des chinesischen Unternehmens [[AllScore Payment Services]], <ref>[https://www.manager-magazin.de/lifestyle/artikel/wirecard-aktie-steigt-uebernahme-von-allscore-payment-services-in-china-a-1294987.html Wirecard kauft in China ein] manager-magazin.de, vom 05.11.2019, abgerufen am 16.12.2021</ref> das zuvor in illegale Aktivitäten in der Glücksspielbranche verwickelt war. Am selben Tag findet auch ein persönliches Gespräch zwischen dem damaligen Finanzstaatssekretär [[Jörg Kukies]] ([[SPD]]) und dem Wirecard-Chef [[Markus Braun]] an dessen 50. Geburtstag statt. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-karl-theodor-zu-guttenbergs-firma-machte-lobbyarbeit-bei-der-bundesregierung-a-572b02d7-d3a4-4388-90e6-2779af9e478c Guttenberg setzte sich bei der Bundesregierung für Wirecard ein] spiegel.de, vom 15.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-dan-mccrumuntersuchungsausschuss-kukies-1.5193416?reduced=true Der Mann, der Wirecard jagte] sueddeutsche.de, vom 02.02.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> Der Aktionsplan enthielt unter anderem den Vorschlag, dass [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] (CSU), welcher selbst für [[Edelman]] tätig war, einen Gastbeitrag in der ''FAZ'' oder der ''Welt'' zu diesem Thema schreiben könne. Kurz darauf erschien unter dem Titel „Ein Virus namens Leerverkäufe“ ein 5270214 Er soll die Angriffe auf Olaf Scholz abwehren] sueddeutsche.de, vom 21.04.2021, abgerufen am 10.01.2021</ref> Ein paar Tage vorher bat Kukies´zuständiger Referent um eine Gesprächsvorbereitung für das Treffen. Das Thema sollte insbesondere die laufende Prüfung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[KPMG]] und in dem Zusammenhang auch die Kurs- und Marktmanipulation bei Wirecard sein. <ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-untersuchungsausschuss-kukies-braun-100.html Wirecard-Affäre: Eine Mail wirft Fragen auf] zdf.de, vom 18.11.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanz-skandal-vertrauliches-mit-dem-wirecard-chef-1.4964352 Vertrauliches mit dem Wirecard-Chef] sueddeutsche.de, vom 12.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> 
                
    
                '''Von Beust & Coll. soll gezielt Kontakte herstellen'''
                
    
                Die Beratungsfirma [[Von Beust & Coll.]] des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters [[Ole von Beust]] ([[CDU]]) verlängert ihren seit Juni 2018 bestehenden Beratungsvertrag mit Wirecard und soll für das Unternehmen Kontakte „zurückhaltend und gezielt“ herstellen, insbesondere bei Politikern, die beim Thema Online-Glücksspiel „aufgeschlossen und aktivierbar“ seien. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-gluecksspiel-lobbyarbeit-101.html Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour] tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/auch-ole-von-beust-arbeitete-fuer-wirecard-a-2deb52e6-5fea-4e66-9e70-f0ffa36a6114 Auch Ole von Beust arbeitete für Wirecard] spiegel.de, vom 13.08.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> 
                
    
                *'''Januar 2020:'''
                
    
                '''Kontaktvermittlungen im Bundeskanzleramt'''
                
    
                Der wirtschaftspolitische Berater im Bundeskanzleramt, [[Lars-Hendrik Röller]], vermittelt über den Wirecard-Berater [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]) den Kontakt zu einem chinesischen Unternehmen. Dieses hatte sich beim Kanzleramt nach dem Kontakt zum Wirecard-Chef [[Markus Braun]] erkundigt. Fragen wirft in diesem Zusammenhang eine E-Mail von Wirecard an Röller auf, in welcher Röllers Ehefrau als „Schnittstelle“ für den Kontakt zu dem Unternehmen bezeichnet wird. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1594] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-untersuchungsausschuss-hat-merkels-wirtschaftsberater-im-untersuchungsausschuss-die-wahrheit-gesagt/26855872.html Hat Merkels Wirtschaftsberater im Untersuchungsausschuss die Wahrheit gesagt?] wiwo.de, vom 27.01.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                *'''März 2020:'''
                
    
                '''Von Beust & Coll. kontaktiert das Bundeskanzleramt '''
                
    
                Die Agentur [[Von Beust & Coll.]] wendet sich in einem Schreiben an den Finanzabteilungsleiter im Kanzleramt und bittet u.a. um Informationen für ein Begleitprogramm für Unternehmen für den EU-China-Gipfel. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/auch-ole-von-beust-arbeitete-fuer-wirecard-a-2deb52e6-5fea-4e66-9e70-f0ffa36a6114 Auch Ole von Beust arbeitete für Wirecard] spiegel.de, vom 13.08.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.bundestag.de/presse/hib/816972-816972 Von Beust schrieb Briefe im Auftrag von Wirecard] bundestag.de, vom 13.01.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref>
                
    
                '''Wirecards „Aktionsplan Leerverkäufe“'''
                
    
                Die PR-Agentur [[Edelman]] erstellt einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ für Wirecard, in den auch der ehemalige Chefredakteur der ''BILD''-Zeitung, [[Kai Diekmann]] und Guttenberg, der einen Beiratssitz bei [[Edelman]] hat <ref>[https://www.edelman.com/news-awards/edelman-taps-distinguished-global-leaders-new-advisory-board Edelman taps distinguished global leaders for new advisory board] edelman.com, vom 02.05.2018, abgerufen am 16.12.2021</ref>, eingespannt werden. Ziel dessen war es, bei Ansprechpartnern in Politik, Medien und der Börse, für ein Leerverkaufsverbot von Aktien zu werben. Wenig später veröffentlicht Guttenberg einen [https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/corona-am-markt-ein-virus-namens-leerverkaeufe-16696027.html Gastkommentar von Guttenberg ] in der ''FAZ] '', welcher eindeutigedeutliche Ähnlichkeiten mit der Argumentationslinie des vorgeschlagenen Aktionsplans aufwies. <ref>[https://www.dem Argumentationspapier von [[Edelman]] aufweist, dessen Zusammenhang mit der Beratertätigkeit für Wirecard jedoch von Guttenberg bestritten wurde. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-karl-theodor-zu-guttenberg-soll-untersuchungsausschuss-belogen-haben-a-6f3f7a4a-0200-4ba7-98d8-2f583464f73a Hat Guttenberg den Wirecard-Ausschuss belogen?] spiegel.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.capital.de/wirtschaft-politik/wie-ein-heer-von-beratern-wirecard-unterstuetzte Wie ein Heer von Beratern Wirecard unterstützte] capital.de, vom 09.02.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.capital.de/wirtschaft-politik/pr-rat-ruegt-guttenberg-fuer-wirecard-lobbyarbeit PR-Rat rügt Guttenberg für Wirecard-Lobbyarbeit] capital.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/guttenberg-wirecard-101.html Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit] tagesschau.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref>
                
    
                Mit dem Ziel, Leerverkäufe zu verbieten, kontaktierte Diekmann zwei Staatssekretäre im Finanzministerium. Dabei stand er ebenfalls im Austausch mit Wirecard-Chef Braun. <ref>[https://www.deutschlandfunk.de/wirecard-untersuchungsausschuss-welche-rolle-hatte-kai-100.html Wirecard-Untersuchungsauschuss / Welche Rolle hatte Kai Diekmann im Finanzskandal?] deutschlandfunk.de, vom 11.02.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> Guttenberg bestritt dennoch, den Artikel im Auftrag von Wirecard verfasst zu haben. Ausgangspunkt des Artikel sei seine Sorge gewesen, „dass über Leerverkäufe deutsche Unternehmen plötzlich zu Übernahmezielen und Übernahmekandidaten werden könnten“<ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-lobbyismus-geldwaescheverdacht-101.html Ein "Honigtopf" für Ehemalige] tagesschau.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    
                *'''April 2020:'''
                
    
                '''Der Abschlussbericht von KPMG zur Sonderprüfung bei Wirecard'''
                
    
                Ende April 2020 veröffentlicht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[KPMG]] ihren [https://www.wirecard.com/uploads/Bericht_Sonderpruefung_KPMG.pdf Sonderbericht]. Die Prüfung war von Wirecard im Oktober 2019 in Auftrag gegeben worden, um die durch die Presse bekannt gewordenen Vorwürfe und Missstände in der Buchhaltung aufzuklären. Der Bericht lieferte zwar keine Belege für den gravierenden Vorwurf der Bilanzfälschung bei Wirecard <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/nach-kpmg-sonderpruefung-keine-umfassende-absolution-anlegerschuetzer-und-analysten-kritisieren-wirecard/25783830.html "Keine umfassende Absolution": Anlegerschützer und Analysten kritisieren Wirecard] handelsblatt.com, vom 28.04.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>, stellte aber dennoch Unregelmäßigkeiten und Unklarheiten heraus, welche die Zusammenarbeit von Wirecard mit Drittpartnern betreffen. [[KPMG]] verweist darin v.a. auf die mangelhafte interne Kontrolle bei der Dokumentation von Daten sowie auf die unzureichende Belegung erzielter Umsätze. Während Investoren Wirecard indes einen Mangel an Transparenz unterstellten, hatte der Konzern den Verdacht gefälschter Kundenbeziehungen und manipulierter Umsätze stets als „irreführend“ und „falsch“ bezeichnet und Aufklärung zugesichert. Wirecard musste jedoch die Veröffentlichung des Jahresabschlusses zum zweiten Mal verschieben, da in der Untersuchung durch [[KPMG]] „die Existenz der Transaktionsvolumina im Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018“ nicht hinreichend nachzuvollziehen wären. <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-kpmg-bericht-1.4891170 Sonderprüfer können wichtige Fragen nicht klären] sueddeutsche.de, vom 28.04.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                *'''Mai 2020:'''
                
    
                '''Gespräch zwischen Wirecard und Merkels Wirtschaftsberater'''
                
    
                Wirecard erkundigt sich nach einem Gespräch mit Merkels Wirtschaftsberater [[Lars-Hendrik Röller]]. In der Gesprächsunterlage des Bundeskanzleramts erhält Röller den Hinweis, das Gespräch für Wirecards Planungen zur Behebung der Missstände und den im Raum stehenden Vorwürfen der Bilanzfälschung, nutzen zu können. Bei dem Telefonat zwischen Röller und Wirecard-Chef [[Markus Braun]] weist Letzterer die erhobenen Vorwürfe jedoch zurück und sichert vollständige Aufklärung zu. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 5141599 f.] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
            
    Über die Agentur [[Edelman]] wurde auch der ehemalige Chefredakteur der ''BILD'', [[Kai Diekmann]], für Wirecard tätig. In der Mail von [[Rüdiger Assion]], dem Managing Director von [[Edelmann]], in welcher er Wirecard gegenüber den „Aktionsplan Leerverkäufe“ vorschlägt, wird Diekmann ebenfalls als Kontakt aufgeführt. <ref>[https://www.spiegel*'''Juni 2020:'''
                
    
                '''Wirecard meldet Insolvenz an'''
                
    
                Am 18. Juni 2020 meldet das Wirtschaftsprüfungsunternehmen [[Ernst & Young]], dass es unzureichende Prüfungsnachweise von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro bei Wirecard gebe. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/18/wirecard-ag-veroeffentlichungstermin-fuer-jahres-und-konzernabschluss-2019-verschoben-wegen-hinweisen-auf-vorlage-unrichtiger-saldenbestaetigungen/ Wirecard AG: Veröffentlichungstermin für Jahres- und Konzernabschluss 2019 verschoben wegen Hinweisen auf Vorlage unrichtiger Saldenbestätigungen] wirecard.com, vom 18.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Infolgedessen musste Wirecard die Veröffentlichung seines Jahresabschlusses für 2019 erneut verschieben und gab schließlich am 22. Juni 2020 in einer [https://www.wirecard.com/de/2020/06/22/wirecard-ag-stellungnahme-des-vorstands-zur-aktuellen-lage-des-unternehmens/ Mitteilung] bekannt, dass die Summe von 1,9 Milliarden Euro „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht bestehe. Die Zertifikate, denen zufolge das Geld auf philippinischen Bankkonten hätte liegen sollen, wurden von den dortigen Geldhäusern als „plumpe Fälschungen“ bezeichnet. <ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-bilanzskandal-insolvenzantrag-100.html Ein Scherbenhaufen für die Anleger] zdf.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Nach Verlautbarungen von Investoren trat Wirecard-Chef [[Markus Braun]] mit sofortiger Wirkung zurück, sein Vorstandskollege [[Jan Marsalek]] wurde vom Aufsichtsrat gekündigt. Die Staatsanwaltschaft München leitete zudem ihre Ermittlungen gegen die Vorstandsebene des Konzerns ein, da sie beschuldigt wird, den Markt über eine Sonderprüfung durch [[KPMG]] nicht korrekt informiert zu haben. <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-06/dax-konzern-wirecard-chef-markus-braun-tritt-zurueck Wirecard-Chef Markus Braun tritt zurück] zeit.de, vom 19.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                Aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte Wirecard am 25. Juni 2020 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. <ref>[https://www.wirecard.com/de/tag/insolvenz/ Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens] wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Im Zuge des Bilanzskandals und dem gefolgtem Insolvenzantrag, stürzte der Börsenkurs innerhalb von 10 Tagen von über 100 Euro auf weniger als drei Euro pro Aktie ab. <ref>[https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wirecard-stellt-insolvenzantrag-im-schlimmsten-fall-droht-anlegern-der-totalverlust/25949242.html Im schlimmsten Fall droht Anlegern der Totalverlust] tagesspiegel.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                *'''Juli 2020:'''
                
    
                '''Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München'''
                
    
                Der frühere Vorstandschef Braun sitzt seit dem 22. Juli 2020 in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München wirft ihm und weiteren Führungskräften von Wirecard vor, gewerbsmäßigen Betrug, Veruntreuung von Konzerngeldern, Bilanzfälschung und Manipulation des Aktienkurses betrieben zu haben. Braun verteidigt sich gegen die Vorwürfe und verweist auf eine Schattenstruktur, in die sein Unternehmenspartner [[Jan Marsalek]] verwickelt war, mit welcher Milliardenerlöse aus Drittpartnergeschäften für andere Zwecke abgezweigt worden seien und von der er hintergangen worden sei. Marsalek ist seit Bekanntwerden des Skandals auf der Flucht, nach ihm wird noch immer mit einem internationalen Haftbefehl gefahndet. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-milliarden-101.html Gab es die 1,9 Milliarden Euro doch?] tagesschau.de, vom 21.11.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-chef-braun-haft-101.html Markus Braun bleibt hinter Gittern] tagesschau.de, vom 15.12.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                '''Forderung nach einem Wirecard-Untersuchungsausschuss'''
                
    
                Nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals warfen Oppositionspolitiker der Bundesregierung vor, das Parlament und die Öffentlichkeit nicht genügend informiert zu haben. <ref>[https://www.merkur.de/wirtschaft/wirecard-skandal-jan-marsalek-angela-merkel-china-flucht-moskau-insolvenz-dax-bundesregierung-haftbefehle-scholz-zr-13837760.html Wirecard-Skandal: Drei Haftbefehle erlassen - Festnahmen in München] merkur.de, vom 23.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Der finanzpolitische Sprecher der [[FDP]], [[Florian Toncar]], kritisierte die Bundesregierung dafür, trotz schwerster Vorwürfe und laufenden Ermittlungen hinter Wirecard gestanden zu haben. Indessen wurde die Forderung aus der Opposition nach einem Untersuchungsausschuss für den Fall Wirecard stärker. <ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bilanzskandal-opposition-droht-mit-wirecard-untersuchungsausschuss/26016520.html Opposition droht mit Wirecard-Untersuchungsausschuss] handelsblatt.com, vom 18.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                ==Wirecard-Skandal: Untersuchungsausschuss und politische Konsequenzen==
                
                Der Wirecard-Untersuchungsausschuss begann im Oktober 2020 mit seiner Arbeit, lud insgesamt mehr als 100 Zeugen und veröffentlichte seinen Abschlussbericht Ende Juni 2021. [[Lisa Paus]] ([[Bündnis 90/Die Grünen]]) kritisierte v.a. die Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] ([[CDU]]) dafür, sich nach dem Lobbytreffen mit [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] ([[CSU]]), trotz interner Warnungen und öffentlicher Berichterstattungen, für Wirecard in China eingesetzt zu haben. Auch die Rolle ihres Wirtschaftsberater [[Lars-Hendrik Röller]] wurde im Fall um Wirecard als „problematisch“ kritisiert. Neben dem Lobbynetzwerk, mit dem Wirecard seine Erfolgsgeschichte stützte, kritisierte die Opposition im Wirecard-Untersuchungsausschuss auch die [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen]] (BaFin), deren Aufsicht dem Bundesfinanzministerium obliegt. <ref>[https://www.rnd.de/politik/showdown-im-wirecard-skandal-merkel-und-scholz-im-untersuchungsausschuss-L3VGT2DFHFF23EZOG3JKYW3JIE.html Showdown im Wirecard-Skandal: Merkel und Scholz im Untersuchungsausschuss] rnd.de, vom 19.04.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref> <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-04/wirecard-skandal-bilanz-untersuchungsausschuss-bundestag-olaf-scholz-faq Von den Milliarden geblendet] zeit.de, vom 22.04.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref> Die BaFin sei früheren Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten bei Wirecard nicht nachgegangen und habe stattdessen Fehleinschätzungen getroffen. Dies betrifft insbesondere das Leerverkaufsverbot für Wirecard Aktien, welches von der Finanzaufsicht im Februar 2019 verhängt und als eine Art staatliches Gütesiegel verstanden wurde. <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-karl-theodor-zu-guttenberg-soll-untersuchungsausschuss-belogen-haben-a-6f3f7a4a-0200-4ba7-98d8-2f583464f73a Hat Guttenberg den Wirecard-Ausschuss belogen?] spiegel.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> In einer anderen Mail bekundet Diekmann dem Firmenchef [[Markus Braun]] sein Engagement für Wirecard: „wann immer Sie etwas auf dem Herzen haben sollten, bin ich jederzeit verfügbar“. Wie sich später herausstellte, kontaktierte Diekmann zwei Staatssekretäre im Finanzministerium, um sich für ein Verbot von Leerverkäufen einzusetzen. <ref>[https://www.deutschlandfunk.de/wirecard-untersuchungsausschuss-welche-rolle-hatte-kai-100.html Wirecard-Untersuchungsauschuss / Welche Rolle hatte Kai Diekmann im Finanzskandal?] deutschlandfunk.de, vom 11.02.2021, abgerufen am 13.11skandal-untersuchung-ausschuss-101.html Was vom U-Ausschuss übrig bleibt] tagesschau.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> Im Zusammenhang damit stehen auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der BaFin gegen die ''Financial Times'' (FT), die zuvor mehrfach über Unstimmigkeiten bei Wirecard berichtet hatte. Einiges, wie etwa die Rolle der Geheimdienste im Fall Wirecard, ist nach wie vor unklar. <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-ausschuss-das-sind-die-7-wichtigsten-erkenntnisse-zum-wirecard-skandal/27355056.html Das sind die 7 wichtigsten Erkenntnisse zum Wirecard-Skandal] wiwo.de, vom 25.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                Insgesamt urteilt der Untersuchungsausschuss, dass der Wirecard-Skandal ein systematisches Versagen der Finanzbehörden offenbarte, aus dem politische Konsequenzen und Reformierungen folgen müssten. <ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-3ua-bericht-847030 Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses] bundestag.de, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                '''Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)'''
                
    
                Die Kritik an der Staatsanwaltschaft sowie an der [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin) betrifft insbesondere das behördliche Vorgehen im Zuge der getäuschten Erpressung von Wirecard, das von der BaFin verhängte Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien sowie die Ermittlungen gegen die ''Financial Times'' (FT). <ref>[https://www.businessinsider.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-wie-das-unternehmen-mit-einer-inszenierten-erpressung-die-staatsanwaltschaft-muenchen-auf-seine-seite-brachte/ Wirecard: Wie das Unternehmen mit einer inszenierten Erpressung die Staatsanwaltschaft München auf seine Seite brachte] businessinsider.de, vom 12.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1620 ff.] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> Das von der BaFin verhängte Leerverkaufsverbot stellte sich später als eine der umstrittensten Aktionen der deutschen Finanzaufsicht im Wirecard-Betrugsskandal heraus. <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/betrugsskandal-wirecard-leeverkaufsverbot-handelsaufsicht-widersprach-einschaetzung-der-bafin/26817820.html?ticket=ST-9763698-CdehI4ArD2YsVZPMqlEP-cas01.example.org Wirecard-Leerverkaufsverbot: Handelsaufsicht widersprach Einschätzung der BaFin] handelsblatt.com, vom 14.01.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                '''Financial Intelligence Unit (FIU)'''
                
    
                Weiterhin wird auch das für Geldwäschebekämpfung zuständige Institut, die [[Financial Intelligence Unit]] (FIU), kritisiert. Ende Februar 2019 erhielt die FIU eine Verdachtsmeldung über auffällige Geldflüsse bei Wirecard, die von der [[Commerzbank]], einem Geschäftspartner von Wirecard, eingereicht wurde. Erst viel später, nachdem Wirecard bereits insolvent war, leitete die FIU die Hinweise an das bayerische Landeskriminalamt weiter. <ref>[https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-skandal-anti-geldwaescheeinheit-fiu-erneut-im-fokus,SZf8eJT Wirecard-Skandal: Anti-Geldwäscheeinheit FIU erneut im Fokus] br.de, vom 08.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-skandal-fruehe-hinweise-auf-wirecard-skandal-versickerten-im-behoerdensumpf-a-b1cc19ec-0776-428c-8a72-f1d4626a9e37 Frühe Hinweise auf Wirecard-Skandal versickerten im Behördensumpf] spiegel.de, vom 27.05.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1615] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    
                '''Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS)'''
                
    
                Die [[Abschlussprüferaufsichtsstelle]] (APAS), welche dem Bundeswirtschaftsministerium unterliegt, leitete erst im Mai 2020 ein förmliches Verfahren gegen die Wirtschaftsprüfer von Wirecard, [[Ernst & Young]], ein, obwohl sich zuvor bereits Betrugsvorwürfe um Wirecard verhärtet hätten. <ref>ebd. S. 1600</ref> Darüber hinaus wurde dem Behördenleiter der APAS selbst, [[Ralf Bose]], „Insiderhandel“ unterstellt, da er noch kurz vor der Insolvenz von Wirecard und auch während der Ermittlungen der APAS mit Wirecard-Aktien gehandelt hatte. <ref>[https://www.zeit.de/news/2020-12/11/apas-chef-handelte-mit-aktien-von-wirecard Fragwürdige Aktiendeals während Wirecard-Ermittlungen] zeit.de, vom 11.12.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                ===Reformierung der Finanzaufsicht===
                
    
                Im Rahmen des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetztes (FISG) wurden als Reaktion auf den Wirecard-Skandal gesetzliche Maßnahmen beschlossen, welche die Strukturen und Kompetenzen innerhalb der Finanzbehörden in Zukunft stärken sollen. Hierzu zählen u.a. strengere Vorgaben zur Trennung von Wirtschaftsprüfung und -beratung, um Interessenkonflikte zu vermeiden sowie verbesserte Prüfsysteme und Kontrollrechte für die Finanzaufsichtsbehörden. <ref>[https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanzmarktpolitik/2021-02-02-mehr-biss-fuer-die-finanzaufsicht.html Mehr Biss für die Finanzaufsicht] bundesfinanzministerium.de, vom 24.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-lobbyismus-geldwaescheverdacht-101.html Ein "Honigtopf" für Ehemalige] tagesschau.deinland/reform-finanzaufsicht-bafin-101.html Kabinett beschließt BaFin-Reform] tagesschau.de, vom 24.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.deutschlandfunkkultur.de/finanzaufsicht-und-wirecard-skandal-spaete-reform-von-100.html Späte Reform von "zahnlosen" Behörden] deutschlandfunkkultur.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Um auch einen personellen Neustart zu ermöglichen, musste u.a. der Präsident der [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin), [[Felix Hufeld]], seinen Rücktritt antreten. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/wirecard-skandal-bafin-chef-felix-hufeld-muss-zuruecktreten-a-a020a684-d3c8-4957-b7e7-4d436f75f481 Bafin-Chef Hufeld muss nach Wirecard-Skandal gehen] spiegel.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 13.11.202103.01.2022</ref>
            
    
            ==Fallbeispiele und Kritik==
            
    
            ===2017: Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Wirecard Bank===
                
                Neben Geldinstituten wie der [[DZ-Bank]], der [[Postbank]] und der [[Hypovereinsbank]], die Gelder für illegale Glücksspielangebote entgegennahmen, Medienberichterstattung über Unstimmigkeiten in Wirecards Bilanzen=== 
                
    
                Seit April 2015 schrieb der Journalist Dan McCrum von der ''Financial Times'' (FT) in der [https://www.ft.com/content/534e7c4d-3101-3f6a-abc8-dc70beab35b7 Blogserie „House of Wirecard“] über Unstimmigkeiten in den Bilanzen von Wirecard. Darin wird auch deutlich, dass der Aufsichtsrat von Wirecard erstmals 2008, durch den Hinweis eines ehemaligen Vorstandsmitglieds, über Fehler in der Buchhaltung informiert wurde. <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/bilanzskandal-der-betrug-bei-wirecard-soll-schon-vor-15-jahren-begonnen-haben/26040098.html Der Betrug bei Wirecard soll schon vor 15 Jahren begonnen haben] handelsblatt.com, vom 28.07.2020, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wirecard-betrug-begann-wohl-frueher-als-bekannt-manager-wies-vorstand-schon-2008-auf-frisierte-bilanzen-hin/26042994.html Manager wies Vorstand schon 2008 auf frisierte Bilanzen hin] tagesspiegel.de, vom 28.07.2020, abgerufen am 13.11.2021</ref> Einen entscheidenden [https://www.ft.com/content/03a5e318-2479-11e9-8ce6-5db4543da632 Artikel] veröffentlichte die FT im Januar 2019. McCrum hatte Hinweise von einem Whistleblower aus dem Unternehmen bekommen, dass etwas mit Wirecards Bilanzen, insbesondere mit den Geschäften in Singapur, nicht stimmte. Wirecard bezeichnete die Vorwürfe als „falsch“ und  „irreführend“ und erstattete Anzeige wegen Marktmanipulation. McCrum und seine Kollegin hätten sich demzufolge mit Börsenspekulanten abgesprochen, welche mit Kursverlusten von Wirecard an der Börse Gewinne erzielen sollten. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen McCrum ein und im April 2019 erhob die BaFin ebenfalls Anzeige gegen die Journalisten der FT. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/zapp/wirecard-medien-101.html Wirecards Krieg gegen die Medien] tagesschau.de, vom 02.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.deutschlandfunk.de/wirecard-und-die-financial-times-zuerst-wurden-die-100.html Wirecard und die "Financial Times" / Zuerst wurden die Journalisten verdächtigt] deutschlandfunk.de, vom 29.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/finanzen/bafin-verdaechtigt-ft-journalisten-im-fall-wirecard-16144310.html Bafin verdächtigt "FT"-Journalisten im Fall Wirecard] faz.net, vom 16.04.2019, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/wirecard-aktie-im-plus-finanzaufsicht-bafin-erstattet-anzeige-gegen-ft-journalist-a-1263186.html Wirecard-Affäre - Finanzaufsicht Bafin zeigt FT-Journalisten an] manager-magazin.de, vom 17.04.2019, abgerufen am 29.12.2021</ref> 
                
    
                Eine zeitliche Übersicht der ''Financial Times'' über die Einzelheiten der Ereignisse im Konflikt mit Wirecard findet sich [https://www.ft.com/content/284fb1ad-ddc0-45df-a075-0709b36868db hier]. 
                
    
                '''Lobbyagentur beobachtete kritische Berichterstattung über Wirecard'''
                
    
                Die PR- und Lobby-Agentur [[WMP Eurocom]] beobachtete von Dezember 2016 bis Anfang 2020 die Berichterstattung über Wirecard. Unter dem Titel „´Drachenblut` für Wirecard“ hatte WMP weitgehende Leistungen angeboten, um eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die Wirecards Reputation stärken und das Unternehmen „unverwundbar“ machen sollte. In Absprache mit Wirecard habe WMP das Ziel verfolgt, den durch die Presse aufgegriffenen undurchsichtigen Geschäftszahlen mit einer „konsistenten Corporate Story“ zu begegnen und „diese bei den relevanten Medien an den Finanzplätzen in Deutschland und Großbritannien“ zu platzieren. Dafür habe WMP eigene „Netzwerke, Plattformen und Medienkontakte zur Verfügung“ gestellt. Darüber hinaus habe WMP relevante Medienvertreter aufgeführt („black list“/„white list“) sowie bei Hintergrundgesprächen und Interviews unterstützt. <ref>[https://www.stern.de/politik/deutschland/agentur-wmp-wollte-fuer-wirecard-schwarze-liste-von-journalisten-schreiben-30355742.html PR-Agentur bot Wirecard an, Journalisten auf eine "schwarze Liste" zu setzen] stern.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 16.02.2022</ref> 
                
    
                Auch die PR-Agentur [[Hering Schuppener]] beriet zunächst ab März 2019 den Aufsichtsrat von Wirecard im Bereich „Krisenkommunikation“. Nachdem die FT im Dezember 2019 über die Bespitzelung von Wirecard-Kritikern und geplante Überwachungsaktionen von Journalisten berichtete, verlangte die Agentur jedoch eine eidesstattliche Erklärung von Wirecard über die Beauftragung der Beschattungen und kündigte die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung, da Wirecard diese Erklärung nicht lieferte. <ref>[https://www.stern.de/politik/deutschland/wirecard---wer-alles-als-berater-bei-wirecard-verdiente-30368724.html Von der Kanzlei Schertz bis zu Spekulant Florian Homm - wer alles bei Wirecard als Berater verdiente] stern.de, vom 09.02.2021, abgerufen am 16.02.2022</ref> 
                
    
                ===Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Wirecard Bank===
                
    
                Im Rahmen der „Paradise Papers“ enthüllten die Recherchen von ''NDR'' und ''Süddeutscher Zeitung'' im November 2017 im Rahmen der „Paradise Papers“, dass die [[Wirecard Bank]]  AG]], eine Tochtergesellschaft von Wirecard, neben anderen Geldinstituten, Konten für Glücksspielanbieter wie [[OCG International Limited]] und [[Tipico]] führte, bei denen Gewinne aus illegalem Online-Glücksspiel an deutsche Kunden ausgezahlt wurden. Dies sei jedoch ein Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag. ausgezahlt wurden. Nach Einschätzung des niedersächsischen Innenministeriums, das im Auftrag der übrigen Bundesländer die Zahlungsströme an illegale Glücksspielanbieter überwacht, sowie nach der Einschätzung mehrerer Banken- und Strafrechtsexperten, könne sich die [[Wirecard Bank]] deshalb der Beihilfe von unerlaubtem Glücksspiel und der Geldwäsche strafbar gemacht haben. ''NDR'' und die ''Süddeutsche Zeitung'' kritisierten vor allem v.a. die Bundesfinanzmarktaufsicht [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin) dafür, seit Jahren über die Problematik informiert, aber nicht aktiv geworden zu sein. <ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/paradisepapers/paradisepapers-101.html Die deutschen Banken und das Online-Glücksspiel] tagesschau.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gluecksspiel-wie-deutsche-banken-systematisch-illegale-online-kasinos-unterstuetzen-1.3738876?reduced=true Wie deutsche Banken systematisch illegale Online-Kasinos unterstützen] sueddeutsche.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/paradise-papers-verdacht-gegen-mehrere-deutsche-banken-15282473.html Verdacht gegen mehrere deutsche Banken] faz.net, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> Die Staatsanwaltschaft München leitete Ermittlungen gegen die [[Wirecard Bank]] wurden daraufhin von der Staatsanwaltschaft München eingeleitet.   ein. Im August 2018 berichtet die ''Süddeutsche Zeitung'', dass das Verfahren der Staatsanwaltschaft immer noch geprüft werde. <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/paradise-papers-gluecksspiel-und-geldwaesche-versetzen-banken-in-aufruhr-1.3772589 Glücksspiel und Geldwäsche versetzen Banken in Aufruhr] sueddeutsche.de, vom 30.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> wirecard-gegen-alle-widerstaende-1.4103621?reduced=true Gegen alle Widerstände] sueddeutsche.de, vom 24.08.2018, abgerufen am 29.12.2021</ref> Über das laufende Verfahren und die Berichterstattung war auch das Bundeskanzleramt informiert, wie aus einem Schreiben von Januar 2019 hervorgeht, welches im Zusammenhang mit der Absage des von Wirecard angefragten Gesprächstermin mit der Bundeskanzlerin steht. <ref>[https://fragdenstaat.de/dokumente/7576-wirecard-braun-roeller/ Schriftverkehr: Wirecard-Braun-Roeller] fragdenstaat.de, abgerufen am 16.12.2021</ref> 
                
    
                ===Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young===
                
    
                Zunehmende Kritik trifft auch die Wirtschaftsprüfer von [[Ernst & Young]] (EY), da es immer wieder offensichtliche Fälschungen und fehlende Angaben in den Bilanzen von Wirecard gegeben hätte, welche aber von EY nicht ausreichend überprüft worden seien. Hingegen entgegnete EY, man habe „über das übliche Maß hinausgehende Prüfungshandlungen“ zum Drittpartner-Geschäft vorgenommen und aus damaliger Sicht auf die gesicherte Existenz des Geschäfts geschlossen. Dennoch bemängelte der Sonderermittler [[Martin Wambach]] das Vorgehen der Wirtschaftsprüfer. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ey-wirecard-101.html Die Fehlleistungen des Wirtschaftsprüfers EY] tagesschau.de, vom 30.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> Aus dem zunächst geheim gehaltenem und erst später vom ''Handelsblatt'' veröffentlichtem ''„Wambach Bericht“'' geht hervor, dass EY frühzeitig Hinweise auf einen möglichen Betrug identifizierte, diesen aber nicht ausreichend nachgegangen sei. Die Veröffentlichung des Berichts begründete das ''Handelsblatt'' damit, Transparenz in einem der größten deutschen Wirtschaftsskandale für die geschädigten Wirecard-Anleger:innen herstellen und der Öffentlichkeit ihren Anspruch auf Aufklärung gewähren zu wollen. <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/protokoll-des-versagens-das-handelsblatt-veroeffentlicht-den-geheimbericht-zur-arbeit-der-ey-wirtschaftspruefer/27790058.html Das Handelsblatt veröffentlicht den Geheimbericht zur Arbeit der EY-Wirtschaftsprüfer] handelsblatt.com, vom 11.11.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirecard-affaere-holt-ey-ein-brisanter-report-ueber-versaeumnisse-17631833.html Es wird eng für EY] faz.net, vom 12.11.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                Inwiefern EY gerichtlich zur Verantwortung gezogen wird, steht bislang noch aus. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht München Zweifel an der Entscheidung der Vorinstanz geäußert, Schadensersatzklagen von Wirecard-Anleger:innen abzuweisen. Nun soll ein Musterverfahren eröffnet werden, in welchem bislang fehlende Beweisaufnahmen nachgeholt werden. 40.000 Personen haben sich bereits dafür registriert, gegen EY Klage erheben zu wollen. <ref>[https://www.tagesschau.de/inland/banken-123.html Weniger Casino, mehr Kontrolle] tagesschau.de, vom 30.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref>
                
    wirtschaft/finanzen/wirecard-ey-klage-101.html Gerät EY nochmal unter Druck?] tagesschau.de, vom 10.12.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-aufarbeitung-zwischenbilanz-101.html Warten auf die Anklage im Wirecard-Skandal] tagesschau.de, vom 29.12.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
                
    
                ==Zitate==
                
    <blockquote>Florian Toncar (FDP) kritisierte nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals im Finanzausschuss: 
                
                „Leider mauern sowohl das Finanzministerium als auch das Kanzleramt bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals und geben immer nur das zu, was sich nicht mehr geheim halten lässt.“ <ref>[https://www.merkur.de/wirtschaft/wirecard-skandal-jan-marsalek-angela-merkel-china-flucht-moskau-insolvenz-dax-bundesregierung-haftbefehle-scholz-zr-13837760.html Wirecard-Skandal: Drei Haftbefehle erlassen - Festnahmen in München] merkur.de, vom 23.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref></blockquote> 
                
    <blockquote>Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), im Wirecard-Untersuchungsausschuss: 
                
                „Wirecard war auch ein Wirtschaftsprüferskandal. Die Aufsicht unterstand Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Die Finanzaufsicht unterstand dem SPD-Finanzminister Olaf Scholz.“ <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-skandal-untersuchung-ausschuss-101.html Was vom U-Ausschuss übrig bleibt] tagesschau.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref>
                
                „Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Wirecard-Skandal in dieser Form nur passieren konnte, weil man in der Bundesregierung und in den Behörden bis zuletzt mit aller Kraft an das Märchen von aufsteigenden Tech-Unternehmen glauben wollte.“ <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kritik-an-angela-merkel-vor-aussage-zu-wirecard-17300446.html Kritik an Merkel vor Aussage zu Wirecard] faz.net, vom 19.04.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref></blockquote> 
                
    <blockquote>Fabio De Masi (Die Linke), im Wirecard-Untersuchungsausschuss: 
                
                „Alle haben sich von der Wirecard-Story blenden lassen. Das wäre nicht möglich gewesen ohne ein politisches Netzwerk (...), (eine) Armee von Lobbyisten aus dem Umfeld des Kanzleramts und aus Bayern.“ <ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-3ua-bericht-847030 Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses] bundestag.de, abgerufen am 29.12.2021</ref> </blockquote> 
                
    <blockquote>In ihrem Sondervotum betonen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen: 
                
                „Der Wirecard-Skandal ist viel mehr als ein Bilanzskandal. Es geht um den größten Börsen- und Finanzskandal der Nachkriegszeit, der durch kollektives Aufsichtsversagen, (...) sowie ein politisches Netzwerk und die Sehnsucht nach einem digitalen nationalen Champion und dessen Markteintritt in China ermöglicht wurde.“ <ref>ebd.</ref></blockquote>
                
    ==Weiterführende Informationen==
            
            *[https://www.ardmediathek.de/video/dokus-im-ersten/wirecard-die-milliarden-luege/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuL2NlMjQ0OWM4LTQ4YTUtNGIyNC1iMTdlLWNhOTNjMDQ5OTc4Zg/ Wirecard - Die Milliarden Lüge]
                
                *[https://www.youtube.com/watch?v=JoFFBQdAtds Der Fall Wirecard: Von Sehern, Blendern und Verblendeten]
            
            *[https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/wirecard-146.html Gut bezahlte Lobbyisten: Das Beraternetzwerk von Wirecard] 
            
            *[https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Lobbyreport-2021_Beispiellose-Skandale-strengere-Lobbyregeln.pdf Lobbyreport 2021. Beispiellose Skandale - strengere Lobbyregeln: Eine Bilanz von vier Jahren Schwarz-Rot. S. 25-29] 
            
            *[https://www.lobbycontrol.de/2020/07/wirecard-skandal-lobbyismus-im-kanzleramt-muss-transparent-werden/ Wirecard-Skandal: Lobbyismus im Kanzleramt muss transparent werden] 
            
    
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            ==Einzelnachweise==
            <references />
                
                [[Category:Unternehmen]]
                
                [[Category:Lobby-Akteure]]
                
                [[Category:Lobbyismus]]
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    Die '''Wirecard AG''' ist ein deutsches Finanzdienstleistungsunternehmen („Fintech-Konzern“), das sich auf die bargeldlose Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen und Onlinehandel, den elektronischen Zahlungsverkehr mit Kreditkarten sowie im Bereich des Risikomanagements spezialisiert hat und international tätig ist. Das Unternehmen wurde 1999 gegründet und dessen Tochterunternehmen, die [[Wirecard Bank AG]], besitzt seit 2006 eine Banklizenz in Deutschland. Im September 2018 stieg Wirecard in den Deutschen Aktienindex (DAX) auf <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2018-09/deutsche-boerse-commerzbank-dax-wirecard Wirecard löst Commerzbank im Dax ab] zeit.de, vom 06.09.2018, abgerufen am 11.11.2021</ref> und besaß Ende des Jahres einen Börsenwert von 16,4 Milliarden Euro. <ref>[https://de.statista.com/statistik/daten/studie/533840/umfrage/marktkapitalisierung-von-wirecard/ Marktkapitalisierung von Wirecard in den Jahren 2013 bis 2018] de.statista.com, abgerufen am 11.11.2021</ref>  
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    Die '''Wirecard AG''' war bis zur Insolvenz ein international tätiges, deutsches Finanzdienstleistungsunternehmen („FinTech-Konzern“), das sich auf die bargeldlose Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen und Onlinehandel, den elektronischen Zahlungsverkehr mit Kreditkarten sowie im Bereich des Risikomanagements spezialisiert hat. Das Unternehmen wurde 1999 in München gegründet und zählte in der Anfangszeit v.a. Erotik- und Glücksspielanbieter zu seinen wichtigsten Kunden. Später kamen weitere Geschäftspartner wie [[Commerzbank]], [[Mastercard]], [[Apple]], [[Lidl]] sowie diverse Reiseanbieter und Verkehrsunternehmen hinzu. <ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-bilanzskandal-insolvenzantrag-100.html Ein Scherbenhaufen für die Anleger] zdf.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Im September 2018 stieg Wirecard in den Deutschen Aktienindex (DAX) auf <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/boerse/2018-09/deutsche-boerse-commerzbank-dax-wirecard Wirecard löst Commerzbank im Dax ab] zeit.de, vom 06.09.2018, abgerufen am 11.11.2021</ref> und besaß Ende des Jahres einen Börsenwert von 16,4 Milliarden Euro. <ref>[https://de.statista.com/statistik/daten/studie/533840/umfrage/marktkapitalisierung-von-wirecard/ Marktkapitalisierung von Wirecard in den Jahren 2013 bis 2018] de.statista.com, abgerufen am 11.11.2021</ref>  
       
    Ein milliardenschwerer Bilanzskandal und schwerwiegende Täuschungsvorwürfe brachten Wirecard im Juni 2020 in die Schlagzeilen. Wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[Ernst & Young]] mitteilte, gab es keine ausreichenden Prüfungsnachweise für Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/18/wirecard-ag-veroeffentlichungstermin-fuer-jahres-und-konzernabschluss-2019-verschoben-wegen-hinweisen-auf-vorlage-unrichtiger-saldenbestaetigungen/ Wirecard AG: Veröffentlichungstermin für Jahres- und Konzernabschluss 2019 verschoben wegen Hinweisen auf Vorlage unrichtiger Saldenbestätidungen] wirecard.com, vom 18.06.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref> Aufgrund von drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte Wirecard am 25. Juni 2020 einen Insolvenzantrag. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/25/wirecard-ag-antrag-auf-eroeffnung-eines-insolvenzverfahrens/ Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens] wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref> Erst im Zuge des Skandals stellte sich heraus, dass Aktionäre, Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) und Politiker*innen jahrelang getäuscht wurden.  
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    Ein milliardenschwerer Bilanzskandal und schwerwiegende Täuschungsvorwürfe brachten Wirecard im Juni 2020 in die Schlagzeilen. In einer Stellungnahme vom 22. Juni 2020 gibt das Unternehmen bekannt, dass es keine Prüfungsnachweise für Bankguthaben auf philippinischen Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro gibt. <ref>[https://www.rnd.de/wirtschaft/wirecard-gibt-es-die-19-milliarden-euro-uberhaupt-KYTDVZCZLBEIZKYAXRBLODXNUE.html Wirecard: Milliardenguthaben auf Treuhandkonten bestehen wohl nicht] rnd.de, vom 22.06.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref> <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/bilanzskandal-wirecard-vorstand-treuhandkonten-mit-1-9-milliarden-euro-existieren-wahrscheinlich-nicht/25937414.html?ticket=ST-10643420-5dj3WNNBZ2SvLPOtHC3L-cas01.example.org Wirecard-Vorstand: Treuhandkonten mit 1,9 Milliarden Euro existieren wahrscheinlich nicht] handelsblatt.com, vom 22.06.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref> Aufgrund von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, musste Wirecard am 25. Juni 2020 einen Antrag auf Insolvenz stellen. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/25/wirecard-ag-antrag-auf-eroeffnung-eines-insolvenzverfahrens/ Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens] wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref> Der Börsenwert des Unternehmens sank infolgedessen innerhalb von einer Woche um 98 Prozent. <ref>[https://www.rnd.de/wirtschaft/wirecard-absturz-das-sind-die-hochsten-tagesverluste-von-dax-aktien-KWU5YVCF7FJLQEORX2IXQGGMCE.html Wirecard-Absturz: Das sind die höchsten Tagesverluste von Dax-Aktien] rnd.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref>
       
    Zudem ermöglichte ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten dem Unternehmen, Gespräche und Kontakte in Länderministerien, ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herzustellen. Zudem vermittelte ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen SPitzenpolitikern und Beamten, Kontakte und Gespräche in...,
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    Der damalige Vorstandschef von Wirecard, [[Markus Braun]], wurde im Juli 2020 wegen des Verdachtes auf „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ festgenommen, nach seinem früheren Geschäftspartner [[Jan Marsalek]] wird noch immer mit einem internationalen Haftbefehl gesucht. Ihnen wird vorgeworfen in einen milliardenschweren Betrug verwickelt zu sein, bei dem Bilanzen manipuliert und Wirtschaftsprüfer, staatliche Behörden, Politiker:innen und Anteilseigner:innen jahrelang getäuscht wurden. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-markus-braun-bleibt-in-untersuchungshaft-a-d10a9f14-ed7d-4e2e-89d6-405caf3767bc Ex-Wirecard-Chef Braun bleibt in Untersuchungshaft] spiegel.de, vom 15.12.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref> <ref>[https://www.manager-magazin.de/unternehmen/wirecard-ag-staatsanwaltschaft-nimmt-weitere-vorstaende-ins-visier-a-16c96362-25f8-45ec-a933-af714c8d03ef Neuer Verdacht gegen Wirecard-Vorstände] manager-magazin.de, vom 24.08.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref>
       
    Mit einem Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten war es dem Unternehmen möglich, Gespräche und Kontakte ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herzustellen. In der Kritik stand unter anderem ein Treffen des ehemaligen Wirtschafts- und Verteidigungsministers [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] (CSU), bei welchem er bei der Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] (CDU) für Wirecards Expansionspläne nach China lobbyierte. <ref>[https://www.youtube.com/watch?v=_goo1AF6usg Wirecard Skandal: Die Wahrheit über den Absturz |frontal] ZDFheute Nachrichten, youtube.com, vom 23.09.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref>
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    Über mehrere Jahre stützte sich Wirecard zudem auf ein Lobbynetzwerk aus ehemaligen Spitzenpolitikern und Beamten, mit dem sich Gespräche und Kontakte u.a. ins Finanzministerium und ins Bundeskanzleramt herstellen ließen. Mittels dieser Einflussstrategien setzte sich Wirecard v.a. für die Deregulierung von illegalem Online-Glücksspiel, das Leerverkaufsverbot von fallenden Aktienkursen und für den Markteintritt in China ein. <ref>[https://www.youtube.com/watch?v=_goo1AF6usg Wirecard Skandal: Die Wahrheit über den Absturz |frontal] ZDFheute Nachrichten, youtube.com, vom 23.09.2020, abgerufen am 11.11.2021</ref>
       
    ==Lobbystrategien und Einfluss==  
    +
    ==Das Lobbynetzwerk von Wirecard==
      +
    Neben der Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]], der PR-Agentur [[Edelman]], den Beratungsfirmen [[Spitzberg Partners]] und [[Von Beust & Coll.]] waren auch ehemalige Spitzenpolitiker, Beamte und Medienvertreter als Lobbyisten und Berater für Wirecard tätig, darunter:
       
    ===Lobbyarbeit für die Deregulierung von Online-Glücksspielen===
    +
    * [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] ([[CSU]]), ehemaliger Wirtschafts- und Verteidigungsminister und Gründer von [[Spitzberg Partners]]. Im Auftrag von Wirecard arbeitete er eng mit seinem Geschäftspartner [[Ulf Gartzke]] zusammen
      +
    * [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]), ehemaliger Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Beauftragter für die Nachrichtendienste des Bundes
      +
    * [[Ole von Beust]] ([[CDU]]), ehemaliger Bürgermeister von Hamburg und Gründer von [[Von Beust & Coll.]]
      +
    * [[Peter Harry Carstensen]] ([[CDU]]), ehemaliger Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
      +
    * [[Waldemar Kindler]], ehemaliger Landespolizeipräsident von Bayern
      +
    * [[Kai Diekmann]], ehemaliger Chefredakteur der ''BILD''-Zeitung
       
    Wirecard hatte sich jahrelang für eine weniger strikte Regulierung von Glücksspielen in Deutschland eingesetzt. Im Zusammenhang damit stehen mehrere Treffen zwischen der Vorstandsebene des Konzerns und Politikern. Nach Recherchen von ''NDR'', ''WDR'' und ''Süddeutscher Zeitung'', sei der Kontakt zwischen Wirecard und dem ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, [[Peter Harry Carstensen]] (CDU), erstmals im Februar 2014 durch die Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]] zustande gekommen. Der Rechtsanwalt [[Wulf Hambach]], welcher seit längerem als Berater für Wirecard tätig war, habe Carstensen bei Wirecard ins Gespräch gebracht. Carstensen bestätigte ein Treffen mit Hambach, dem Vorstandschef von Wirecard [[Burkhard Ley]] und dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten [[Volker Bouffier]] (CDU). In Hessen habe man eine Öffnung des Glücksspielmarktes und einen milderen Umgang mit illegalen Anbietern gefordert. Wirecard habe zudem geplant, zentrale Aufgaben bei der Zahlungsabwicklung von Online-Glücksspielen zu übernehmen. In einer Mail an Vorstandschef Ley schrieb Hambach zudem, dass Carstensen den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, [[Winfried Kretschmann]] (Bündnis 90/Die Grünen), „sehr gut“ kenne. Die Lottogesellschaften in Baden-Württemberg unterstützen die Blockade von Zahlungsdienstleistern illegaler Online-Casinos, weshalb Hambach ein Treffen mit Kretschmann als „lohnend“ bezeichnete. Ob es zu dem Treffen kam, ist jedoch nicht bekannt. <ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/investigation/Nord-Politiker-lobbyierten-fuer-Skandalbank,gluecksspiel340.html Nord-Politiker lobbyierten für Wirecard] ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 11.11.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-gluecksspiel-lobbyarbeit-101.html Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour] tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 11.11.2021</ref>
    +
    Die unten abgebildete Grafik gibt einen Überblick über das Lobbynetzwerk von Wirecard. Weiter unten finden sich detailliertere Informationen zu den Ereignissen im Wirecard-Skandal in chronologischer Reihenfolge.  
       
    Carstensen vermittelte zudem den Kontakt zu dem damaligen EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, [[Günther Oettinger]] (CDU). In einer Mail an Oettinger gab Carstensen die Handynummer von Wirecard-Vorstandschef Ley weiter. Das Treffen mit Ley, Hambach und Oettinger fand 2015 statt. Oettinger gab an, sich an den Inhalt und weitere Teilnehmer des Treffens nicht erinnern zu können. <ref>[ebd.]</ref>
    +
    [[Datei:grafik-wirecard-lobbyreport-1200x1200-210916-web.jpg|zentriert|mini|1000x1000px]]
       
    Weiterhin berichtete Carstensen über ein Treffen mit Ley und dem damaligen Bürgermeister von Hamburg, [[Olaf Scholz]] (SPD). Anlass dessen sei ein Gespräch über Suchtprävention im Glücksspiel gewesen. Weder Ley noch Scholz äußerten sich zu dem Treffen. Carstensen hingegen bestritt, von Wirecard oder der Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]] bezahlt worden zu sein. Er sei nie als Lobbyist für Wirecard tätig gewesen, so Carstensen. <ref>[ebd.]</ref>
    +
    Quelle: <ref>[https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Lobbyreport-2021_Beispiellose-Skandale-strengere-Lobbyregeln.pdf Lobbyreport 2021. Beispiellose Skandale - strengere Lobbyregeln: Eine Bilanz von vier Jahren Schwarz-Rot, S. 25] lobbycontrol.de, abgerufen am 16.12.2021</ref>  
       
    Auch die Beratungsagentur [[Von Beust & Coll.]] des ehemaligen Bürgermeisters von Hamburg, [[Ole von Beust]], arbeitete jahrelang mit Wirecard zusammen. Im November 2019 wurde der Beratungsvertrag zuletzt erneuert. [[Von Beust & Coll.] hatte Wirecard angeboten, „zurückhaltend und gezielt“ Kontakte anzubahnen und „Politiker zu identifizieren“, die für die Belange deutscher Banken beim Thema Online-Glücksspiel „aufgeschlossen und aktivierbar“ seien. Von Beust arbeitete zuvor auch für den Deutschen Toto-Lotto-Block. <ref>[ebd.]</ref> <ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/investigation/Nord-Politiker-lobbyierten-fuer-Skandalbank,gluecksspiel340.html Nord-Politiker lobbyierten für Wirecard] ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 11.11.2021</ref>
    +
    ==Wirecard-Skandal: Eine chronologische Übersicht der Ereignisse==
       
    ===Lobbyismus im Kanzleramt: Wirecards Expansionspläne nach China===
    +
    *'''Februar 2014:'''
       
    ===Wirecards „Aktionsplan Leerverkäufe“===
    +
    '''Peter Harry Carstensen (CDU) vermittelt Gespräche für Wirecard'''
    Die PR-Agentur [[Edelman]] beriet Wirecard in Kommunikationsfragen und schlug dem Wirecard-Management im März 2020 einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ vor. Hintergrund dessen war, dass Börsenspekulanten seit längerem öffentlich auf Bilanzfehler von Wirecard hingewiesen hatten. Dies befeuerte Wetten auf fallende Kurse von Wirecard, sogenannte Leerverkäufe, die im Sinne des Unternehmens verboten werden sollten, weil damit das Misstrauen in Wirecard gewachsen wäre. Schon 2019 hatte ein befristetes Verbot von Leerverkäufen dem Unternehmen kurzzeitig geholfen. <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-dan-mccrum-1.5193416?reduced=true Der Mann, der Wirecard jagte] sueddeutsche.de, vom 02.02.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> Der Aktionsplan enthielt unter anderem den Vorschlag, dass [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] (CSU), welcher selbst für [[Edelman]] tätig war, einen Gastbeitrag in der ''FAZ'' oder der ''Welt'' zu diesem Thema schreiben könne. Kurz darauf erschien unter dem Titel „Ein Virus namens Leerverkäufe“ ein [https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/corona-am-markt-ein-virus-namens-leerverkaeufe-16696027.html Gastkommentar von Guttenberg in der FAZ] , welcher eindeutige Ähnlichkeiten mit der Argumentationslinie des vorgeschlagenen Aktionsplans aufwies. <ref>[https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/guttenberg-wirecard-101.html Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit] tagesschau.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> Guttenberg bestritt dennoch, den Artikel im Auftrag von Wirecard verfasst zu haben. Ausgangspunkt des Artikel sei seine Sorge gewesen, „dass über Leerverkäufe deutsche Unternehmen plötzlich zu Übernahmezielen und Übernahmekandidaten werden könnten“. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 514] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
     
       
    Über die Agentur [[Edelman]] wurde auch der ehemalige Chefredakteur der ''BILD'', [[Kai Diekmann]], für Wirecard tätig. In der Mail von [[Rüdiger Assion]], dem Managing Director von [[Edelmann]], in welcher er Wirecard gegenüber den „Aktionsplan Leerverkäufe“ vorschlägt, wird Diekmann ebenfalls als Kontakt aufgeführt. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-karl-theodor-zu-guttenberg-soll-untersuchungsausschuss-belogen-haben-a-6f3f7a4a-0200-4ba7-98d8-2f583464f73a Hat Guttenberg den Wirecard-Ausschuss belogen?] spiegel.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> In einer anderen Mail bekundet Diekmann dem Firmenchef [[Markus Braun]] sein Engagement für Wirecard: „wann immer Sie etwas auf dem Herzen haben sollten, bin ich jederzeit verfügbar“. Wie sich später herausstellte, kontaktierte Diekmann zwei Staatssekretäre im Finanzministerium, um sich für ein Verbot von Leerverkäufen einzusetzen. <ref>[https://www.deutschlandfunk.de/wirecard-untersuchungsausschuss-welche-rolle-hatte-kai-100.html Wirecard-Untersuchungsauschuss / Welche Rolle hatte Kai Diekmann im Finanzskandal?] deutschlandfunk.de, vom 11.02.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-lobbyismus-geldwaescheverdacht-101.html Ein "Honigtopf" für Ehemalige] tagesschau.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    Die Anwaltskanzlei [[Hambach & Hambach]] bringt den ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, [[Peter Harry Carstensen]] ([[CDU]]), bei Wirecard als Lobbyist ins Gespräch. Der damalige Wirecard-Vorstand [[Burkhard Ley]] und Carstensen besuchen daraufhin den hessischen Ministerpräsidenten [[Volker Bouffier]] ([[CDU]]), um über den Umgang mit illegalem Online-Glücksspiel zu sprechen. Einige Zeit später vermittelt Carstensen auch den Kontakt zum damaligen Digital-Kommissar der EU, [[Günther Oettinger]] ([[CDU]]), indem er dessen Handynummer an Ley weiterleitet. Später stellte sich heraus, dass Carstensen auch an einem Gespräch mit Ley und dem damaligen Bürgermeister von Hamburg, [[Olaf Scholz]] ([[SPD]]) teilgenommen hat, bei dem es um die Suchtprävention im Glücksspiel ging. Ein Treffen mit dem Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, [[Winfried Kretschmann]] ([[Bündnis 90/Die Grünen]]), wurde als „lohnend“ bezeichnet, ob es dazu kam ist allerdings nicht bekannt. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-gluecksspiel-lobbyarbeit-101.html Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour] tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.ndr.de/nachrichten/investigation/Nord-Politiker-lobbyierten-fuer-Skandalbank,gluecksspiel340.html Nord-Politiker lobbyiert für Wirecard] ndr.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    *'''2016:'''
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    '''Waldemar Kindler stellt den Kontakt zu Spitzberg Partners her'''
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    Anfang 2016 stellt der ehemalige bayerische Polizeipräsident [[Waldemar Kindler]] den Kontakt zur Beratungsagentur [[Spitzberg Partners]] her. Die Agentur berät Wirecard von Juni 2016 bis Juni 2020, zunächst in der Kontaktvermittlung mit Industrie- und Übernahmepartnern in Nordamerika, später auch für Wirecards geplanten Markteintritt in China. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/wirecard-polizeipraesident-lobby-101.html Ex-Polizeipräsident als Türöffner?] tagesschau.de, vom 27.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> Schon seit 2015 war Kindler für Wirecard tätig, er stellte u.a. den Kontakt zu bayerischen Behörden her und nutzte seine Kontakte, um im Auftrag von Wirecard Aufenthaltsgenehmigungen in Indien und China zu organisieren. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1592] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    *'''Oktober 2018 bis Anfang 2019:'''
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    '''Spitzberg Partners vermittelt Gespräche mit der Deutschen Botschaft'''
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    Im Oktober 2018 vermittelt [[Spitzberg Partners]] ein Treffen für Wirecard mit Vertretern der Deutschen Botschaft in Peking. Einen Monat später nehmen die Wirecard-Manager [[Burkhard Ley]] und [[Georg von Waldenfels]] als Teil der Delegation an der Chinareise von Bundesaußenminister [[Heiko Maas]] ([[SPD]]) teil. Darauffolgend fanden weitere Treffen mit Vertretern von Wirecard, Beratern von [[Spitzberg Partners]] und Mitarbeitern der Deutschen Botschaft statt. Beim Deutsch-Chinesischen Finanzdialog in Peking, an dem der damalige Bundesfinanzminister [[Olaf Scholz]] ([[SPD]]) teilnahm, habe zudem eine Flankierung bezüglich Wirecards Anliegen zum Eintritt in den chinesischen Markt stattgefunden. <ref>ebd. S. 517 ff., 522 f., 1595 f.</ref> <ref>[https://www.abgeordnetenwatch.de/blog/lobbyismus/guttenberg-lobbyierte-auch-bei-deutschem-botschafter-in-peking Guttenberg lobbyierte auch bei deutschem Botschafter in Peking] abgeordnetenwatch.de, vom 11.09.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    '''Wirecard kontaktiert das Bundeskanzleramt für einen Termin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel'''
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    Im November 2018 nimmt die Staatsministerin im Kanzleramt, [[Dorothee Bär]] ([[CSU]]), an einer Betriebsbesichtigung bei Wirecard teil und trifft dort u.a. den Wirecard-Chef [[Markus Braun]]. Kurz darauf kontaktiert Wirecard das Bundeskanzleramt für einen Gesprächstermin zwischen der damaligen Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] ([[CDU]]), ihrem Chef im Bundeskanzleramt und Braun. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1593] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-ausschuss-am-20-april-2021-als-markus-braun-gerne-mal-die-kanzlerin-treffen-wollte/27356020.html Als Markus Braun gerne mal die Kanzlerin treffen wollte] wiwo.de, vom 25.06.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://fragdenstaat.de/dokumente/7576-wirecard-braun-roeller/ Schriftverkehr: Wirecard-Braun-Roeller] fragdenstaat.de, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    *'''Januar 2019:'''
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    '''Die Antwort vom Bundeskanzleramt'''
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    Aufgrund interner Bedenken wird in einer Vorlage des Bundeskanzleramts von einem Treffen zwischen Bundeskanzlerin Merkel und dem Wirecard-Chef Braun abgeraten. Merkels Leiter im Bundeskanzleramt für die Wirtschafts- und Finanzabteilung, [[Lars-Hendrik Röller]], stellt sich stattdessen für das Treffen mit Braun zur Verfügung. Braun hingegen sagt das Gespräch mit Röller ab. <ref>ebd.</ref>
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    *'''Februar 2019:'''
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    '''Das Bundesfinanzministerium wird über Ermittlungen informiert'''
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    Das Bundesfinanzministerium wird darüber informiert, dass die [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin) den Fall Wirecard aufgrund eines Verdachts des Verstoßes gegen das Verbot der Marktmanipulation untersucht. <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-medienbericht-kanzleramt-war-fruehzeitig-ueber-wirecard-informiert/26023632.html Medienbericht: Kanzleramt war frühzeitig über Wirecard informiert] wiwo.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesspiegel.de/politik/olaf-scholz-und-der-wirecard-skandal-frueh-unterrichtet-aber-lange-nichts-gewusst/26015270.html Früh unterrichtet, aber lange nichts gewusst?] tagesspiegel.de, vom 17.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Allerdings gab Wirecard gegenüber der Staatsanwaltschaft vor, von der Nachrichtenagentur [[Bloomberg]] erpresst zu werden. Den Ausführungen zufolge wolle diese in die „negative Berichterstattung über Wirecard“ einsteigen. Denn zuvor hatte bereits die ''Financial Times'' über Unstimmigkeiten bei Wirecard berichtet. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen den Journalisten der FT ein, kurze Zeit später erstattete auch die BaFin Anzeige gegen ihn und verhängte ein zweimonatiges Verbot von Leerverkäufen für Wirecard-Aktien. <ref>[https://www.businessinsider.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-wie-das-unternehmen-mit-einer-inszenierten-erpressung-die-staatsanwaltschaft-muenchen-auf-seine-seite-brachte/ Wirecard: Wie das Unternehmen mit einer inszenierten Erpressung die Staatsanwaltschaft München auf seine Seite brachte] businessinsider.de, vom 12.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/leerverkaufsverbot-bei-wirecard-bafin-statuiert-exempel-16047276.html Die Bafin statuiert im Fall Wirecard ein Exempel] faz.net, vom 18.02.2019, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    *'''Juni 2019:'''
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    '''Kontaktvermittlung zwischen Spitzberg Partners und dem Bundesfinanzministerium'''
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    Der damalige Finanzstaatssekretär [[Wolfgang Schmidt]] ([[SPD]]) wendet sich an seinen chinesischen Amtskollegen, um über das Interesse von Wirecard am Markteintritt in China zu berichten. Zuvor hatte [[Ulf Gartzke]] von [[Spitzberg Partners]] das Finanzministerium über Wirecards Interesse in Kenntnis gesetzt und um Weitergabe der Informationen an die chinesische Regierung gebeten. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-was-wusste-olaf-scholz-a-00000000-0002-0001-0000-000172178893 Der Mann, der vieles wusste] spiegel.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 521 f., 1596] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    *'''August 2019:'''
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    '''Das Bundeskanzleramt wird über Vorwürfe gegen Wirecard informiert'''
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    Das Bundesfinanzministerium leitet die bereits öffentlich bekannten Vorwürfe gegen Wirecard, sowie weitere Informationen über die Ermittlungen der Finanzaufsicht, an das Bundeskanzleramt weiter. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-finanzministerium-informierte-kanzleramt-ueber-ermittlungen-gegen-dax-konzern-a-a61923a8-d619-4f4f-b6ed-3b4bba32e72d Finanzministerium informierte Kanzleramt über Ermittlungen gegen Wirecard] spiegel.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-skandal-medienbericht-kanzleramt-war-fruehzeitig-ueber-wirecard-informiert/26023632.html Medienbericht: Kanzleramt war frühzeitig über Wirecard informiert] wiwo.de, vom 21.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    '''Klaus-Dieter Fritsche (CSU) lobbyiert im Bundeskanzleramt'''
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    Der ehemalige Staatssekretär im Bundeskanzleramt und BND-Beauftragter, [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]), wendet sich an das Bundeskanzleramt, um ein Gespräch zwischen dem Wirtschafts- und Finanzabteilungsleiter [[Lars-Hendrik Röller]] und Wirecard zu vermitteln. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-und-klaus-dieter-fritsche-kanzleramt-muss-weitere-kontakte-einraeumen-a-4fe5ce20-e882-4b6c-adad-547dd4af10d9 Auch Ex-Geheimdienstbeauftragter Fritsche lobbyierte im Kanzleramt] spiegel.de, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Wirecard-und-der-ex-Geheimdienstkoordinator,fritsche122.html Wirecard und der Ex-Geheimdienstkoordinator] daserste.ndr.de, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref><ref>[https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/leichtgewicht-fritsche-verteidigt-lobbyarbeit-fuer-wirecard,SUehuDj "Leichtgewicht" Fritsche verteidigt Lobbyarbeit für Wirecard] br.de, vom 15.04.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> Fritsche war seit Ende Juli 2019 als Berater für Wirecard tätig, nachdem der ehemalige Landespolizeipräsident [[Waldemar Kindler]] ihn bei Wirecard ins Gespräch brachte. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 556, 565, 1594] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    *'''September 2019:'''
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    '''Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wirbt für Wirecards Expansionspläne nach China'''
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    Der ehemalige Wirtschafts- und Verteidigungsminister [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] ([[CSU]]) trifft sich am 3. September 2019 mit Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] ([[CDU]]), um für Wirecards Expansionspläne nach China zu lobbyieren. Nach dem Treffen gibt Guttenberg zusätzliche Gesprächsinformationen über Wirecards Pläne an ihren Wirtschaftsberater, [[Lars-Hendrik Röller]] weiter. Es handelte sich dabei um Gesprächsinformationen über Wirecards geplante Übernahme des chinesischen Finanzunternehmens [[AllScore Payment Services]]. Wenige Tage später konstatiert Röller gegenüber Guttenberg, dass das Thema beim Besuch der Kanzlerin in China zur Sprache gekommen sei und sicherte weitere Flankierung zu. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 506 f., 528] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-kanzleramt-setzte-sich-fuer-finanzdienstleister-ein-a-e5b50a9f-128d-4bda-b7d5-907e2fea9f7c Kanzleramt setzte sich für Wirecard ein] spiegel.de, vom 17.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-karl-theodor-zu-guttenbergs-firma-machte-lobbyarbeit-bei-der-bundesregierung-a-572b02d7-d3a4-4388-90e6-2779af9e478c Guttenberg setzte sich bei der Bundesregierung für Wirecard ein] spiegel.de, vom 15.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://fragdenstaat.de/blog/2020/10/09/wirecard-merkel-guttenberg-china-lobbyismus/ Guttenbergs kurzer Draht zu Merkel: So hofierte das Kanzleramt Wirecard] fragdenstaat.de, vom 09.10.2020, abgerufen am 03.01.2022</ref>
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    Am 11. September 2019 kommt es zudem zu einem Treffen im Bundeskanzleramt mit Röller, dem damaligen Wirecard-Finanzvorstand [[Alexander von Knoop]], Wirecards Strategischem Berater [[Burkhard Ley]] und dem ehemaligem BND-Beauftragtem [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]), welcher das Gespräch zuvor vermittelt hatte. <ref>[https://www.reuters.com/article/deutschland-wirecard-kanzleramt-idDEKCN24N1AJ Auch Ex-Geheimdienstkoordinator Fritsche warb für Wirecard] reuters.com, vom 22.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 532] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    *'''November 2019:'''
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    '''Wirecard verkündet Markteintritt in China'''
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    Im November 2019 verkündet Wirecard die Übernahme des chinesischen Unternehmens [[AllScore Payment Services]], <ref>[https://www.manager-magazin.de/lifestyle/artikel/wirecard-aktie-steigt-uebernahme-von-allscore-payment-services-in-china-a-1294987.html Wirecard kauft in China ein] manager-magazin.de, vom 05.11.2019, abgerufen am 16.12.2021</ref> das zuvor in illegale Aktivitäten in der Glücksspielbranche verwickelt war. Am selben Tag findet auch ein persönliches Gespräch zwischen dem damaligen Finanzstaatssekretär [[Jörg Kukies]] ([[SPD]]) und dem Wirecard-Chef [[Markus Braun]] an dessen 50. Geburtstag statt. <ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/wirecard-karl-theodor-zu-guttenbergs-firma-machte-lobbyarbeit-bei-der-bundesregierung-a-572b02d7-d3a4-4388-90e6-2779af9e478c Guttenberg setzte sich bei der Bundesregierung für Wirecard ein] spiegel.de, vom 15.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-untersuchungsausschuss-kukies-1.5270214 Er soll die Angriffe auf Olaf Scholz abwehren] sueddeutsche.de, vom 21.04.2021, abgerufen am 10.01.2021</ref> Ein paar Tage vorher bat Kukies´zuständiger Referent um eine Gesprächsvorbereitung für das Treffen. Das Thema sollte insbesondere die laufende Prüfung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[KPMG]] und in dem Zusammenhang auch die Kurs- und Marktmanipulation bei Wirecard sein. <ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-untersuchungsausschuss-kukies-braun-100.html Wirecard-Affäre: Eine Mail wirft Fragen auf] zdf.de, vom 18.11.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanz-skandal-vertrauliches-mit-dem-wirecard-chef-1.4964352 Vertrauliches mit dem Wirecard-Chef] sueddeutsche.de, vom 12.07.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    '''Von Beust & Coll. soll gezielt Kontakte herstellen'''
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    Die Beratungsfirma [[Von Beust & Coll.]] des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters [[Ole von Beust]] ([[CDU]]) verlängert ihren seit Juni 2018 bestehenden Beratungsvertrag mit Wirecard und soll für das Unternehmen Kontakte „zurückhaltend und gezielt“ herstellen, insbesondere bei Politikern, die beim Thema Online-Glücksspiel „aufgeschlossen und aktivierbar“ seien. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-gluecksspiel-lobbyarbeit-101.html Wirecard schickte Politiker auf Lobby-Tour] tagesschau.de, vom 28.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/auch-ole-von-beust-arbeitete-fuer-wirecard-a-2deb52e6-5fea-4e66-9e70-f0ffa36a6114 Auch Ole von Beust arbeitete für Wirecard] spiegel.de, vom 13.08.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    *'''Januar 2020:'''
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    '''Kontaktvermittlungen im Bundeskanzleramt'''
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    Der wirtschaftspolitische Berater im Bundeskanzleramt, [[Lars-Hendrik Röller]], vermittelt über den Wirecard-Berater [[Klaus-Dieter Fritsche]] ([[CSU]]) den Kontakt zu einem chinesischen Unternehmen. Dieses hatte sich beim Kanzleramt nach dem Kontakt zum Wirecard-Chef [[Markus Braun]] erkundigt. Fragen wirft in diesem Zusammenhang eine E-Mail von Wirecard an Röller auf, in welcher Röllers Ehefrau als „Schnittstelle“ für den Kontakt zu dem Unternehmen bezeichnet wird. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1594] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-untersuchungsausschuss-hat-merkels-wirtschaftsberater-im-untersuchungsausschuss-die-wahrheit-gesagt/26855872.html Hat Merkels Wirtschaftsberater im Untersuchungsausschuss die Wahrheit gesagt?] wiwo.de, vom 27.01.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    *'''März 2020:'''
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    '''Von Beust & Coll. kontaktiert das Bundeskanzleramt '''
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    Die Agentur [[Von Beust & Coll.]] wendet sich in einem Schreiben an den Finanzabteilungsleiter im Kanzleramt und bittet u.a. um Informationen für ein Begleitprogramm für Unternehmen für den EU-China-Gipfel. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/auch-ole-von-beust-arbeitete-fuer-wirecard-a-2deb52e6-5fea-4e66-9e70-f0ffa36a6114 Auch Ole von Beust arbeitete für Wirecard] spiegel.de, vom 13.08.2020, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.bundestag.de/presse/hib/816972-816972 Von Beust schrieb Briefe im Auftrag von Wirecard] bundestag.de, vom 13.01.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref>
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    '''Wirecards „Aktionsplan Leerverkäufe“'''
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    Die PR-Agentur [[Edelman]] erstellt einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ für Wirecard, in den auch der ehemalige Chefredakteur der ''BILD''-Zeitung, [[Kai Diekmann]] und Guttenberg, der einen Beiratssitz bei [[Edelman]] hat <ref>[https://www.edelman.com/news-awards/edelman-taps-distinguished-global-leaders-new-advisory-board Edelman taps distinguished global leaders for new advisory board] edelman.com, vom 02.05.2018, abgerufen am 16.12.2021</ref>, eingespannt werden. Ziel dessen war es, bei Ansprechpartnern in Politik, Medien und der Börse, für ein Leerverkaufsverbot von Aktien zu werben. Wenig später veröffentlicht Guttenberg einen [https://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzmarkt/corona-am-markt-ein-virus-namens-leerverkaeufe-16696027.html Gastkommentar] in der ''FAZ'', welcher deutliche Ähnlichkeiten mit dem Argumentationspapier von [[Edelman]] aufweist, dessen Zusammenhang mit der Beratertätigkeit für Wirecard jedoch von Guttenberg bestritten wurde. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-karl-theodor-zu-guttenberg-soll-untersuchungsausschuss-belogen-haben-a-6f3f7a4a-0200-4ba7-98d8-2f583464f73a Hat Guttenberg den Wirecard-Ausschuss belogen?] spiegel.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.capital.de/wirtschaft-politik/wie-ein-heer-von-beratern-wirecard-unterstuetzte Wie ein Heer von Beratern Wirecard unterstützte] capital.de, vom 09.02.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.capital.de/wirtschaft-politik/pr-rat-ruegt-guttenberg-fuer-wirecard-lobbyarbeit PR-Rat rügt Guttenberg für Wirecard-Lobbyarbeit] capital.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/guttenberg-wirecard-101.html Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit] tagesschau.de, vom 12.01.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    Mit dem Ziel, Leerverkäufe zu verbieten, kontaktierte Diekmann zwei Staatssekretäre im Finanzministerium. Dabei stand er ebenfalls im Austausch mit Wirecard-Chef Braun. <ref>[https://www.deutschlandfunk.de/wirecard-untersuchungsausschuss-welche-rolle-hatte-kai-100.html Wirecard-Untersuchungsauschuss / Welche Rolle hatte Kai Diekmann im Finanzskandal?] deutschlandfunk.de, vom 11.02.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-lobbyismus-geldwaescheverdacht-101.html Ein "Honigtopf" für Ehemalige] tagesschau.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    *'''April 2020:'''
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    '''Der Abschlussbericht von KPMG zur Sonderprüfung bei Wirecard'''
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    Ende April 2020 veröffentlicht die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [[KPMG]] ihren [https://www.wirecard.com/uploads/Bericht_Sonderpruefung_KPMG.pdf Sonderbericht]. Die Prüfung war von Wirecard im Oktober 2019 in Auftrag gegeben worden, um die durch die Presse bekannt gewordenen Vorwürfe und Missstände in der Buchhaltung aufzuklären. Der Bericht lieferte zwar keine Belege für den gravierenden Vorwurf der Bilanzfälschung bei Wirecard <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/nach-kpmg-sonderpruefung-keine-umfassende-absolution-anlegerschuetzer-und-analysten-kritisieren-wirecard/25783830.html "Keine umfassende Absolution": Anlegerschützer und Analysten kritisieren Wirecard] handelsblatt.com, vom 28.04.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>, stellte aber dennoch Unregelmäßigkeiten und Unklarheiten heraus, welche die Zusammenarbeit von Wirecard mit Drittpartnern betreffen. [[KPMG]] verweist darin v.a. auf die mangelhafte interne Kontrolle bei der Dokumentation von Daten sowie auf die unzureichende Belegung erzielter Umsätze. Während Investoren Wirecard indes einen Mangel an Transparenz unterstellten, hatte der Konzern den Verdacht gefälschter Kundenbeziehungen und manipulierter Umsätze stets als „irreführend“ und „falsch“ bezeichnet und Aufklärung zugesichert. Wirecard musste jedoch die Veröffentlichung des Jahresabschlusses zum zweiten Mal verschieben, da in der Untersuchung durch [[KPMG]] „die Existenz der Transaktionsvolumina im Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018“ nicht hinreichend nachzuvollziehen wären. <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-kpmg-bericht-1.4891170 Sonderprüfer können wichtige Fragen nicht klären] sueddeutsche.de, vom 28.04.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    *'''Mai 2020:'''
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    '''Gespräch zwischen Wirecard und Merkels Wirtschaftsberater'''
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    Wirecard erkundigt sich nach einem Gespräch mit Merkels Wirtschaftsberater [[Lars-Hendrik Röller]]. In der Gesprächsunterlage des Bundeskanzleramts erhält Röller den Hinweis, das Gespräch für Wirecards Planungen zur Behebung der Missstände und den im Raum stehenden Vorwürfen der Bilanzfälschung, nutzen zu können. Bei dem Telefonat zwischen Röller und Wirecard-Chef [[Markus Braun]] weist Letzterer die erhobenen Vorwürfe jedoch zurück und sichert vollständige Aufklärung zu. <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1599 f.] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    *'''Juni 2020:'''
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    '''Wirecard meldet Insolvenz an'''
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    Am 18. Juni 2020 meldet das Wirtschaftsprüfungsunternehmen [[Ernst & Young]], dass es unzureichende Prüfungsnachweise von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro bei Wirecard gebe. <ref>[https://www.wirecard.com/de/2020/06/18/wirecard-ag-veroeffentlichungstermin-fuer-jahres-und-konzernabschluss-2019-verschoben-wegen-hinweisen-auf-vorlage-unrichtiger-saldenbestaetigungen/ Wirecard AG: Veröffentlichungstermin für Jahres- und Konzernabschluss 2019 verschoben wegen Hinweisen auf Vorlage unrichtiger Saldenbestätigungen] wirecard.com, vom 18.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Infolgedessen musste Wirecard die Veröffentlichung seines Jahresabschlusses für 2019 erneut verschieben und gab schließlich am 22. Juni 2020 in einer [https://www.wirecard.com/de/2020/06/22/wirecard-ag-stellungnahme-des-vorstands-zur-aktuellen-lage-des-unternehmens/ Mitteilung] bekannt, dass die Summe von 1,9 Milliarden Euro „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ nicht bestehe. Die Zertifikate, denen zufolge das Geld auf philippinischen Bankkonten hätte liegen sollen, wurden von den dortigen Geldhäusern als „plumpe Fälschungen“ bezeichnet. <ref>[https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-bilanzskandal-insolvenzantrag-100.html Ein Scherbenhaufen für die Anleger] zdf.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Nach Verlautbarungen von Investoren trat Wirecard-Chef [[Markus Braun]] mit sofortiger Wirkung zurück, sein Vorstandskollege [[Jan Marsalek]] wurde vom Aufsichtsrat gekündigt. Die Staatsanwaltschaft München leitete zudem ihre Ermittlungen gegen die Vorstandsebene des Konzerns ein, da sie beschuldigt wird, den Markt über eine Sonderprüfung durch [[KPMG]] nicht korrekt informiert zu haben. <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/unternehmen/2020-06/dax-konzern-wirecard-chef-markus-braun-tritt-zurueck Wirecard-Chef Markus Braun tritt zurück] zeit.de, vom 19.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    Aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung stellte Wirecard am 25. Juni 2020 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. <ref>[https://www.wirecard.com/de/tag/insolvenz/ Wirecard AG: Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens] wirecard.com, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Im Zuge des Bilanzskandals und dem gefolgtem Insolvenzantrag, stürzte der Börsenkurs innerhalb von 10 Tagen von über 100 Euro auf weniger als drei Euro pro Aktie ab. <ref>[https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wirecard-stellt-insolvenzantrag-im-schlimmsten-fall-droht-anlegern-der-totalverlust/25949242.html Im schlimmsten Fall droht Anlegern der Totalverlust] tagesspiegel.de, vom 25.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    *'''Juli 2020:'''
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    '''Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München'''
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    Der frühere Vorstandschef Braun sitzt seit dem 22. Juli 2020 in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft München wirft ihm und weiteren Führungskräften von Wirecard vor, gewerbsmäßigen Betrug, Veruntreuung von Konzerngeldern, Bilanzfälschung und Manipulation des Aktienkurses betrieben zu haben. Braun verteidigt sich gegen die Vorwürfe und verweist auf eine Schattenstruktur, in die sein Unternehmenspartner [[Jan Marsalek]] verwickelt war, mit welcher Milliardenerlöse aus Drittpartnergeschäften für andere Zwecke abgezweigt worden seien und von der er hintergangen worden sei. Marsalek ist seit Bekanntwerden des Skandals auf der Flucht, nach ihm wird noch immer mit einem internationalen Haftbefehl gefahndet. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/wirecard-milliarden-101.html Gab es die 1,9 Milliarden Euro doch?] tagesschau.de, vom 21.11.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-chef-braun-haft-101.html Markus Braun bleibt hinter Gittern] tagesschau.de, vom 15.12.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    '''Forderung nach einem Wirecard-Untersuchungsausschuss'''
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    Nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals warfen Oppositionspolitiker der Bundesregierung vor, das Parlament und die Öffentlichkeit nicht genügend informiert zu haben. <ref>[https://www.merkur.de/wirtschaft/wirecard-skandal-jan-marsalek-angela-merkel-china-flucht-moskau-insolvenz-dax-bundesregierung-haftbefehle-scholz-zr-13837760.html Wirecard-Skandal: Drei Haftbefehle erlassen - Festnahmen in München] merkur.de, vom 23.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Der finanzpolitische Sprecher der [[FDP]], [[Florian Toncar]], kritisierte die Bundesregierung dafür, trotz schwerster Vorwürfe und laufenden Ermittlungen hinter Wirecard gestanden zu haben. Indessen wurde die Forderung aus der Opposition nach einem Untersuchungsausschuss für den Fall Wirecard stärker. <ref>[https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/bilanzskandal-opposition-droht-mit-wirecard-untersuchungsausschuss/26016520.html Opposition droht mit Wirecard-Untersuchungsausschuss] handelsblatt.com, vom 18.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    ==Wirecard-Skandal: Untersuchungsausschuss und politische Konsequenzen==
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    Der Wirecard-Untersuchungsausschuss begann im Oktober 2020 mit seiner Arbeit, lud insgesamt mehr als 100 Zeugen und veröffentlichte seinen Abschlussbericht Ende Juni 2021. [[Lisa Paus]] ([[Bündnis 90/Die Grünen]]) kritisierte v.a. die Bundeskanzlerin [[Angela Merkel]] ([[CDU]]) dafür, sich nach dem Lobbytreffen mit [[Karl-Theodor zu Guttenberg]] ([[CSU]]), trotz interner Warnungen und öffentlicher Berichterstattungen, für Wirecard in China eingesetzt zu haben. Auch die Rolle ihres Wirtschaftsberater [[Lars-Hendrik Röller]] wurde im Fall um Wirecard als „problematisch“ kritisiert. Neben dem Lobbynetzwerk, mit dem Wirecard seine Erfolgsgeschichte stützte, kritisierte die Opposition im Wirecard-Untersuchungsausschuss auch die [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen]] (BaFin), deren Aufsicht dem Bundesfinanzministerium obliegt. <ref>[https://www.rnd.de/politik/showdown-im-wirecard-skandal-merkel-und-scholz-im-untersuchungsausschuss-L3VGT2DFHFF23EZOG3JKYW3JIE.html Showdown im Wirecard-Skandal: Merkel und Scholz im Untersuchungsausschuss] rnd.de, vom 19.04.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref> <ref>[https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-04/wirecard-skandal-bilanz-untersuchungsausschuss-bundestag-olaf-scholz-faq Von den Milliarden geblendet] zeit.de, vom 22.04.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref> Die BaFin sei früheren Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten bei Wirecard nicht nachgegangen und habe stattdessen Fehleinschätzungen getroffen. Dies betrifft insbesondere das Leerverkaufsverbot für Wirecard Aktien, welches von der Finanzaufsicht im Februar 2019 verhängt und als eine Art staatliches Gütesiegel verstanden wurde. <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-skandal-untersuchung-ausschuss-101.html Was vom U-Ausschuss übrig bleibt] tagesschau.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> Im Zusammenhang damit stehen auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der BaFin gegen die ''Financial Times'' (FT), die zuvor mehrfach über Unstimmigkeiten bei Wirecard berichtet hatte. Einiges, wie etwa die Rolle der Geheimdienste im Fall Wirecard, ist nach wie vor unklar. <ref>[https://www.wiwo.de/politik/deutschland/wirecard-ausschuss-das-sind-die-7-wichtigsten-erkenntnisse-zum-wirecard-skandal/27355056.html Das sind die 7 wichtigsten Erkenntnisse zum Wirecard-Skandal] wiwo.de, vom 25.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    Insgesamt urteilt der Untersuchungsausschuss, dass der Wirecard-Skandal ein systematisches Versagen der Finanzbehörden offenbarte, aus dem politische Konsequenzen und Reformierungen folgen müssten. <ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-3ua-bericht-847030 Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses] bundestag.de, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    '''Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)'''
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    Die Kritik an der Staatsanwaltschaft sowie an der [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin) betrifft insbesondere das behördliche Vorgehen im Zuge der getäuschten Erpressung von Wirecard, das von der BaFin verhängte Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien sowie die Ermittlungen gegen die ''Financial Times'' (FT). <ref>[https://www.businessinsider.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-wie-das-unternehmen-mit-einer-inszenierten-erpressung-die-staatsanwaltschaft-muenchen-auf-seine-seite-brachte/ Wirecard: Wie das Unternehmen mit einer inszenierten Erpressung die Staatsanwaltschaft München auf seine Seite brachte] businessinsider.de, vom 12.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1620 ff.] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref> Das von der BaFin verhängte Leerverkaufsverbot stellte sich später als eine der umstrittensten Aktionen der deutschen Finanzaufsicht im Wirecard-Betrugsskandal heraus. <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/betrugsskandal-wirecard-leeverkaufsverbot-handelsaufsicht-widersprach-einschaetzung-der-bafin/26817820.html?ticket=ST-9763698-CdehI4ArD2YsVZPMqlEP-cas01.example.org Wirecard-Leerverkaufsverbot: Handelsaufsicht widersprach Einschätzung der BaFin] handelsblatt.com, vom 14.01.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    '''Financial Intelligence Unit (FIU)'''
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    Weiterhin wird auch das für Geldwäschebekämpfung zuständige Institut, die [[Financial Intelligence Unit]] (FIU), kritisiert. Ende Februar 2019 erhielt die FIU eine Verdachtsmeldung über auffällige Geldflüsse bei Wirecard, die von der [[Commerzbank]], einem Geschäftspartner von Wirecard, eingereicht wurde. Erst viel später, nachdem Wirecard bereits insolvent war, leitete die FIU die Hinweise an das bayerische Landeskriminalamt weiter. <ref>[https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/wirecard-skandal-anti-geldwaescheeinheit-fiu-erneut-im-fokus,SZf8eJT Wirecard-Skandal: Anti-Geldwäscheeinheit FIU erneut im Fokus] br.de, vom 08.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-skandal-fruehe-hinweise-auf-wirecard-skandal-versickerten-im-behoerdensumpf-a-b1cc19ec-0776-428c-8a72-f1d4626a9e37 Frühe Hinweise auf Wirecard-Skandal versickerten im Behördensumpf] spiegel.de, vom 27.05.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://dserver.bundestag.de/btd/19/309/1930900.pdf Deutscher Bundestag: Beschlussempfehlung und Bericht des 3. Untersuchungsausschusses der 19. Wahlperiode gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes, S. 1615] dserver.bundestag.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    '''Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS)'''
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    Die [[Abschlussprüferaufsichtsstelle]] (APAS), welche dem Bundeswirtschaftsministerium unterliegt, leitete erst im Mai 2020 ein förmliches Verfahren gegen die Wirtschaftsprüfer von Wirecard, [[Ernst & Young]], ein, obwohl sich zuvor bereits Betrugsvorwürfe um Wirecard verhärtet hätten. <ref>ebd. S. 1600</ref> Darüber hinaus wurde dem Behördenleiter der APAS selbst, [[Ralf Bose]], „Insiderhandel“ unterstellt, da er noch kurz vor der Insolvenz von Wirecard und auch während der Ermittlungen der APAS mit Wirecard-Aktien gehandelt hatte. <ref>[https://www.zeit.de/news/2020-12/11/apas-chef-handelte-mit-aktien-von-wirecard Fragwürdige Aktiendeals während Wirecard-Ermittlungen] zeit.de, vom 11.12.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    ===Reformierung der Finanzaufsicht===
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    Im Rahmen des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetztes (FISG) wurden als Reaktion auf den Wirecard-Skandal gesetzliche Maßnahmen beschlossen, welche die Strukturen und Kompetenzen innerhalb der Finanzbehörden in Zukunft stärken sollen. Hierzu zählen u.a. strengere Vorgaben zur Trennung von Wirtschaftsprüfung und -beratung, um Interessenkonflikte zu vermeiden sowie verbesserte Prüfsysteme und Kontrollrechte für die Finanzaufsichtsbehörden. <ref>[https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Internationales_Finanzmarkt/Finanzmarktpolitik/2021-02-02-mehr-biss-fuer-die-finanzaufsicht.html Mehr Biss für die Finanzaufsicht] bundesfinanzministerium.de, vom 24.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/inland/reform-finanzaufsicht-bafin-101.html Kabinett beschließt BaFin-Reform] tagesschau.de, vom 24.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.deutschlandfunkkultur.de/finanzaufsicht-und-wirecard-skandal-spaete-reform-von-100.html Späte Reform von "zahnlosen" Behörden] deutschlandfunkkultur.de, vom 24.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> Um auch einen personellen Neustart zu ermöglichen, musste u.a. der Präsident der [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin), [[Felix Hufeld]], seinen Rücktritt antreten. <ref>[https://www.spiegel.de/wirtschaft/wirecard-skandal-bafin-chef-felix-hufeld-muss-zuruecktreten-a-a020a684-d3c8-4957-b7e7-4d436f75f481 Bafin-Chef Hufeld muss nach Wirecard-Skandal gehen] spiegel.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref>
       
     
    ==Fallbeispiele und Kritik==
     
    ==Fallbeispiele und Kritik==
       
    ===2017: Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Wirecard Bank===
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    ===Medienberichterstattung über Unstimmigkeiten in Wirecards Bilanzen===
    Neben Geldinstituten wie der [[DZ-Bank]], der [[Postbank]] und der [[Hypovereinsbank]], die Gelder für illegale Glücksspielangebote entgegennahmen, enthüllten die Recherchen von ''NDR'' und ''Süddeutscher Zeitung'' im November 2017 im Rahmen der „Paradise Papers“, dass die [[Wirecard Bank]] Konten für Glücksspielanbieter wie [[OCG International Limited]] und [[Tipico]] führte, bei denen Gewinne aus illegalem Online-Glücksspiel an deutsche Kunden ausgezahlt wurden. Dies sei jedoch ein Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag. Nach Einschätzung des niedersächsischen Innenministeriums, das im Auftrag der übrigen Bundesländer die Zahlungsströme an illegale Glücksspielanbieter überwacht, sowie nach der Einschätzung mehrerer Banken- und Strafrechtsexperten, könne sich die [[Wirecard Bank]] deshalb der Beihilfe von unerlaubtem Glücksspiel und der Geldwäsche strafbar gemacht haben. ''NDR'' und die ''Süddeutsche Zeitung''kritisierten vor allem die Bundesfinanzmarktaufsicht (BaFin) dafür, seit Jahren über die Problematik informiert, aber nicht aktiv geworden zu sein. <ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/paradisepapers/paradisepapers-101.html Die deutschen Banken und das Online-Glücksspiel] tagesschau.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gluecksspiel-wie-deutsche-banken-systematisch-illegale-online-kasinos-unterstuetzen-1.3738876?reduced=true Wie deutsche Banken systematisch illegale Online-Kasinos unterstützen] sueddeutsche.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/paradise-papers-verdacht-gegen-mehrere-deutsche-banken-15282473.html Verdacht gegen mehrere deutsche Banken] faz.net, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> Ermittlungen gegen die [[Wirecard Bank]] wurden daraufhin von der Staatsanwaltschaft München eingeleitet. <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/paradise-papers-gluecksspiel-und-geldwaesche-versetzen-banken-in-aufruhr-1.3772589 Glücksspiel und Geldwäsche versetzen Banken in Aufruhr] sueddeutsche.de, vom 30.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/inland/banken-123.html Weniger Casino, mehr Kontrolle] tagesschau.de, vom 30.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref>
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    Seit April 2015 schrieb der Journalist Dan McCrum von der ''Financial Times'' (FT) in der [https://www.ft.com/content/534e7c4d-3101-3f6a-abc8-dc70beab35b7 Blogserie „House of Wirecard“] über Unstimmigkeiten in den Bilanzen von Wirecard. Darin wird auch deutlich, dass der Aufsichtsrat von Wirecard erstmals 2008, durch den Hinweis eines ehemaligen Vorstandsmitglieds, über Fehler in der Buchhaltung informiert wurde. <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/bilanzskandal-der-betrug-bei-wirecard-soll-schon-vor-15-jahren-begonnen-haben/26040098.html Der Betrug bei Wirecard soll schon vor 15 Jahren begonnen haben] handelsblatt.com, vom 28.07.2020, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/wirecard-betrug-begann-wohl-frueher-als-bekannt-manager-wies-vorstand-schon-2008-auf-frisierte-bilanzen-hin/26042994.html Manager wies Vorstand schon 2008 auf frisierte Bilanzen hin] tagesspiegel.de, vom 28.07.2020, abgerufen am 13.11.2021</ref> Einen entscheidenden [https://www.ft.com/content/03a5e318-2479-11e9-8ce6-5db4543da632 Artikel] veröffentlichte die FT im Januar 2019. McCrum hatte Hinweise von einem Whistleblower aus dem Unternehmen bekommen, dass etwas mit Wirecards Bilanzen, insbesondere mit den Geschäften in Singapur, nicht stimmte. Wirecard bezeichnete die Vorwürfe als „falsch“ und  „irreführend“ und erstattete Anzeige wegen Marktmanipulation. McCrum und seine Kollegin hätten sich demzufolge mit Börsenspekulanten abgesprochen, welche mit Kursverlusten von Wirecard an der Börse Gewinne erzielen sollten. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen McCrum ein und im April 2019 erhob die BaFin ebenfalls Anzeige gegen die Journalisten der FT. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/zapp/wirecard-medien-101.html Wirecards Krieg gegen die Medien] tagesschau.de, vom 02.02.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.deutschlandfunk.de/wirecard-und-die-financial-times-zuerst-wurden-die-100.html Wirecard und die "Financial Times" / Zuerst wurden die Journalisten verdächtigt] deutschlandfunk.de, vom 29.06.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/finanzen/bafin-verdaechtigt-ft-journalisten-im-fall-wirecard-16144310.html Bafin verdächtigt "FT"-Journalisten im Fall Wirecard] faz.net, vom 16.04.2019, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.manager-magazin.de/finanzen/boerse/wirecard-aktie-im-plus-finanzaufsicht-bafin-erstattet-anzeige-gegen-ft-journalist-a-1263186.html Wirecard-Affäre - Finanzaufsicht Bafin zeigt FT-Journalisten an] manager-magazin.de, vom 17.04.2019, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    Eine zeitliche Übersicht der ''Financial Times'' über die Einzelheiten der Ereignisse im Konflikt mit Wirecard findet sich [https://www.ft.com/content/284fb1ad-ddc0-45df-a075-0709b36868db hier].
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    '''Lobbyagentur beobachtete kritische Berichterstattung über Wirecard'''
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    Die PR- und Lobby-Agentur [[WMP Eurocom]] beobachtete von Dezember 2016 bis Anfang 2020 die Berichterstattung über Wirecard. Unter dem Titel „´Drachenblut` für Wirecard“ hatte WMP weitgehende Leistungen angeboten, um eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die Wirecards Reputation stärken und das Unternehmen „unverwundbar“ machen sollte. In Absprache mit Wirecard habe WMP das Ziel verfolgt, den durch die Presse aufgegriffenen undurchsichtigen Geschäftszahlen mit einer „konsistenten Corporate Story“ zu begegnen und „diese bei den relevanten Medien an den Finanzplätzen in Deutschland und Großbritannien“ zu platzieren. Dafür habe WMP eigene „Netzwerke, Plattformen und Medienkontakte zur Verfügung“ gestellt. Darüber hinaus habe WMP relevante Medienvertreter aufgeführt („black list“/„white list“) sowie bei Hintergrundgesprächen und Interviews unterstützt. <ref>[https://www.stern.de/politik/deutschland/agentur-wmp-wollte-fuer-wirecard-schwarze-liste-von-journalisten-schreiben-30355742.html PR-Agentur bot Wirecard an, Journalisten auf eine "schwarze Liste" zu setzen] stern.de, vom 29.01.2021, abgerufen am 16.02.2022</ref>
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    Auch die PR-Agentur [[Hering Schuppener]] beriet zunächst ab März 2019 den Aufsichtsrat von Wirecard im Bereich „Krisenkommunikation“. Nachdem die FT im Dezember 2019 über die Bespitzelung von Wirecard-Kritikern und geplante Überwachungsaktionen von Journalisten berichtete, verlangte die Agentur jedoch eine eidesstattliche Erklärung von Wirecard über die Beauftragung der Beschattungen und kündigte die Zusammenarbeit mit sofortiger Wirkung, da Wirecard diese Erklärung nicht lieferte. <ref>[https://www.stern.de/politik/deutschland/wirecard---wer-alles-als-berater-bei-wirecard-verdiente-30368724.html Von der Kanzlei Schertz bis zu Spekulant Florian Homm - wer alles bei Wirecard als Berater verdiente] stern.de, vom 09.02.2021, abgerufen am 16.02.2022</ref>
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    ===Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen die Wirecard Bank===
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    Im Rahmen der „Paradise Papers“ enthüllten die Recherchen von ''NDR'' und ''Süddeutscher Zeitung'' im November 2017, dass die [[Wirecard Bank AG]], eine Tochtergesellschaft von Wirecard, neben anderen Geldinstituten, Konten für Glücksspielanbieter wie [[OCG International Limited]] und [[Tipico]] führte, bei denen Gewinne aus illegalem Online-Glücksspiel ausgezahlt wurden. Nach Einschätzung des niedersächsischen Innenministeriums, das im Auftrag der übrigen Bundesländer die Zahlungsströme an illegale Glücksspielanbieter überwacht sowie nach der Einschätzung mehrerer Banken- und Strafrechtsexperten, könne sich die [[Wirecard Bank]] deshalb der Beihilfe von unerlaubtem Glücksspiel und der Geldwäsche strafbar gemacht haben. ''NDR'' und die ''Süddeutsche Zeitung'' kritisierten v.a. die [[Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht]] (BaFin) dafür, seit Jahren über die Problematik informiert, aber nicht aktiv geworden zu sein. <ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/paradisepapers/paradisepapers-101.html Die deutschen Banken und das Online-Glücksspiel] tagesschau.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gluecksspiel-wie-deutsche-banken-systematisch-illegale-online-kasinos-unterstuetzen-1.3738876?reduced=true Wie deutsche Banken systematisch illegale Online-Kasinos unterstützen] sueddeutsche.de, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/paradise-papers-verdacht-gegen-mehrere-deutsche-banken-15282473.html Verdacht gegen mehrere deutsche Banken] faz.net, vom 07.11.2017, abgerufen am 13.11.2021</ref> Die Staatsanwaltschaft München leitete Ermittlungen gegen die Wirecard Bank ein. Im August 2018 berichtet die ''Süddeutsche Zeitung'', dass das Verfahren der Staatsanwaltschaft immer noch geprüft werde. <ref>[https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirecard-gegen-alle-widerstaende-1.4103621?reduced=true Gegen alle Widerstände] sueddeutsche.de, vom 24.08.2018, abgerufen am 29.12.2021</ref> Über das laufende Verfahren und die Berichterstattung war auch das Bundeskanzleramt informiert, wie aus einem Schreiben von Januar 2019 hervorgeht, welches im Zusammenhang mit der Absage des von Wirecard angefragten Gesprächstermin mit der Bundeskanzlerin steht. <ref>[https://fragdenstaat.de/dokumente/7576-wirecard-braun-roeller/ Schriftverkehr: Wirecard-Braun-Roeller] fragdenstaat.de, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    ===Die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young===
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    Zunehmende Kritik trifft auch die Wirtschaftsprüfer von [[Ernst & Young]] (EY), da es immer wieder offensichtliche Fälschungen und fehlende Angaben in den Bilanzen von Wirecard gegeben hätte, welche aber von EY nicht ausreichend überprüft worden seien. Hingegen entgegnete EY, man habe „über das übliche Maß hinausgehende Prüfungshandlungen“ zum Drittpartner-Geschäft vorgenommen und aus damaliger Sicht auf die gesicherte Existenz des Geschäfts geschlossen. Dennoch bemängelte der Sonderermittler [[Martin Wambach]] das Vorgehen der Wirtschaftsprüfer. <ref>[https://www.tagesschau.de/investigativ/ey-wirecard-101.html Die Fehlleistungen des Wirtschaftsprüfers EY] tagesschau.de, vom 30.06.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> Aus dem zunächst geheim gehaltenem und erst später vom ''Handelsblatt'' veröffentlichtem ''„Wambach Bericht“'' geht hervor, dass EY frühzeitig Hinweise auf einen möglichen Betrug identifizierte, diesen aber nicht ausreichend nachgegangen sei. Die Veröffentlichung des Berichts begründete das ''Handelsblatt'' damit, Transparenz in einem der größten deutschen Wirtschaftsskandale für die geschädigten Wirecard-Anleger:innen herstellen und der Öffentlichkeit ihren Anspruch auf Aufklärung gewähren zu wollen. <ref>[https://www.handelsblatt.com/finanzen/protokoll-des-versagens-das-handelsblatt-veroeffentlicht-den-geheimbericht-zur-arbeit-der-ey-wirtschaftspruefer/27790058.html Das Handelsblatt veröffentlicht den Geheimbericht zur Arbeit der EY-Wirtschaftsprüfer] handelsblatt.com, vom 11.11.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirecard-affaere-holt-ey-ein-brisanter-report-ueber-versaeumnisse-17631833.html Es wird eng für EY] faz.net, vom 12.11.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    Inwiefern EY gerichtlich zur Verantwortung gezogen wird, steht bislang noch aus. Zuletzt hatte das Oberlandesgericht München Zweifel an der Entscheidung der Vorinstanz geäußert, Schadensersatzklagen von Wirecard-Anleger:innen abzuweisen. Nun soll ein Musterverfahren eröffnet werden, in welchem bislang fehlende Beweisaufnahmen nachgeholt werden. 40.000 Personen haben sich bereits dafür registriert, gegen EY Klage erheben zu wollen. <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-ey-klage-101.html Gerät EY nochmal unter Druck?] tagesschau.de, vom 10.12.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref> <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/wirecard-aufarbeitung-zwischenbilanz-101.html Warten auf die Anklage im Wirecard-Skandal] tagesschau.de, vom 29.12.2021, abgerufen am 29.12.2021</ref>
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    ==Zitate==
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    <blockquote>Florian Toncar (FDP) kritisierte nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals im Finanzausschuss:
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    „Leider mauern sowohl das Finanzministerium als auch das Kanzleramt bei der Aufklärung des Wirecard-Skandals und geben immer nur das zu, was sich nicht mehr geheim halten lässt.“ <ref>[https://www.merkur.de/wirtschaft/wirecard-skandal-jan-marsalek-angela-merkel-china-flucht-moskau-insolvenz-dax-bundesregierung-haftbefehle-scholz-zr-13837760.html Wirecard-Skandal: Drei Haftbefehle erlassen - Festnahmen in München] merkur.de, vom 23.07.2020, abgerufen am 29.12.2021</ref></blockquote>
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    <blockquote>Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), im Wirecard-Untersuchungsausschuss:
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    „Wirecard war auch ein Wirtschaftsprüferskandal. Die Aufsicht unterstand Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Die Finanzaufsicht unterstand dem SPD-Finanzminister Olaf Scholz.“ <ref>[https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/wirecard-skandal-untersuchung-ausschuss-101.html Was vom U-Ausschuss übrig bleibt] tagesschau.de, vom 22.06.2021, abgerufen am 16.12.2021</ref>
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    „Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass der Wirecard-Skandal in dieser Form nur passieren konnte, weil man in der Bundesregierung und in den Behörden bis zuletzt mit aller Kraft an das Märchen von aufsteigenden Tech-Unternehmen glauben wollte.“ <ref>[https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/kritik-an-angela-merkel-vor-aussage-zu-wirecard-17300446.html Kritik an Merkel vor Aussage zu Wirecard] faz.net, vom 19.04.2021, abgerufen am 03.01.2022</ref></blockquote>
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    <blockquote>Fabio De Masi (Die Linke), im Wirecard-Untersuchungsausschuss:
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    „Alle haben sich von der Wirecard-Story blenden lassen. Das wäre nicht möglich gewesen ohne ein politisches Netzwerk (...), (eine) Armee von Lobbyisten aus dem Umfeld des Kanzleramts und aus Bayern.“ <ref>[https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw25-de-3ua-bericht-847030 Schlussbericht des Wirecard-Untersuchungsausschusses] bundestag.de, abgerufen am 29.12.2021</ref> </blockquote>
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    <blockquote>In ihrem Sondervotum betonen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen:
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    „Der Wirecard-Skandal ist viel mehr als ein Bilanzskandal. Es geht um den größten Börsen- und Finanzskandal der Nachkriegszeit, der durch kollektives Aufsichtsversagen, (...) sowie ein politisches Netzwerk und die Sehnsucht nach einem digitalen nationalen Champion und dessen Markteintritt in China ermöglicht wurde.“ <ref>ebd.</ref></blockquote>
       
     
    ==Weiterführende Informationen==
     
    ==Weiterführende Informationen==
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    *[https://www.ardmediathek.de/video/dokus-im-ersten/wirecard-die-milliarden-luege/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuL2NlMjQ0OWM4LTQ4YTUtNGIyNC1iMTdlLWNhOTNjMDQ5OTc4Zg/ Wirecard - Die Milliarden Lüge]
     
    *[https://www.youtube.com/watch?v=JoFFBQdAtds Der Fall Wirecard: Von Sehern, Blendern und Verblendeten]
     
    *[https://www.youtube.com/watch?v=JoFFBQdAtds Der Fall Wirecard: Von Sehern, Blendern und Verblendeten]
     
    *[https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/wirecard-146.html Gut bezahlte Lobbyisten: Das Beraternetzwerk von Wirecard]  
     
    *[https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/wirecard-146.html Gut bezahlte Lobbyisten: Das Beraternetzwerk von Wirecard]  
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    ==Einzelnachweise==
     
    ==Einzelnachweise==
     
    <references />
     
    <references />
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    [[Category:Unternehmen]]
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    [[Category:Lobby-Akteure]]
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    [[Category:Lobbyismus]]

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