Jens Spahn

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Jens Spahn (*16. Mai 1980 in Ahaus), Mitglied des Deutschen Bundestags, ist seit Mai 2025 Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Er ist Vorstandsmitglied im Parlamentskreis Mittelstand[1] und Gastmitglied im Präsidium der Mittelstands- und Wirtschaftsunion.

Von 2018 bis 2021 war Spahn Bundesminister für Gesundheit und zuvor Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium (2015-2018), gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (2009-2015) sowie Obmann im Gesundheitsausschuss (2005-2009). Seit 2014 ist er Mitglied des CDU-Präsidiums, von Januar 2021 bis Januar 2022 war er stellvertretender CDU-Parteivorstand.

Im April 2025 wurde bekannt, dass es im Frühjahr 2020 während der Corona-Pandemie zu einem vertraulichen Mail-Austausch zwischen Jens Spahn und dem österreichischen Ex-Unternehmer René Benko über die Regelungen zur Wiedereröffnung von Kaufhäusern und Geschäften gekommen war. Spahn hatte [2]

Im Februar 2021 wurde bekannt, dass Jens Spahn im Oktober 2020 an einem privaten Abendessen ("Spenden-Dinner") in Leipzig teilnahm, nach dem in seinem CDU-Kreisverband Borken Spenden in Höhe von 9.999 Euro eingingen. Die Spenden lagen damit knapp unter der Veröffentlichungsgrenze von 10.000€.[3]

Während der Corona-Pandemie 2020 zahlte das Bundesministerium für Gesundheit, dem Spahn als Gesundheitsminister vorstand, 670 Millionen Euro für Schutz-Masken an den Schweizer Lieferanten Emix, der damit 100 - 200 Millionen Euro Gewinn gemacht haben soll. Mehrere CDU- und CSU-Abgeordenete standen unter Verdacht durch den Verkauf der Masken Provisionen erhalten zu haben.[4]

Neben seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter war Spahn zwischen 2006 und 2010 an einer Lobbyagentur beteiligt. Der Öffentlichkeit wurde dies erst durch einen Medienbericht im Jahr 2012 bekannt.[5] Die Firma beriet schwerpunktmäßig Kunden aus dem Gesundheitssektor, während Spahn gleichzeitig als Gesundheitspolitiker im Gesundheitsausschuss saß. 2010 verkaufte Spahn seine Anteile an der Agentur mit der Begründung „er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonfliktes vermeiden wollen.“[5]


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Karriere

  • seit 5/25: Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
  • 12/2021 - 5/2025: Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion; Themen: Wirtschaft, Klima, Energie, Mittelstand und Tourismus
  • 01/2021 - 01/2022 : Stellvertretender Parteivorstand der CDU-Deutschland
  • 2018 - 2021: Bundesminister für Gesundheit
  • 07/2015 bis 03/2018 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium
  • seit 2014 Gewähltes Mitglied im CDU-Parteipräsidium
  • seit 2002 Mitglied im Deutschen Bundestag
    • 2009 – 06/2015 Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
    • 2005 – 2009 Obmann für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss
  • 2009 - 2015 Mitglied des Kreistages Borken
  • 2003 – 2008 Studium der Politik- & Rechtswissenschaften (Fernstudium Universität Hagen)
  • 1999 – 2009 Mitglied des Stadtrates Ahaus
  • 1999 - 2006 Vorsitzender der JU Kreis Borken
  • 1999 – 2001 Lehre zum Bankkaufmann, anschließend als Bankkaufmann tätig bei der WestLB Münster

(Stand: April 2025[6])

Wirken und Kritik

Jens Spahn war während der 19. Legislaturperiode, von 2018 bis 2021, Bundesgesundheitsminister. Während dieser Zeit wollte er die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranbringen und führte unter anderem die elektronische Patient:innenakte und das E-Rezept ein.[7] Die zweite Hälfte seiner Amtszeit fiel in den Beginn der Corona-Pandemie.[8]

Zuvor war Jens Spahn von 2009 bis 2015 gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.[6] Bereits 2005 war er an wichtigen gesundheitspolitischen Entscheidungen beteiligt, bei denen es um Milliardeneinschnitte für die Gesundheitsbranche ging. 2008 machte er sich zudem neben dem FDP Europa-Politiker Jorgo Chatzimarkakis für eine Liberalisierung des Apothekenmarktes stark.[5]

Verbindungen zwischen Spahn und dem CDU-nahen IT-Millionär Frank Gotthardt

Im Juli 2025 berichtete“ Correctiv“ ausführlich über die Kontakte von Spahn (in seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister) zum CDU-nahen IT-Millionär Frank Gotthardt, dessen Firmennetzwerk damals stark von den gesundheitspolitischen Weichenstellungen profitiert haben soll.[9] Laut Correctiv ist Gotthardt Finanzier des von Julian Reichelt betriebenen Rechtsaußen-Mediums Nius, das oft ähnliche Positionen vertritt wie Spahn, der zum rechtskonservativen Flügel der Union gehört. Verbindungen zwischen Spahn und Gotthardt habe es auch über den Wirtschaftsrat der CDU gegeben: 2015 war Gotthardt Leiter der Bundesfachkommission Digital Health im Wirtschaftsrat, Spahn war ab 2018 Bundesgesundheitsminister. Hanno Kautz sei früher Redakteur unter Julian Reichelt bei der Bild-Zeitung gewesen und 2018 als Sprecher von Spahn ins Gesundheitsministerium gewechselt. Im Januar 2025 hätten Frank und Brigitte Gotthardt 180.020 Euro an die CDU gespendet.

Vertraulicher Informationsaustausch mit Ex-Signa-Chef René Benko 2020

Im April 2025 wurde bekannt, dass es zwischen Jens Spahn und dem österreichischen Ex-Unternehmer René Benko in der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 zu einem vertraulichen Austausch über die Planung zur Wiedereröffnung von Geschäften und Kaufhäusern gekommen war.[10] Benko war Eigentümer der mittlerweile insolventen Signa Holding, die über mehrere Kaufhäuser, darunter die Kaufhauskette Galeria, verfügte.

Im April 2020 beschlossen Bund und Länder die Wiedereröffnung von Geschäften bis zu einer Fläche von maximal 800 Quadratmetern.[11] Benko plädierte daraufhin in Emails an Jens Spahn für ein Aufheben der Flächenbegrenzung. Spahn soll ihm daraufhin geantwortet haben, sich vorstellen zu können, 800 qm aufzumachen. In einem TV-Interview erklärte Spahn die 800 Quadratmeter-Regelung später als unverständlich.[10]

Im Mai 2020 ließ er Benko per Email einen internen Beschlussentwurf mit Informationen zu einer geplanten Aufhebung des 800 Quadratmeter-Verbots mit den Worten „Guten Morgen, Vorlage f heute vertraulich z Kt. Lg Jens“ zukommen. Am selben Tag wurde das Verbot von der Ministerpräsident:innenkonferenz aufgehoben.[2] Medienberichten zufolge wurden die Mails nicht von Spahns Ministeriums-Adresse, sondern seiner Bundestags-Mailadresse verschickt.[2]

Spahn wehrte sich gegen den Vorwurf, dass Benkos Zuschriften ihn beeinflusst haben sollen und ließ mitteilen, dass er an der Konferenz „lediglich als Gast teilgenommen und kein Stimmrecht gehabt“ hatte. Ein Sprecher Spahns gab zudem an, dass seit mehreren Jahren kein Kontakt mehr zwischen Spahn und Benko bestehe.[12]

Maskenaffäre 2020

Bericht der Sonderermittlerin 2025

Ein Gutachten der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD) zur Maskenaffäre lag Anfang Juni 2025 dem Rechercheverbund von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung in Auszügen vor. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) weigerte sich zunächst, den 168-seitigen Bericht dem Bundestag vorzulegen. Es würden teilweise Tatsachen vorgetragen, die durch Quellen nicht untermauert seien, [13]zitiert das ZDF die Ministerin. Auf der Website des Bundesministeriums gibt es zum Bericht keinerlei Kommentar oder Dokumentation. "fehlendes ökonomisches Verständnis und politischer Ehrgeiz können aber, wie in diesem Fall, dazu führen, dass nicht als Team Staat, sondern als Team Ich gehandelt wird“, zitiert das Handelsblatt die Sonderermittlerin. [14] Spahn selbst weist alle Vorwürfe zurück und betonte, dass die Maskenkäufe von seinem Ministerium auf Grundlage der damaligen Dringlichkeit und der Pandemie-Bedürfnisse abgewickelt worden seien. Es wird eine Enquete-Kommission [15] eingesetzt.

Emix

Zur Bewältigung der Corona-Pandemie haben deutsche Bundesministerien, darunter das Bundesministerium für Gesundheit, welchem Jens Spahn als Gesundheitsminister vorstand, für Schutzausrüstung und Masken 749 Millionen Euro an das Schweizer Unternehmen Emix gezahlt. Dabei zahlte der Bund im Schnitt 5,58 Euro pro Maske, während das Unternehmen Gewinne von etwa 300 Millionen Euro eingestrichen haben soll.[16]

Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung soll sich Andrea Tandler, Tochter des ehemaligen CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler, für das Schweizer Unternehmen Emix eingesetzt haben. Über die von ihr und ihrem Geschäftspartner gehaltene PR-Agentur "Little Penguin" soll sie für die Maskenverkäufe eine Provision von Emix in Höhe von 5 bis 7,5 Prozent bekommen haben. Damit allein sollen der Agentur im Mai 2020 14 Millionen Euro zugeflossen sein, wobei insgesamt von einer Summe von 34 bis 51 Millionen ausgegangen werden könne.[16]

Zur Vermittlung der Ware nach Deutschland soll sich Tandler an ihre Freundin Monika Hohlmeier, CSU-Europaabgeordnete und Tochter von Franz-Josef Strauß, gewandt haben. Diese wiederum fragte bei der Bayerischen Gesundheitsminiserin Melanie Huml (CSU) nach Bedarf für Corona-Schutzmasken in Bayern nach.[4]

Nach Zusage von Bayern zum Kauf von Masken von Emix (durchschnittlicher Kaufpreis von 8,90 Euro pro Maske[17]) drängte Tandler auch auf Kontakte in die Bundesregierung, woraufhin Hohlmeier Jens Spahn drei Millionen Corona-Schutzmasken anbot. In ihrer Nachricht an den Minister soll Hohlmeier darauf hingewiesen haben, selbst keine Vorteile aus dem Deal zu ziehen, worauf Spahn sie darauf verwies, das Angebot an die Mailadresse seines Büros zu senden.[4]

Der Bund bestellte daraufhin bei Emix Schutzausrüstung und Masken für fast eine Milliarde Euro. Dem Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof zufolge stellte das Ministerium jedoch erhebliche Mängel bei den Lieferungen fest: Zwischen 40 und 48 Prozent der verschiedenen gelieferten Masken wiesen nach Schätzungen des Ministeriums Mängel auf. Emix widersprach dem und räumte lediglich Mängelquoten von 20 bis 32 Prozent ein.[18] Das von der Bundesregierung beauftragte Beratungsunternehmen EY empfahl daraufhin die Zahlungen an Emix einzustellen.

Im Mai 2020 einigten sich das Bundesministerium und Emix auf einen Vergleich und setzten die Lieferung eines Teils der ursprünglich vereinbarten Waren aus. Aus dem Sudhof-Bericht geht hervor, dass der Vergleich deutlich zu Gunsten von Emix ausfiel. Das Gesundheitsministerium verzichtete auf potentiell mögliche rechtliche Schritte und zahlte für die noch ausstehenden Lieferungen weiterhin weit überhöhte Preise.[18]

Hohlmeier soll noch an Jens Spahn mit der Bitte gesimst haben, sich doch schnell um die Situation zu kümmern, da EY Emix unfair behandeln würde. Jens Spahn erinnerte Hohlmeier in seiner Antwort per SMS daran, dass in der Zukunft zu der Sache Untersuchungsausschüsse eingesetzt würden, weshalb er hier keinen politischen Einfluss ausüben wolle. Er schrieb ihr: "Schützt Dich und mich. Lg Jens".[4]

Logistikunternehmen Fiege

2020 beauftragte Spahn bei einem Auftragsvolumen von 1,5 Milliarden Euro das Logistikunternehmen Fiege aus seinem Nachbarwahlkreis ohne Ausschreibung mit der gesamten Logistik um die Maskenbeschaffung.[18]

Der Mitinhaber des Unternehmens Fiege, Hugo Fiege, war zu dem Zeitpunkt Präsidiumsmitglied des CDU-nahen Lobbyverbands Wirtschaftsrat der CDU.[19]

Die eigenmächtige Beauftragung des Unternehmens durch Spahn sorgte im eigentlich zuständigen Beschaffungsamt des Innenministeriums, welches bereits mit den Branchengrößen DHL und Schenker geplant hatte, für Kritik.[18]Nachdem das Innenministerium mehrfach vor den begrenzten Kapazitäten der Firma Fiege gewarnt hatte, war das von Spahn durchgesetzte Unternehmen tatsächlich bald überfordert, sodass DHL und Schenker aushelfen mussten. Fiege dementiert jedoch, dass es mit den Aufträgen überfordert gewesen sei.[18]

"Spendendinner" im Oktober 2020

Im Februar 2021 wurde bekannt, dass Spahn am 20. Oktober 2020 an einem als privat deklarierten Abendessen mit etwa einem Dutzend Gästen in Leipzig teilgenommen hatte. Das Treffen fand im Privathaus von Peter Zimmermann statt. Dieser ist PR-Unternehmer bei der Wolffberg Management Communication und war von 2007 bis 2013 Regierungssprecher und Staatssekretär für CDU-Regierungen in Sachsen und Thüringen.[3]

Im Nachgang des Treffens gingen bei Spahns CDU-Kreisverband Borken mehrere Spenden in Höhe von 9.999 Euro ein.[20][21] Damit blieben diese Parteispenden knapp unter der geltenden Schwelle von 10.000 Euro, ab der die CDU sie hätte anzeigen müssen.

Undurchsichtige Immobiliengeschäfte

Im Juli 2020 kaufte Spahn gemeinsam mit seinem Ehemann eine Villa in Berlin für 4,125 Millionen Euro.[22] Finanziert wurde der Kauf wesentlich durch ein Darlehen der Sparkasse Westmünsterland, wo Spahn von 2009 bis 2025 Mitglied des Verwaltungsrats war. Spahn trug dabei zwei Drittel der Kaufsumme, sein Ehemann ein Drittel.[23] Gegen die Berichterstattung über die Finanzierung der Villa ging Spahn gerichtlich vor.[24] Über seine Anwälte ließ er zudem beim Grundbuchamt Auskünfte über die Identität der recherchierenden Journalisten einholen.[25]

Bereits 2017 erwarb Spahn eine Wohnung von dem ihm persönlich bekannten Pharmamanager Markus Guilherme Leyck Dieken.[26] 2019 wurde Leyck Dieken während der Amtszeit von Jens Spahn Geschäftsführer der mehrheitlich vom Gesundheitsministerium kontrollierten Gematik GmbH, die die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben sollte. Als Gesundheitsminister ließ Spahn die Bezüge des Geschäftsführers Leyck Diecken fast verdoppeln.[27]

Insgesamt nahm Spahn für den Kauf von Immobilien über 6,35 Millionen Euro an Krediten auf.[28] Spahn behauptete bezüglich des Kaufs der 4,125 Millionen Euro teuren Villa in Berlin, sein Ehemann Daniel Funke habe eine große Summe von seinem Vater geerbt. Dies stellte sich jedoch als unwahr heraus. Tatsächlich sollte ein entsprechender Kredit durch ein bei einer oberösterreichischen Bank liegendes Vermögen abgesichert werden. Die Herkunft dieses Vermögens ist unklar.[29] Spahn und Funke zogen die Finanzierung ihrer Berliner Villa durch das Vermögen bei der oberösterreichischen Bank zurück, nachdem dies publik geworden war. Eine plausible Erklärung für die Herkunft des Geldes konnte Spahn nicht liefern.[30]

Beteiligung an Steuer-Start-Up Pareton GmbH 2016 - 2017

In seiner Zeit als Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium (2015 - 2018) und Finanztechnologie-Beauftragter der Bundesregierung investierte Spahn privat in ein Unternehmen, mit dessen Branche er auch amtlich befasst war. Spahn erwarb 2016 für 15.000 Euro einen Anteil von 1,25 Prozent an der Pareton GmbH, einem 2014 von Matthias Raisch gegründeten Start-up. Pareton entwickelte die Steuer-Software Taxbutler, die Kunden bei der Erstellung der Steuererklärung helfen soll.[31] Für die Investition in das Start-up hatte Spahn 3.000 Euro staatlichen Zuschuss bekommen.[32] In einem Interview mit der BILD erklärte er 2017, er halte die Software für eine "pfiffige Idee".[33]

Die SPD warf Spahn für seine Investition Instinktlosigkeit vor und forderte ihn auf, die Einnahmen durch all seine Unternehmensbeteiligungen offen zu legen. Die Grünen sahen in dem Fall einen nicht hinnehmbaren Interessenkonflikt. Es sei nicht akzeptabel, dass ein Finanzstaatssekretär ein finanzielles Eigeninteresse daran habe, ein komplexes Steuersystem zu erhalten, welches eine Steuersoftware benötigt. Transparency International forderte die Verschärfung bestehender Regeln: Das Bundesministergesetz sehe bisher keine Regelungen zu Unternehmensbeteiligungen von Regierungsmitgliedern vor. Spahn selbst wies die Vorwürfe zunächst von sich und erklärte im August 2017: "Ich sehe darin kein Problem."[34][35] Wenige Tage später gab Spahn jedoch bekannt, sich der Kritik zu beugen, seine Anteile zu verkaufen und den staatlichen Zuschuss zurückzuzahlen.[32]

Pareton-Gründer Matthias Raisch erklärte der Wirtschaftswoche im September 2017, seine Firma habe von der öffentlichen Debatte stark profitiert und sprach von einem "Riesenzuwachs [...] durch die Berichterstattung".[36]

Beteiligung an Lobbyagentur Politas 2006 - 2010

Wie der Focus im November 2012 berichtete, war Jens Spahn von 2006 bis 2010 neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages an einer Lobby-Agentur beteiligt. Zusammen mit seinem Freund und damaligen Büroleiter Markus Jasper und dem befreundeten Lobbyisten Max Müller gründete Spahn im Jahre 2006 eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), welche die Beratungsagentur Politas verwaltete.

Laut Focus gehörten zu dem Kundenkreis von Politas hauptsächlich Unternehmen aus der Medizin- und Pharmaindustrie.[5] Spahn betonte dagegen in einer Stellungnahme im November 2012, dass seinerzeit Kunden aus unterschiedlichen Branchen in landes-, bundes- und europapolitischen Fragestellungen beraten wurden. Genauere Angaben machte er allerdings nicht.[37]

Gleichzeitig saß Jens Spahn von 2005 bis 2009 als Obmann der CDU im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages und machte sich für die Liberalisierung des Apothekenmarktes stark.[38] Sein Kollege und Teilhaber der Firma, Max Müller, hatte DocMorris während ihres Verfahrens vor dem EuGH zur Zulassung der Onlineapotheke auf dem europäischen Markt unterstützt und schloss sich, als DocMorris schon dem Stuttgarter Pharmahändler Celesio gehörte, diesem an und wechselte ebenfalls zu Celesio.[39]Als Grund für die Teilhabe an der Beratungsfirma hatte Spahn mitgeteilt, er habe seinem Freund, als der um Unterstützung bei der Finanzierung des Stammkapitals gebeten habe, eine Starthilfe für die Selbstständigkeit geben wollen.[5][38]Bis zur Firmengründung 2006 leitete Jaspers das Abgeordnetenbüro von Spahn in Berlin. Anschließend blieb er in Teilzeit bei Spahn beschäftigt und arbeitete im münsterländischen Wahlkreisbüro des CDU Politikers weiter. Derzeit ist Jasper Kreisgeschäftsführer des CDU-Landesverbands in NRW im Kreis Borken und leitet die Geschäftsstelle und das Bürgerbüro.[40]

Die Wahl der drei Gründer von Politas der Rechtsform der GbR hat den Vorteil, dass weder Angaben über die Geschäftstätigkeiten noch über die Gesellschafter gemacht werden müssen. Daher war lediglich Jasper als Eigentümer eingetragen. Da es sich im Falle Spahns um eine Minderheitenbeteiligung von 25% handelte, war er nicht verpflichtet, seine Beteiligung dem Bundestag zu melden.[37] Firmenbeteiligungen müssen erst bei „mehr als 25 Prozent der Stimmrechte“ offengelegt werden.

Laut Focus-Bericht erwirtschaftete Politas im Jahre 2007 32.000 Euro Gewinn, der auch an die drei Gesellschafter ausgeschüttet wurde.[5] In den Jahren 2008 und 2009 wurden nach Spahns Angaben keine Gewinne ausgeschüttet.[41]

Im August 2010 verkaufte Spahn seine Anteil an der GbR. Jaspers tat es ihm im Oktober 2010 nach und verkaufte seine Gesellschaftsateile.[37] Den Verkauf begründete der CDU-Politiker damit, dass er "den Eindruck eines möglichen Interessenkonfliktes [habe] vermeiden wollen.“[5]

Übernahme der Positionen des Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) 2012

Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" haben Jens Spahn (CDU) und Johannes Singhammer (CSU) 2012 ein Positionspapier der CDU/CSU gegen die von den Grünen gewünschte Bürgerversicherung vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) abgeschrieben.[42] So seien beispielsweise von den Unionsexperten wort- und spiegelstrichgleich die PKV-Passage zum "schönen Namen ,Bürgerversicherung'", hinter der sich das Gegenteil verberge: "ausnahmslose Zwangsmitgliedschaft, mehr staatliche Bevormundung und Bürokratie, beschränkter Leistungskatalog für alle, weniger Selbstbestimmung, weniger Wettbewerb, keine Nachhaltigkeit", übernommen worden. Auch in ihrer optischen Gestaltung seien PKV- und Unionspapier gleich.

Jens Spahn war bis März 2015 Vorsitzender des "Beirats Gesundheit" der Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen, die zur Vorbereitung von Gesetzesinitiativen Unternehmen und Verbände mit Abgeordneten und Vertretern der Bundesregierung zusammenbringt. Mitglied der Gesellschaft ist u.a. der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Die Beiräte bilden das Forum, in dem der Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Politiker:innen (Parlamentarier:innen und Parlamentarische Staatssekretäre), Vertreter:innen von Verbänden, Unternehmen und Beratungsgesellschaften und diesen nahestehenden Professor:innen stattfindet. Die Tagungen der Beiräte finden in den Mittagspausen der Sitzungen des Deutschen Bundestages statt. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass Mitglieder der Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen am Meinungsaustausch teilnehmen können.

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Weiterführende Informationen

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Einzelnachweise

  1. Parlamentskreis Mittelstand, cducsu.de, abgerufen am 12.05.2021
  2. 2,0 2,1 2,2 Mails zeigen vertraulichen Kontakt von Spahn und Benko mitten im Corona-Lockdown, focus.de, 03.04.2025, abgerufen am 04.04.2025
  3. 3,0 3,1 Spendendinner des Gesundheitsministers: Spahns Schweigekartell, taz.de, 05.04.2021, abgerufen am 6.4.2021
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 "Schützt Dich und mich. Lg Jens, sueddeutsche.de, 04.11.2021, abgerufen am 19.01.2022.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 "Im Nebenjob Abgeordneter", Focus, 26.11.2012, Ausgabe 48, Seite: 28-32
  6. 6,0 6,1 Jens-Spahn - Vita, jens.spahn.de, abgerufen am 04.04.2025
  7. Kommentar: Mit Fehlentscheidungen hauptverantwortlich für das Corona-Debakel, Frankfurter Rundschau vom 03.12.2021, abgerufen am 18.01.2022.
  8. vgl. etwa: Corona-Minister Jens Spahn: Noch lange nicht ausgebrannt, ntv.de, 12.11.2021, abgerufen am 18.01.2022.
  9. Medien und Medizinsoftware: Der Profiteur von Spahns Politik, correctiv.org vom 03.09.2025
  10. 10,0 10,1 „Danke lieber Jens“: Berichte über brisante Mails zwischen René Benko und Jens Spahn aus der Corona-Krise, businessinsider.de, 03.04.2025, abgerufen am 04.04.2025
  11. Deutschland wagt Schritt aus dem Stillstand, dw.com, 20.04.2020, abgerufen am 04.04.2025
  12. „Lg Jens“: Brisante Berichte über Mail-Kontakt von Spahn und Benko, morgenpost.de, 03.04.2025, abgerufen am 04.04.2025
  13. masken-spahn-sudhof-...www.zdfheute.de, abgerufen am 26.06.2025.
  14. ...sudhof-bericht-drama-in-milliardenhoehe-durch-spahn,handelsblatt.com, 24.06.2025, abgerufen am 26.06.2025.
  15. Enquete,bundestag.de, abgerufen am 26.06.2025.
  16. 16,0 16,1 Emittlungen im Gesundheitsministerium, tagesschau.de, 21.06.2024, abgerufen am 25.08.2025.
  17. Masken-Deal: Staatsanwaltschaft München stellt Ermittlungen ein, .br.de, 31.08.2021, angerufen am 25.08.2025.
  18. 18,0 18,1 18,2 18,3 18,4 >Jetzt will ich rechtlich verbindlich das Zeug ;- )<, spiegel.de, 12.06.2025, abgerufen am 25.08.2025.
  19. Paul Bauwens-Adenauer, Dr. Hugo Fiege und Dr. Karsten Wildberger im Präsidium des Wirtschaftsrates der CDU e.V., wirtschaftsrat.de, 03.06.2019, aufgerufen am 25.08.2025.
  20. Jens Spahn will Namen der Spender nicht nennen, tagesspiegel.de, abgerufen am 25.03.2021
  21. Harsche Kritik an Jens Spahn, spiegel.de, 28.02.2021, abgerufen am 25.03.2021
  22. Kaufpreis von Spahns Villa darf veröffentlicht werden, spiegel.de, 18.03.2021, angerufen am 25.08.2025.
  23. Spahn finanzierte Villen-Kauf zum Teil mit einem Sparkassen-Kredit - zuvor saß er jahrelang im Verwaltungsrat der Bank., buisnessinsider.de, 04.10.2020, abgerufen am 25.08.2025.
  24. Berichterstattung hätte nicht verboten werden dürfen: Gericht stuft Spahns Villenkauf als politisches Thema ein., tagesspiegel.de, 27.04.2021, abgerufen am 25.08.2025.
  25. Update/Jens Spahn ließ Journalisten ausforschen: "Ein Bundesminister sollte die Pressefreiheit achten", tagesspiegel.de, 24.02.2021, abgerufen am 25.08.2025.
  26. Jens Spahn besitzt mehr Immobilien in Berlin als bisher bekannt, stern.de, 22.01.2020, abgerufen am 20.01.2022.
  27. Die Fehler des Jens Spahn, spiegel.de, 26.02.2021, abgerufen am 25.08.2025.
  28. Der Minister und die Millionen, zeit.de, 06.05.2021, abgerufen am 25.08.2025.
  29. Der Schatz vom Attersee, spiegel.de, 25.11.2022, abgerufen am 25.08.2025.
  30. Wie finanzierte Spahn seine Luxus-Villa? Spur führt nach Österreich. , puls24.de, 25.11.2022, abgerufen am 25.08.2025.
  31. Spahn investierte in Steuer-Software n-tv.de, 24.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  32. 32,0 32,1 Spahn gibt Investment in Start-up auf, sueddeutsche.de, 29.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  33. Finanz-Staatssekretär beteiligte sich an Steuerfirma bild.de, 24.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  34. „Nicht nur grotesk, sondern auch bedenklich“, handelsblatt.de, 25.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  35. Spahn verteidigt Beteiligung an Start-up, zeit.de, 25.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  36. „Riesenzuwachs dank Berichterstattung“ wiwo.de, 09.09.2017, abgerufen am 23.03.2018
  37. 37,0 37,1 37,2 Stellungnahme von Jens Spahn zur Focus-Berichterstattung; ging LobbyControl am 28.11.12 zu
  38. 38,0 38,1 Focus: Spahns Lobbyfirma, Apotheke adhoc, 26.11.2012, abgerufen am 18.01.2022.
  39. Max Müller verlässt DocMorris und geht zu Bayer, deutsche-apotheker-zeitung.de, 28.01.2020, abgerufen am 18.01.2022.
  40. Ansprechpartner, cdu-kreis-borken.de, abgerufen am 18.01.2022.
  41. Auskunft des Büros von Jens Spahn an LobbyControl, 28.11.2012
  42. Leipziger Volkszeitung vom 30. November 2012
  43. Parlamentskreis Mittelstand, cducsu.de, abgerufen am 07.04.2025
  44. Leadership, idu.org, abgerufen am 05.09.2025
  45. Bundesvorstand, mit-bund.de, abgerufen am 22.03.2018
  46. Veröffentlichspflichtige Angaben, bundestag.de, abgerufen am 29.10.2025
  47. Veröffentlichspflichtige Angaben, bundestag.de, abgerufen am 29.10.2025
  48. Mitglieder, ludwig-erhard.de, abgerufen am 22.03.2018
  49. Veröffentlichspflichtige Angaben, bundestag.de, abgerufen am 29.10.2025
  50. Community, younggloballeaders.org, abgerufen am 22.10.2021

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