European Automobile Manufacturers Association

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European Automobile Manufacturers Association (ACEA)
Rechtsform
Tätigkeitsbereich Interessenverband der Europäischen Automobilindustrie
Gründungsdatum 1991
Hauptsitz Brüssel
Lobbybüro
Lobbybüro EU
Webadresse www.acea.be

Die European Automobile Manufacturers Association (ACEA) ist der Lobbyverband der Europäischen Automobilindustrie.

Kurzdarstellung und Geschichte

ACEA ist der Verband der Europäischen Automobilhersteller, der die Interessen der Hersteller von Personenkraftwagen, Bussen und Lastkraftwagen vertritt. Der Vorgängerverband ist das Comité des Constructeurs du Marché Commun (CMMC).

Der Automobilmarkt ist mit seinen etwa 80 Verordnungen und 70 UNECE-Vereinbarungen ist eine der am stärksten regulierten Branchen in Europa.[1] Ein Schwerpunkt der Verbandstätigkeit besteht vor diesem Hintergrund darin, über den Kontakt zu den Europäischen Institutionen die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne der Automobilindustrie zu beeinflussen.

Lobbystrategien und Einfluss

Der europäische Autolobbydachverband beschäftigt 16 Lobbyisten in Brüssel, von denen 5 über einen Zugang zu den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments verfügen. Er gehört vier Branchenforen des europäischen Parlamentes an, sowie drei beratenden Gruppen der Komission (unter anderem GEAR 2030).

ACEA ist Mitglied in folgenden Organisationen:

ACEA kombiniert in seiner Lobbystrategie ökonomische, juristische und technische Argumentationslinien, um effektiv Regulierungen, die den Autoherstellern vermeintlich höhere Kosten bescheren würden, zu verhindern.

Durch das Hervorheben der internationalen Konkurrenz und der Androhung von Arbeitsplatzverlusten ist der Verband dazu im Stande massiven Druck auf die Entscheidungsfindungsprozesse in der Europäischen Union auszuüben.

Fallbeispiele und Kritik

Lobbyarbeit der deutschen Automobilindustrie gegen nationale und europäische Klimaregulierung

Einem Bericht des Thinktanks InfluenceMap zufolge, hat sich die deutsche Automobilindustrie mit Lobbyarbeit und „grünen“ PR-Kampagnen gegen Klimaregulierungen auf deutscher und europäischer Ebene eingesetzt. Den drei größten Autobauern, BMW, Volkswagen und Daimler sowie den Industrieverbänden, Verband der Automobilindustrie (VDA) und European Automobile Manufacturers Association (ACEA), stehe dabei ein jährliches Lobbybudget von 10 Millionen € zur Verfügung. Die Positionen von Unternehmen und Verbänden unterscheiden sich jedoch grundlegend, wie am Beispiel von VW deutlich wird. Während VW eine zunehmend aufgeschlossene Position im Bereich Klimaschutzregulierung vertrete, würden BMW, der VDA und der ACEA mit Lobbyarbeit versuchen, klimapolitisch wirksame Maßnahmen, wie Emissionsstandards oder einen Ausstieg des Verbrennungsmotors zu schwächen. [2] So hatte sich etwa der BMW-Vorstandsvorsitzende und gleichzeitiger Präsident des ACEA, Oliver Zipse, bei einem Treffen mit der EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean gegen Vorschriften zur Abschaffung des Verbrennungsmotors ausgesprochen. [2] Diese Haltung widerspreche dem Inhalt von PR-Kampagnen, in denen BMW mit „nachhaltiger Mobilität“ wirbt, so die Kritik in dem Bericht. Auch der VDA hatte sich in einem Schreiben an den Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, ausdrücklich gegen ein Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor positioniert. [2] Insgesamt könnten sich vereinzelt positive Anstrengungen der deutschen Autobauer im Bereich Klimaschutz nicht durchsetzen, wenn sich die Industrieverbände des VDA und des ACEA, welche die Interessen der deutschen Autokonzerne vertreten, diesen entgegenwirken. [3] [4]

Abgasnormen

2007 schlug der damalige EU-Umweltkommissar Stavros Dimas vor die CO2-Grenzwerte bis 2012 auf 120g/km herunterzusetzten. Von Seiten der Autolobby wurde daraufhin bewusst der Eindruck erweckt, dass es sich bei den 120gm/km um einen festen Grenzwert handele. Dabei sollte dieser Wert im Durchschnitt aller Händler umgesetzt werden. Bis 2008 sagte die Autoindustrie freiwillig zu den CO2-Ausstoß auf 140gm/km zu verringern. Dies wurde nicht umgesetzt. [5]

Einführung des RDE Prüfverfahrens

Der VW-Skandal im September 2015 zeigte, dass Autohersteller die gesetzlichen Stickstoffoxid-Grenzwerte zwar in Labortests einhielten, aber in der Realität massiv überschritten (VW um bis zu 400%). Seit 2011 war dies der Kommission bekannt. Sie arbeitete deshalb an neuen Real Driving Emissions (RDE) Tests, die die bisherigen Laborprüfverfahren um Messungen der Stickstoffoxid-Grenzwerte auf der Straße ergänzen sollten. Im März 2016 wurde bekannt, dass ACEA gezielt das neue Testverfahren zu diskreditieren und die Implementation zu verhindern bzw. zu verzögern suchte: An mehreren Wochenenden im Jahr 2015 fanden geheime Treffen zwischen Kommission und ACEA statt, bei denen Insiderinformationen ausgetauscht wurden. Sowohl Kommission als auch Autolobbydachverband beteuerten, dass es sich bei den informellen Treffen ausschließlich um technische Beratungen handelte. Ein fragwürdiges Bekenntnis: Bei den Testverfahren geht es um die politische Festlegung von Abgas-Kontrollwerten, die der Luftverschmutzung und der damit einhergehenden frühzeitigen Todesfälle Grenzen setzten sollen.

Im März 2015 nutzte ACEA das Marketingformat der Roadshow, um die Mitgliedstaaten in ihrem eigenen Land auf nationaler Ebene für die Interessen der Autokonzerne zu gewinnen und somit ein Mittel in der Hand zu haben, unliebsame Entscheidungen der Komission zu verhindern. Eine effektive Methode: Im weiteren Verlauf des Entscheidungsfindungsprozesses argumentierten Zentral- und Osteuropäische Länder, sowie Spanien, Italien und Schweden im Sinne ACEAs.[6]

Der Email-Verkehr zwischen ACEA und der Kommission belegt, dass der Autolobbydachverband aktiv auf die Kommission einwirkte, um die RDE-Testbedingungen abzuschwächen. So sollten Szenarien, bei denen mehr Stickstoffoxide ausgestoßen wird, beispielsweise bei Kaltstarts, dem Gebrauch von Scheibenwischern sowie der Nutzung des Lichtes vom Testverfahren ausgeschlossen werden, weil diese nicht den „normalen“ Testbedingungen entsprächen. Nach einer weiteren E-Mail von Volkswagen (ein Mitglied ACEAs) beschloss man auf Hochgeschwindigkeitstests und Kaltstarts bei RDE-Tests zu verzichten.[7]

Nicht nur bei den Testbedingungen, sondern auch bei den Abstimmungen zum neuen Abgasmessverfahren setzte sich letztendlich der europäische Autolobbydachverband ACEA im Schulterschluss mit deutscher Autolobby und Regierung durch. Am 3.Februar 2016 beschloss das EU-Parlament mit 323 zu 317 Stimmen einen Entwurf, der sogenannte „Konformitätsfaktoren“ zulässt. Für die Typenzulassung neuer Modelle gilt nun ab September 2017 der Faktor 2,1, ab Januar 2020 der Faktor 1,5 . Das heißt es soll möglich sein die realen Abgaswerte bis 2020 um 110% zu überschreiten und danach weiterhin um 50%. Den Entwurf hatte das Parlament im Dezember 2015 noch mehrheitlich abgelehnt, auch der europäische Rechtsausschuss hatte Bedenken geäußert. Der Umweltausschuss rief vorab die Parlamentarier_Innen auf, ein Veto einzulegen.[8] Die Autohersteller erweiterten im Vorfeld der Abstimmung die Lobbystrategie der Druckausübung durch E-Mail- und Telefonverkehr um juristische Schritte. So wurde die - generell in Lobbyismus involvierte aber nicht im Lobbyregister registrierte - Anwaltskanzlei Van Bael & Bellis hinzugezogen, die der EU-Komission am 31.Juli 2015 eine Studie vorlegte. Diese unterstreicht, dass es der Komission nicht möglich sei neue Emissionsgrenzwerte ohne Konformitätsfaktoren zu beschließen.[9]

TTIP

Daten von unserer Partnerorganisation Corporate Europe Observatory (CEO) zeigen, dass die European Automobile Manufacturers' Association (ACEA) der viertaktivste Interessenverband in der Generaldirektion Handel zu TTIP ist und im Rahmen dieser mindestens 12 Treffen zwischen Januar 2012 und Februar 2014 wahrgenommen hat. ACEA war auch aktiv in der Beeinflussung der europäischen ParlamentarierInnen zum Thema Freihandelsabkommen.[10]

Forum for Mobility and Society (FMS)

ACEA ist eines der Gründungsmitglieder des parlamentarischen Forums, dessen Ziel es ist Interessenvertreter der Automobilindustrie mit Vertretern der Europäischen Kommission und des Parlaments zusammenzubringen. Das Forum gehört zu den informellen Arbeitsgruppen des EU-Parlamentes, zu den sogenannten Intergroups. Im August 2016 wurden 7 Europaabgeordnete als politische Mitglieder angegeben, wovon 4 im Untersuchungsausschuss zu den Emissionsmessungen in der Automobilindustrie saßen.[11] Ein Bericht von CEO im Jahr 2011 deckte auf, dass einige der politischen Mitglieder Gesetzesvorschläge in den legislativen Prozess eingebracht hatten, die auf den Ideen der Automobilindustrie beruhten.[12] Vorsitzende des Forums sind: Henna Virkkunen (EPP), Ismail Ertug (S&D) und Dominique Riquet (Renew) (Stand: 09/2022).[13] Darüber hinaus hat das Forum politische Sponsoren. Darunter sind die ehemaligen EU-Abgeordneten: Inés Ayala Sender (S&D); Georges Bach (EPP); Michael Cramer (Greens/EFA); Jacqueline Foster (ECR), sowie die derzeitigen Mandatsträger: Dita Charanzová (Renew); Bernd Lange (S&D); Ulrike Müller (Renew); Dominique Riquet (ALDE); Christel Schaldemose (S&D) und István Ujhelyi (S&D).[13]


Austritt von Volvo und Stellantis

Zum Ende des Jahres 2022 hatten erstmalig zwei Mitglieder ihren Austritt aus dem Verband verkündet. Laut Volvo passte die Haltung des Verbandes nicht mehr zu den Zukunftsambitionen des Unternehmens. Volvo hatte sich das Ziel gesetzt bis 2030 nur noch voll elektrische Automobile zu verkaufen. ACEA hingegen hatte sich vehement gegen das EU-Verbot von Verbrennungsmotoren gestemmt.[14] Die Automobilindustrie hatte es erfolgreich geschafft ihren Interessen in der Debatte um das Verbrennerverbot Gehör zu verschaffen und eine Frist zu bewirken, die erst 2035 greift. Diese Frist wurde von Umweltverbänden als 10 Jahre zu spät kritisiert.[15] Auch Stellantis, der Opel-Mutterkonzern, plante zum Ende des Jahres 2022 aus dem Verband austreten. Laut einem Artikel des Handelsblatts sei die Argumentation jedoch eine andere: Da der Verein es nicht geschafft habe, das Verbrennerverbot vollkommen abzuwenden, sehe der Stellantis Konzernchef Tavares keinen Mehrwert darin im Verein zu verbleiben.[16] Wenn auch unterschiedlich begründet, die Austritte der beiden Unternehmen aus dem Verband verdeutlichen vor allem eines: Die klare Ausrichtung der ACEA auf den Schutz fossiler Geschäftsmodelle, wie dem Verbrenner. Elektrobauer wie Tesla sind im Verband entsprechend auch nicht vertreten, diese organisieren sich im derzeit wachsenden Lobbyverband Avere (European Association for Electromobility).

Organisationsstruktur und Personal

Präsident

Der Präsident wird vom Verwaltungsrat für ein Jahr gewählt (eine Wiederwahl ist möglich). Der derzeitige Präsident ist

  • Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG

Generaldirektorin ("Director General")

  • Sigrid de Vries

Verwaltungsrat ("Board of Directors")

Der Verwaltungsrat setzt sich aus den Vorstandsvorsitzenden ("CEOs") der Mitgliedsunternehmen zusammen. Die Mitglieder sind hier abrufbar. Mitglieder deutscher Unternehmen sind:

Mitglieder

Mitglieder sind:

  • BMW Group
  • DAF Trucks NV
  • Daimler AG
  • Ferrari
  • Ford of Europe GmbH
  • Honda
  • Hyundai Motor Europe GmbH
  • IVECO S.p.A.
  • Jaguar Land Rover
  • Mercedes Benz
  • PSA Peugeot Citroen
  • Renault SA
  • Toyota Motor Europe
  • Volkswagen AG

Zusätzlich gibt es assoziierte Mitglieder.

Partner

Die Partner sind auf der Website von ACEA abrufbar. Zu ihnen gehören neben Verbänden aus der Automobil- und Automobilzulieferindustrie der einflussreiche Arbeitgeberverband Businesseurope.

Finanzen

Laut EU-Transparenzregister liegen die geschätzten Kosten der direkten Lobbyarbeit bei den EU-Organen im Geschäftsjahr 2021 zwischen 2,5 und 2,75 Millionen €. [17]

Einzelnachweise

  1. What we do, Webseite ACEA, abgerufen am 22. 10. 2014
  2. 2,0 2,1 2,2 German Automakers and Climate Policy. German automakers dominate the fight to weaken climate regulation. An InfluenceMap Report, November 2021. S. 13f.
  3. Deutsche Autobauer dominieren den Kampf gegen nationale und europäische Klimaregulierung influencemap.org, abgerufen am 18.11.2021
  4. Thinktank: Deutsche Autobauer bremsen Verkehrswende aus n-tv.de, vom 11.11.2021, abgerufen am 18.11.2021
  5. Merkel und Verheugen geben Gas für die deutsche Autolobby , lobbycontrol.de vom 1.02.2007, abgerufen am 12.08.2016
  6. Leak shows Commission giving inside information to car lobby on new emissions tests, CEO vom 16.03.2016, abgerufen am 12.08.2016
  7. Scandal-hit car industry in the driving seat for new emissions regulations, CEO vom 29.01.2016, abgerufen am 12.08.2016
  8. Abgasskandal: Autolobby setzt erneut Interessen in Brüssel durch, lobbycontrol.de vom 17.02.2016, abgerufen am 12.08.2016
  9. Scandal-hit car industry in the driving seat for new emissions regulations, CEO vom 29.01.2016, abgerufen am 12.08.2016
  10. The revolving door: greasing the wheels of the TTIP lobby, CEO vom 15.07.2015, abgerufen am 12.08.2016
  11. Forum for Mobility and Society, abgerufen am 12.08.2016
  12. Lobbying under the radar continues: MEP-industry forums still avoid scrutiny, CEO vom 12.10.2015, abgerufen am 12.08.2016
  13. 13,0 13,1 Home, debatingmobility.eu, abgerufen am 15.09.2022
  14. Volvo und Stellantis unzufrieden mit Lobbyverband auto-motor-und-sport.de, 19.07.2022, abgerufen am 15.09.2022
  15. Wie Verbrenner verschwinden sollenTagesschau, 09.06.2022, abgerufen am 15.09.2022
  16. Stellantis verlässt Autoherstellerverband AceaHandelsblatt 14.06.2022, abgerufen am 15.09.2022
  17. EU Transparenzregister abgerufen am 15.09.2022

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