EUTOP
EUTOP International GmbH | |
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Rechtsform | GmbH |
Tätigkeitsbereich | Lobbyagentur, die die Interessen von Unternehmen und Verbänden in Brüssel vertritt |
Gründungsdatum | 1990 |
Hauptsitz | München, Denninger Straße 15 |
Lobbybüro | |
Lobbybüro EU | Brüssel, Rue d'Arlon 15 |
Webadresse | eutop.com |
Die EUTOP International GmbH ist eine Lobby-Agentur, die 1990 von Klemens Joos gegründet wurde.
Die Firma nutzt gerne ehemalige Politiker als Türöffner für ihre Lobbyarbeit. Es gab wiederholt Berichte über fragwürdige Lobby-Methoden.
Die Interessenvertretung wird von den vier EUTOP-Gesellschaften (EUTOP Europe GmbH, EUTOP International GmbH, EUTOP Berlin GmbH und EUTOP Brussels SRL) selbst betrieben oder in Auftrag gegeben. Auftragnehmer sind EUTOP-Schwestergesellschaften und sog. Strukturelle Berater. In München befindet sich die Hauptverwaltung der EUTOP Group. Hier haben neben der Geschäftsführung auch die Corporate Services und die administrativen Bereiche von EUTOP ihren Sitz. Über den Wirtschaftsbeirat Bayern ist Firmengründer Joos mit der CSU gut vernetzt. Für die "Prozessoptimierung zwischen bayerischer Wirtschaft und EU-Institutionen" wurde Joos 2019 der Bayerische Verdienstorden verliehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Klemens Joos: Gründer, langjähriger Geschäftsführer und Vorsitzender des Beirats
- 2 Lobbystrategien und Personal
- 3 Angaben zur Lobbytätigkeit im Lobbyregister und EU Transparenzregister
- 4 Organisationsstruktur und Personal
- 5 Fallbeispiele
- 6 EUTOP-Artikel bei LobbyControl
- 7 Weitere Informationen
- 8 Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
- 9 Einzelnachweise
Klemens Joos: Gründer, langjähriger Geschäftsführer und Vorsitzender des Beirats
Klemens Joos kommt aus dem CSU- Umfeld und gehörte früher dem Vorstand der Jungen Union in Bayern an. Laut „Augsburger Allgemeine“ baute er sich ein Netz aus Jung-Unionisten auf, die er zum Teil für seine Firma arbeiten ließ.[1] Die Idee: Aus den Talenten werden eines Tages Kandidaten für die Parlamente. Joos ist Mitglied des Präsidiums des Wirtschaftsbeirat Bayern, dem auch mehrere Präsidiumsmitglieder der CSU angehören, was die Lobbyarbeit in Bayern und in Brüssel erleichtert. So ist Angelika Niebler, Präsidentin und Vorsitzende des Forums Brüssel des Wirtschaftsbeirat Bayern, Europaabgeordnete und Stellv. Parteivorsitzende der CSU. In den Jahren 1998, 1999 und 2002 erhielten CDU und CSU von EUTOP Parteispenden in Höhe von insgesamt rund 75.000 Euro bzw. 77.000 Euro.[2] Hendrik Wüst (CDU), seit 2021 Ministerpräsident des Landes NRW, war von 2002-2005 bei EUTOP tätig, zunächst als Referendar, ab 2004 als Syndikus. Theo Waigel (CSU), der von EUTOP zu hohen Honoraren als Redner vermittelt worden ist[3], beschrieb die Lobbytätigkeit von Joos in „30 Jahre EUTOP“ wie folgt: „Aus der Politik heraus, die Klemens Joos in der Jungen Union kennenlernte, kam die Leidenschaft für die Politik, aber auch die Erkenntnis, nicht von der Politik, sondern für die Politik zu leben“. [4] 2019 wurde Joos vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der ihn seit der Schüler-Union und der gemeinsamen Zeit im bayerischen Vorstand der Jungen Union kennt[5], der Bayerische Verdienstorden verliehen. Begründung: Joos habe sich als geschäftsführender Gesellschafter einer Unternehmensgruppe "die Prozessoptimierung zwischen bayerischer Wirtschaft und EU-Institutionen" auf die Fahnen geschrieben.[6] Der Orden ist für hervorragende Verdienste um den Freistaat Bayern und das bayerische Volk geschaffen worden.
Nach der Gründung der EUTOP promovierte Joos zum Thema: "Interessenvertretung deutscher Unternehmen bei den Institutionen der Europäischen Union". Bis 2021 war er als Lehrbeauftrager an der LMU München für das Aufgabengebiet "Convincing Political Stakeholders" tätig. Seit 2021 ist er Lehrbeauftragter an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Müchen (TUM) für das Aufgabengebiet „Management of Relationships to Political Stakeholders". Im Februar 2022 hat die Technische Universität München (TUM) Joos zum Honorarprofessor für Stakeholder Management (einer Umschreibung für Lobbyismus) bestellt. Die Begründung; „Mit Dr. Joos leisten wir an der TUM School of Management wichtige Pionierarbeit auf diesem Gebiet“.[7]
EUTOP ist ein Teil des Firmengeflechts von Joos. Zu diesem gehörten außerdem die EUTOP Speaker Agency, die u.a. Vorträge für Politiker vermittelte, und das ehemalige Internetportal polixea (vorher: politikerscreen). Polixea präsentierte sich als Informationsdienst für Politik samt einer speziellen Suchmaschine für politische Inhalte. Die Suchmaschine war zeitweise auf den Webseiten verschiedener Parteien, Abgeordneter und sogar Ministerien eingebunden. Kooperationen mit dem ZDF und mit Focus stärkten die Glaubwürdigkeit. Unklar ist, ob polixea auch den Kunden von EUTOP zugute kam. LobbyControl äußert den Verdacht, dass es sich bei polixea um eine deutsche Form des “Journo-Lobbying” handeln, also die Nutzung vermeintlich journalistischer Informationsangebote für Lobby-Strategien.[8] Auf jeden Fall bot die Plattform die Möglichkeit, Politiker zu Gastbeiträgen einzuladen und darüber mit ihnen in Kontakt zu treten. Zudem gab es Überschneidungen zwischen den Kunden von EUTOP und politikerscreen.[9] (siehe Fallbeispiele).
Die Firmen von Joos sind in der EUXEA Holding gebündelt, einer Unternehmensgruppe mit 18 Gesellschaften. Deren Schwerpunkt liegt in den folgenden Bereichen: Perspective Change, Governmental Relations, Real Estate sowie Services und Handwerk.
Lobbystrategien und Personal
Auf seiner Webseite wirbt EUTOP gegenüber potentiellen Kunden damit, diverse Kontakte mit Entscheidungsträgern der Legislative und Exekutive in allen EU-Mitgliedsstaaten aufgebaut zu haben.[10] Auf diese Weise unterstütze die Organisation ihre Kunden effektiv und effizient dabei, ihre Anliegen in die Entscheidungsprozesse in Brüssel und in den Mitgliedstaaten der EU einzubringen. EUTOP warb dazu u.a. wiederholt ehemalige Politiker an, die ihre Kontakte und ihr politisches Insider-Wissen mitbringen. EUTOP-Mitarbeiter haben fundierte Berufserfahrung im politischen Umfeld, zum Beispiel aufgrund früherer haupt- und ehrenamtlicher Tätigkeiten in Parlamenten, Regierungen oder Parteien in Deutschland, in anderen EU-Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene sowie bei global agierenden Unternehmen.[11] Die Lobbyarbeit wird von mehr als 150 Mitarbeitern und sog. Strukturellem Beratern betrieben, darunter ehemalige Spitzen der Legislative und Exekutive sowie Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus mehreren EU-Mitgliedstaaten. 2015 wurde bekannt, dass die CDU seit 2013 9 Lobbyist:innen von EUTOP mit Bundestagshausausweisen Zugang zum Parlament verschafft hatte.[12] Der Journalist Hans-Martin Tillack wertete Anfang 2017 interne Dokumente des Wirtschaftsministeriums aus und gewährt somit Einblick über die Lobbystrategien von EUTOP, insbesondere deren Zusammenarbeit mit Behörden.[13]
Angaben zur Lobbytätigkeit im Lobbyregister und EU Transparenzregister
Lobbyregister
Im deutschen Lobbyregister machen die EUTOP-Gesellschaften Angaben zur Lobbyarbeit im Jahr 2023 (Stand: 02.07.2024). Nach den neuen Lobbyregeln lässt sich nun deutlich besser nachvollziehen, welche der Ex-Politiker für welche Unternehmen tätig sind. Laut Recherchen von LobbyControl finden sich im neuen Eintrag von EUTOP im Lobbyregister jedoch Ungereimtheiten, unkonkrete Angaben und viele offene Fragen.[14]
EUTOP Europe GmbH (Die Interessenvertretung wird ausschließlich im Auftrag Dritter selbst sowie durch die Beauftragung weiterer Dritter wahrgenommen)
- Ausgaben für Lobbyarbeit: 1.850.001 bis 1.860.000 Euro
- Zahl der Lobbyist:innen: 0,38 Vollzeitäquivalent
- Mitgliedschaften: keine
Die Regelungsvorhaben, Kunden und eingesetzten Personen finden sich im Lobbyregister
EUTOP International GmbH (Die Interessenvertretung wird ausschließlich im Auftrag Dritter selbst sowie durch die Beauftragung weiterer Dritter wahrgenommen)
- Ausgaben für Lobbyarbeit: 910.001 bis 920.000 Euro
- Zahl der Lobbyist:innen: 1,01 Vollzeitäquivalent
- Mitgliedschaften: Institut der Regionen Europas, Wirtschaftsrat der CDU, Wirtschaftsforum der SPD, Wirtschaftsbeirat Bayern
Die Regelungsvorhaben, Kunden und eingesetzten Personen finden sich im Lobbyregister
EUTOP Berlin GmbH (Die Interessenvertretung wird ausschließlich im Auftrag Dritter selbst wahrgenommen)
- Ausgaben für Lobbyarbeit: 480.001 bis 490.000 Euro
- Zahl der Lobbyist:innen: 2,19 Vollzeitäquivalent
- Mitgliedschaften: de’ge’pol -Deutsche Gesellschaft für Politikberatung, Europäische Bewegung Deutschland
Nach den Registerangaben arbeitete die EUTOP Berlin GmbH 2022 aussschließlich für die drei EUTOP-Unternehmen EUTOP Europe GmbH, EUTOP International GmbH und EUTOP Brussels SRL
EUTOP Brussels SRL (Die Interessenvertretung wird ausschließlich im Auftrag Dritter selbst sowie durch die Beauftragung weiterer Dritter wahrgenommen)
- Ausgaben für Lobbyarbeit: 80.001 bis 90.000 Euro
- Zahl der Lobbyist:innen: 1 Vollzeitäquivalent
- Mitgliedschaften: European Policy Centre
Nach den Registerangaben arbeitete die EUTOP Brussels SRL 220 ausschließlich für British-American Tobacco (BAT) sowie zwei EUTOP-Unternehmen
EU Transparenzregister
Auch im europäischen Transparenzregister ist EUTOP eingetragen. Dort hat EUTOP Europe GmbH (Stand: 29.05.2024) für das Jahr 2022 >=1.000.000 Euro Lobyausgaben und 37 beschäftigte Lobbyist:innen (Vollzeitäquivalent: 16,3) angegeben. Nach den Registerangaben arbeitete EUTOP u.a. für AMADEUS IT Group, AlzChem, Apeel Technology, BMW. Group, Bayer und British American Tobacco
EUTOP Europe GmbH ist Mitglied im European Policy Centre.
Organisationsstruktur und Personal
Die Holdinggesellschaft der EUTOP Group ist die EUTOP International GmbH, München, mit den Tochtergesellschaften EUTOP Europe GmbH, EUTOP Brussels SRL, EUTOP Administration GmbH und EUTOP Trademark GmbH[15] Neben der Zentrale in München unterhält EUTOP Büros in Brüssel, Frankfurt, Berlin, Düsseldorf, Paris, Madrid, Rom, Wien, Budapest, Prag und Kopenhagen. Das EUTOP-Team besteht aus rund 150 Personen. Neben den Mitarbeitern gehören dazu auch Strukturelle Berater. Die EUTOP International GmH erzielte 2023 Umsatzerlöse in Höhe von 10,1 Mio. Euro; der Bilanzgewinn lag bei über 2 Mio.Euro.[16] EUTOP International ist eine Tochtergesellschaft der EUXEA Holding GmbH, deren Geschäftsführender Gesellschafter Klemens Joos ist.
Geschäftsführung
Geschäftsführer sind:
- Stefan Mappus, ehem. CDU-Politiker und ehem. Ministerpräsident von Baden-Württemberg
- Christian Schaufler, ehem. Büroleiter des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Mappus (CDU), ehem. Büroleiter der CDU-Landtagsfraktion Baden-Württemberg
Advisory Board
- Klemens Joos (Vorsitzender), Gründer
- Geschäftsführender Gesellschafter der AUXEA Holding
- Wirtschaftsbeirat Bayern, Mitglied des Präsidiums
- Europäische Akademie Bayern, Schatzmeister
Direktoren
Die Direktoren sind hier abrufbar
Senior Consultants
Die Senior Consultants sind hier abrufbar
Strukturelle Berater
EUTOP bezeichnet selbständige Berater, die für das Unternehmen als Unterauftragnehmer tätig sind, als Strukturelle Berater. Darunter befinden sich viele ehemalige Spitzenpolitiker und Ex-Staatssekretäre. LobbyControl hat im Lobbyregister (Stand: 02.07.2024) die folgenden 13 Unterauftragnehmer aus Politik und Verwaltung identifiziert, die meist für mehrere der EUTOP-Kunden tätig waren.[17]:
- Leo Dautzenberg, CDU-Bundestagsabgeordneter 1998-2011
- Volkmar Vogel, CDU-Bundestagsabgeeordneter 2002-2021, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern 2020-2021
- TM Consulting, Beratungsunternehmen von Martin Dörrmann, SPD-Bundestagsabgeordneter 2002-2017
- Ursula Heinen-Esser, CDU-Bundestagsabgeordnete 1998-2013, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium 2007-2013, Ministerin für Umwelt und Landwirtschaft in NRW 2018-2022
- Hans-Ulrich Krüger, SPD-Bundestagsabgeordneter 2002-2009 & 2013-2017
- Clemens Neumann, Abteilungsleiter im Bundeslandwirtschaftsministerium 2006-2019
- Ludwig Stiegler, SPD-Bundestagsabgeordneter 1980-2009
- Hans-Bernhard Beus, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium 2010-2013 und im Bundesministerium des Innern 2008-2010
- Alexander Pickart Alvaro, FDP-Europaabgeordneter 2004-2014, Vizepräsident des Europaparlaments 2011-2014
- Franz-Josef Lersch-Mense, SPD, NRW-Europa- und Medienminister im Bundeswirtschaftsministerium 2015-2017, Chef der Staatskanzlei NRW 2010-2017
- Uwe Beckmeyer (ExxonMobil), SPD, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium 2013-2018
- Wolfang Herrmann (Bayer AG), Präsident der TU München 1995-2019
- Christine Scheel (Edeka), Grünen-Bundestagsabgordnete 1994-2013
Ehemalige Mitarbeiter
- Hendrik Wüst (CDU), seit 2021 Ministerpräsident des Landes NRW, war von 2002-2005 als Vorsitzender der Jungen Union NRW und Mitglied des Bundesvorstands der CDU bei EUTOP tätig, zunächst als Referendar, ab 2004 als Syndikus.[18][19]Danach wurde er Generalsekretär der CDU NRW. Wüst war in die CDU-Parteitag Sponsoring-Affäre um Jürgen Rüttgers verwickelt, für die er die Verantwortung übernahm und daraufhin zurücktreten musste.
Fallbeispiele
2016: Ministererlaubnis zur Fusion von Edeka und Kaiser's Tengelmann
Die EUTOP war von Edeka beauftragt worden, sich in der Politik für eine Unterstützung der Fusion einzusetzen. Bei Kontakten zum Bundeswirtschaftsministerium kann sich EUTOP auf die Beziehungen ihres Geschäftsführers Detlef Dauke stützen, der bis Frühjahr 2015 Abteilungsleiter für Innovations-, IT- und Kommunikationspolitik im BMWi war.[20] Zunächst hatte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel entsprechende Kontakte bestritten, musste dann aber Aufgrund einer parlamentarischen Anfrage zugeben, sich in der fraglichen Zeit mit Klemes Joos getroffen zu haben. Edeka verweigerte auf Nachfrage von Medien genauere Angaben über den Auftrag.[21] Auch zu seinen Treffen mit den Chefs der Konzerne hatte der Minister zunächst falsche Angaben gemacht.[22] [23]
Im Sommer 2016 erlaubte Gabriel die vom Bundeskartellamt untersagte Fusion entgegen dem Votum der Monopolkommission. Das OLG Düsseldorf setzte mit Beschluss vom 12. Juli 2016 die Ministererlaubnis im Eilverfahren außer Kraft und erhob gegenüber Gabriel den Vorwurf der Besorgnis der Befangenheit.[24][25] Daraufhin reichte das Bundeswirtschaftsministerium gegen den Beschluss des OLG sowohl Nichtzulassungsbeschwerde als auch zulassungsfreie Rechtsbeschwerde zum BGH ein.[26] Durch die Rücknahme der Beschwerden im Hauptverfahren wurde die Ministererlaubnis im Dezember 2016 rechtskräftig.
2006: FDP-Parteisponsoring-Affäre
Ein Beispiel für die Überschneidungen der Inhalte von politikerscreen (später polixea) und den Interessen der EUTOP-Kunden, ist ein Gastbeitrag des damaligen FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle im September 2006 über die Änderung des Telekommunikationsgesetzes. Darin argumentierte er gegen eine weitreichende Regulierung des neuen VDSL-Breitbandnetzes der Deutschen Telekom. Das half der Deutschen Telekom bei der Frage, ob sie das neue Breitbandnetz ungeschützt von Konkurrenz einführen könne. Die Telekom-Tochtergesellschaft T-Online war währenddessen Kunde von EUTOP und hatte einen Content-Vertrag zur Abnahme von Inhalten der polixea[27]. Kurz nach Westerwelles Beitrag flossen 100.000 Euro von der politikerscreen.de AG an die FDP. Im Oktober 2006 stellte die ProLogo GmbH, die das Sponsoring für die FDP abwickelte, der politikerscreen.de AG 6 Rechnungen über "Sponsorenbeiträge" für FDP-Veranstaltungen. Die 6 Rechnungen addierten sich genau auf 100.000 Euro. Laut Spiegel waren die Gegenleistungen der FDP gering: auf den Einladungen zu den Veranstaltungen sollte das Logo von politikerscreen erscheinen und bei den Veranstaltungen Flyer ausliegen. Auf Parteitagen würden Sponsoren für geringere Summen große Messestände bekommen. Es kam der Verdacht auf, bei den Zuwendungen handle es sich um einer verdeckte Parteispende. Sponsoringzahlungen müssen von den Parteien nicht offen gelegt werden. Die Zahlungen an die FDP wurden nur durch einen Bericht des Spiegels im März 2010 öffentlich. Da war politikerscreen schon nicht mehr aktiv. Joos hatte polixea 2008 verkauft. Anschließend wurde polixea ein Angebot der trupoli AG. Kurze Zeit später wurde beides eingestellt[28].
2009: Vermittlung von Honorarrednern
Spiegel Online veröffentlichte 2009 einen Artikel mit dem Titel: "Skandalkonzern: Lobbyfirma soll überhöhte Honorare an Politiker gezahlt haben - Telekom unter Druck". Darin heißt es EUTOP soll hochrangige Politiker jahrelang mit lukrativen Honoraren für Vorträge geködert haben, um sie an die Lobbyfirma zu binden. In dem Artikel wird die Telekom als Geldgeber genannt, wobei sich die Autoren auf Akten der Bonner Staatsanwaltschaft beziehen. EUTOP erhob Klage gegen den Artikel und erwirkte, dass er wegen angeblichen Falschbehauptungen aus dem Netz genommen werden musste, ebenso wie Verweise auf den Bericht. Eine Kopie ist allerdings auf Wikileaks zu finden[29].
Mehrere prominente Politiker wurden von der EUTOP Speaker Agency GmbH als Honoraredner vermittelt, u.a. der ehemalige Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU), Ex-Arbeitsminister Walter Riester (SPD) sowie in den Jahren 2006 und 2007 der damalige FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle[30]. Dafür hat Westerwelle jeweils mehr als 7.000 Euro erhalten. Die genauen Zahlungen sind nicht bekannt, da die Nebeneinkünfte-Regeln des Deutschen Bundestages nur grob festgelegt und nach oben offen sind.
EUTOP-Artikel bei LobbyControl
- Wie wirken die neuen Lobbyregister-Regeln? 05. August 2024
- Verteidigungsministerium soll Lobbyjob von Ex-Staatssekretär untersagen, 01. Dezember 2014
- Neue Parteisponsoring-Affäre bei der FDP?, 06. April 2010
- Eutop lässt Artikel entfernen, 16. Juni 2009
Weitere Informationen
- Eigendarstellung im EUTOP Magazin 2024
- 30 Jahre EUTOP
- Agentur EUTOP - Wie ein Lobby-Riese mit dem Wirtschaftsministerium kooperiert Stern 28.03.2017
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Der Fall Nüsslein: von alten Seilschaften, Lobbyisten und der Gier nach Geld, augsburger-allgemeine.de vom 16.03.2021, abgerufen am 28.05.2022
- ↑ Pikanter Seitenwechsel: Vertrauter von Innenminister de Maziere wird Geschäfsführer einer Lobbyagentur, abgeordnetenwatch.de vom 25.11.2014, abgerufen am 28.05.2022
- ↑ Lobbyismus und Politik NRW, lokalkompass.de vom 06.10.2021, abgerufen am 28.05.2022
- ↑ EUTOP und die Europäische Union, eutop.com, abgerufen am 28.05.2022
- ↑ Polixea - wer es alles einbindet, sueddeutsche.de vom 19.12.2007, abgerufen am 26.05.2022
- ↑ Lindauer Zeitung Verdienstorden für Klemens Joos, pressreader.com, abgerufen am 26.05.22021
- ↑ Berufung der Woche, focus.de vom 18.02.2022
- ↑ Wer steckt hinter Polixea? www.lobbycontrol.de vom 16.01.2008, abgerufen am 08.06.2022
- ↑ Der Spiegel 13/2010: Teure Broschüren, abgerufen am 15.05.2017.
- ↑ Your Partner for Governmental Relations, eutop.com, abgerufen am 24.02.2022
- ↑ 30 Jahre EUTOP, dr-joos.eu, abgerufen am 25.02.2022
- ↑ Liste veröffentlicht: Diese Lobbyisten haben Zutritt zum Bundestag, abgeordnetenwatch.de vom 28.11.2015, abgerufen am 26.05.2021
- ↑ stern.de, Titel: Wie die Lobbyagentur EUTOP mit dem Wirtschaftsministerium kooperiert,von Hans-Martin Tillack
- ↑ Wie wirken die neuen Lobbyregister-Regeln?, lobbycontrol.de vom 05.08.2024, abgerufen am 23.08.2024
- ↑ EUTOP Group Status quo, eutop.com, abgerufen am 23.08.2024
- ↑ Jahresabschluss der EUTOP International GmbH zum 31. Dezember 2023, lobbyregister.de, abgerufen am 24.08.2024
- ↑ Wie wirken die neuen Lobbyregister-Regeln?, lobbycontrol.de vom 05.08.2024, abgerufen am 23.08.2024
- ↑ Hendrik Wüst, land.nrw, abgerufen am 24.02.2022
- ↑ Daniel Goffart und Thomas Siegm: Klamme Parteien nerven die Wirtschaft, Handelsblatt vom 23.02.2010, abgerufen am 15.05.2017.
- ↑ Geschäftsführung, eutop.de, abgerufen am 15.05.2017
- ↑ Vize-Kanzler in der Kritik: Das dicke Fell des Sigmar Gabriel, Webseite des Bayrischen Rundfunks, 3. August 2016, zuletzt aufgerufen am 15.05.2017
- ↑ Tengelmann-Übernahme: Gabriels geheime Treffen mit dem Edeka-Chef, Der Spiegel, 28. Juli 2016, zuletzt aufgerufen am 15.05.2017
- ↑ auf eine Parlamentarische Anfrage, Webseite des Bundestags, 25. Juli 2016, zuletzt aufgerufen am 15.05.2017
- ↑ Pressemitteilung Nr. 25/2016 des OLG Düsseldorf, olg-duesseldorf.nrw.de, abgerufen am 16.05.2017
- ↑ Heribert Prantl: Richter als Politiker, sueddeutsche.de 05.08.2016, abgerufen am 15.05.2017
- ↑ Ministererlaubnis Edeka/Tengelmann: Bundeswirtschaftsministerium legt vollumfänglich Rechtsmittel ein, juris.de, abgerufen am 15.05.2017
- ↑ Ulrich Müller: Neue Parteisponsoring-Affäre bei der FDP, Lobbycontrol vom 6. April 2010, abgerufen am 15.05.2017.
- ↑ Der Spiegel 13/2010: Teure Broschüren, abgerufen am 15.05.2017.
- ↑ Martin Reyher: Pikanter Seitenwechsel: Vertrauter von Innenminister de Maizière wird Geschäftsführer einer Lobbyagentur, abgeordnetenwatch.de vom 25.11.2014, abgerufen am 15.05.2017.
- ↑ Thorsten Denkler und Oliver Das Gupta: Westerwelle oder die Hand die nimmt, Süddeutsche vom 25.02.2010, abgerufen am 15.05.2017.