Microsoft

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Microsoft Corporation
Branche Softwareentwicklung
Hauptsitz One Microsoft Way, Redmond WA 98052, USA
Lobbybüro Deutschland Unter den Linden 17, 10117 Berlin
Lobbybüro EU Rue Montoyer 51, 1000 Bruxelles
Webadresse microsoft.com

Microsoft ist mit rund 189.000 Mitarbeitern in 119 Niederlassungen der größte Softwarehersteller weltweit (Stand 2021).[1] Der Umsatz im Geschäftsjahr 2021 betrug 168 Mrd. US-Dollar.[2] Als Software-Gigant ist Microsoft zum Beispiel an Cyber Security und Datenschutz, aber auch an Künstlicher Intelligenz interessiert und übt sowohl durch eigene Lobbyisten als auch durch Auftragslobbyarbeit und die Mitgliedschaft in zahlreichen Verbänden Einfluss auf die Politik aus. In den letzten Jahren hat Microsoft seine Lobbyarbeit sowohl in den USA als auch in der EU stark ausgeweitet. So brach der Konzern 2019 mit 10,49 Millionen US$ beinahe seinen Rekord für Lobbyausgaben in den Vereinigten Staaten[3] und belegt in Europa hinter Google den zweiten Platz der Tech-Unternehmen in puncto Aufwendungen für Lobbyarbeit.[4]


Lobbyarbeit: Struktur und Strategien

LobbyPlanet Berlin

Microsoft beschäftigt eigene Lobbyisten in allen für das Unternehmen wichtigen Machtzentren, wie beispielsweise Brüssel, Washington und Berlin. Neben der Lobbyarbeit, die Microsoft direkt betreibt, ist das Unternehmen an zahlreichen Lobby-Koalitionen beteiligt, wie z.B. der AmCham EU, einer Lobbygruppe, die die Interessen von US-Konzernen in der EU vertritt. Außerdem beauftragt Microsoft Anwaltskanzleien und PR-Agenturen mit Lobbyarbeit und beteiligt sich an Denkfabriken wie dem Centre for European Policy Studies (CEPS) oder dem Transatlantic Policy Network.

Die marktbeherrschende Stellung von Microsoft bei PC-Systemen und sein Umgang mit Nutzerdaten haben dem Image des Konzerns geschadet. Mithilfe von Astroturf-Initativen oder der Unterstützung von Bildungsprojekten versucht Microsoft seinen Ruf aufzubessern.

Lobbyarbeit in Deutschland

Im November 2013 wurde in Berlin die neue Hauptstadt-Repräsentanz von Microsoft eröffnet. Cheflobbyist für Microsoft Deutschland ist Seitenwechslerin Tanja Böhm, die zuvor als Landesbeamtin u.a. Leiterin des Referats Politische Koordinierung Bund-Land-Europa in der Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund und Nationale Expertin im Ausschuss der Regionen in Brüssel im Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalt war.[5] Um sich herum hat sie ein zwölfköpfiges Team von professionellen Interessenvertreter:innen.[6] Angaben über die Höhe der Lobbyausgaben macht Microsoft nicht. In Deutschland gibt es, anders als in den USA, kein Lobbyregister.

Die Microsoft-Repräsentanz steht für einen neuen Typus Berliner Lobbybüros, die sich zugleich an die Öffentlichkeit richtet - einer Verbindung aus Flagship-Store und Lobbyzentrale. Nur die erste von vier Etagen ist für die Lobbyarbeit reserviert. Das Büro umfasst ein eigenes Café, in dem man die neuesten Microsoft-Produkte testen kann sowie einen Veranstaltungsraum, in dem regelmäßig namhafte VertreterInnen der Politik anwesend sind. Im Dezember 2019 sprach hier beispielsweise Ralph Brinkhaus - Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema "Digitales Deutschland".[7]

Lobbyarbeit auf EU-Ebene

Microsoft betreibt ein eigenes Lobbybüro mit 17 Lobbyist:innen (10 Vollzeitäquivalent) in Brüssel, fünf dieser Interessenvertreter:innen haben einen Hausausweis für das Europäische Parlament. Damit stellt das Unternehmen die größte Lobby-Truppe unter den Tech-Konzernen in Europa. Für Lobbyarbeit gab Microsoft in der EU im Geschäftsjahr 2019 nach eigenen Angaben zwischen 5.000.000€ und 5.250.000€ aus und hat damit sein Budget in Brüssel über die letzten Jahre stetig erhöht.[8] 2014 - also zu Beginn der Juncker Kommission - gab der Konzern dafür noch zwischen 4.500.000€ und 5.000.000€ aus. Damit liegt das Unternehmen im Branchenvergleich vor Facebook und hinter Tech-Gigant Google.Verantwortlicher für die Lobbyarbeit in der EU ist Casper Klynge. Insgesamt sind 15 Personen mit Lobbyarbeit auf EU-Ebene betraut. Microsoft ist seit 2011 - also von Beginn an - im freiwilligen Transparenzregister der EU registriert.

Allein in den ersten acht Monaten des Jahres 2020 trafen sich Vertreter:innen von Microsoft 17 Mal mit Kabinettsmitgliedern und Kommissar:innen. Über die letzten Jahre war es vor allem der*die Kommissar:in für Digitalwirtschaft und den digitalen Binnenmarkt, mit denen der intensivste Kontakt des Unternehmens bestand.[9]

Für Microsoft sind gute Kontakte zu politischen Entscheidungsträgern wichtig, um so die Interessen des Unternehmens in die Entscheidungsabläufe der EU einzubringen. So veranstaltet etwa eine der Lobbyistinnen, Dorothee Belz, den „Salon der Ideen“. Mitglieder in diesem unternehmenseigenen Think Tank sind unter anderem mehrere Abgeordnete des Europäischen Parlamentes und des Deutschen Bundestages.[10] Belz ist neben ihrer Funktion als Vice President von Microsoft Europa auch in der Geschäftsführung des Wirtschaftsrates der CDU tätig, einer Lobbyorganisation von unionsnahen Unternehmern. Im Wirtschaftsrat war sie Vorsitzende der Begleitarbeitsgruppe zur Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages.[11]

Indirekt betreibt Microsoft auch über Denkfabriken und Verbände Lobbyarbeit. So unterstützt das Unternehmen die Denkfabriken Centre for European Policy Studies (CEPS) und das Transatlantic Policy Network, das sich insbesondere für die Intensivierung der transatlantischen Handelspartnerschaft einsetzt. Microsoft ist zudem unter anderem Mitglied in den Verbänden AmCham EU und der European Privacy Association (EPA).[12]

Außerdem versucht das Unternehmen, Entscheidungen auf EU-Ebene auch über die US-Regierung zu beeinflussen, wie beispielsweise in Kartellverfahren.[13] Die US-Regierung steht vielen US-Konzernen zur Seite, wenn deren Geschäftsinteressen durch politische Entscheidungen eines anderen Nationalstaates oder der EU nachteilig beeinflusst werden.

Jahr Lobbyausgaben in Brüssel (in €)
2019 5,000,000€ - 5,250,000€
2018 5,000,000€ - 5,250,000€
2017 4,500,000€ - 4,750,000€
2016 4,250,000€ - 4,500,000€
2015 4,250,000€ - 4,500,000€
2014 4,500,000€ - 5,000,000€

Quelle: LobbyFacts[14]

Microsoft ist u.a. Mitglied der folgenden Lobbyverbände und Thinktanks:


Lobbyarbeit in den USA

Im Jahr 2019 hat Microsoft 26 PR-Agenturen, Anwaltskanzleien und andere Lobbyfirmen damit beauftragt, die Politik in den USA in einer Vielzahl von Themen zu beeinflussen. Von den 111 Lobbyist:innen, die in diesem Jahr für den Tech-Riesen arbeiteten, handelt es sich bei über 80% um Seitenwechsler.[15] Vordergründig wurde das Unternehmen in den Bereichen Telekommunikation, Computer & Informationstechnologie sowie Immigration im Kontext von Visa-Programmen für hochqualifizierte Fachkräfte (H-1B) und solchen, die als Kinder illegal in die USA eingereist sind (DACA), aktiv.[16] Im selben Jahr gab der Konzern beinahe so viel Geld für Lobbyarbeit wie im bisherigen Rekordjahr 2013 aus und verfolgt somit einen Trend stetig ansteigender Ausgaben.[17] Insgesamt überholten die fünf größten Tech-Giganten 2019 die US Chamber of Commerce, die bislang die Akteurin mit den größten Lobbyausgaben darstellte.[18]

Jahr Lobbyausgaben in den USA (in US$)
2020 9,64 Millionen
2019 10,26 Millionen
2018 9,59 Millionen
2017 8,66 Millionen
2016 8,71 Millionen
2015 8,49 Millionen
2014 8,33 Millionen
2013 10,49 Millionen

Quelle: OpenSecrets[19]

Fallbeispiele und Kritik

Microsoft & Datenschutzverordnungen in Washington

Die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die im Mai 2018 in Kraft trat, wurde bereits von verschiedenen Ländern, von Süd Korea bis Kolumbien, in unterschiedlichen Ausprägungen übernommen. Den großen Tech-Firmen wird in den USA bislang jedoch noch deutlich mehr freie Hand gelassen als in Europa. Nichtsdestotrotz gibt es auch dort vermehrt Versuche, sich dem Recht der EU anzunähern. So begannen die Gesetzgeber:innen im Washington State einen Gesetzesvorschlag zum Thema Datenschutz auszuarbeiten, der sich stark auf die DSGVO bezog und sogar ganze Passagen wortwörtlich übernahm. [20] Dieser sollte ebenfalls das Recht von Kund:innen beinhalten, eine Löschung persönlicher Informationen aus Firmendatenbanken verlangen zu können.

Eine solche Verordnung hätte die Grundlage für stärkere potenzielle nationale US-Datenschutzregeln sein können. Microsoft reagierte auf dieses Szenario allerdings mit einer elfprozentigen Steigerung seiner Lobbyausgaben in Olympia, der Hauptstadt vom Washington State, und spielte laut Aktivist*innen und Abgeordneten eine bedeutende Rolle beim Entwerfen der Verordnung. Die finale Version des Gesetzes beinhaltet im Gegensatz zur europäischen DSGVO die Prämisse, dass Konzerne weiterhin das vorrangige Recht besitzen, persönliche Daten zu sammeln anstatt Kund:innen im Schutz ihrer Daten zu stärken.[21]

Windows als staatliche IT

Microsoft hat es nicht nur geschafft, auf dem freien Markt eine Vormachtstellung für sein Betriebssystem zu erlangen, sondern baut stetig seine Monopolstellung innerhalb der Deutschen und Europäischen Verwaltungen und Regierungen mit gezieltem Lobbyismus aus. Expert:innen sprechen hier von einem sogenannten „Lock-In“. Dies bezeichnet eine Situation, in der ein Akteur nur noch mit einer bestimmten Firma Geschäfte machen kann, da sich andere Optionen verschlossen haben. Da digitale Systeme ständig wachsen und immer unabdingbarer werden, geraten Staaten immer tiefer in die Abhängigkeit von Konzernen wie Microsoft. In Folge dieses Arrangements erhält der Konzern oftmals politisches Mitspracherecht und diktiert nicht selten die Vertragsbedingungen, da z.B. tausende Spezialprogramme der Finanzämter und anderer Behörden an Microsoft gebunden sind.[22]

Martin Schallbruch, der bis 2016 Abteilungsleiter für Informationstechnik und Cybersicherheit der Bundesregierung war, sieht Probleme, die sich in Zukunft noch verstärken werden: „Kontrollfähigkeit und Steuerungsfähigkeit des Staates im Hinblick auf seine eigene IT nimmt immer weiter ab.“ Eine Trennung von staatlicher Verwaltung und Microsoft verschwimmt zunehmend.[23] Die eigentlich zwingend öffentliche Auftragsausschreibung findet lediglich zwischen verschiedenen Microsoft-Lizenz-Zwischenhändlern statt, und Verträge zwischen Bund und Konzern werden trotz Anfragen nach Informationsfreiheitsgesetz zu ihren Konditionen nur geschwärzt herausgegeben. Entwicklungen wie diese sind vor allem unter dem europäischen Beschaffungs- und Wettbewerbsrecht kritisch zu betrachten. Die EU-Kommission will eigentlich den Einsatz von freier Software fördern, setzt aber ebenfalls auf Microsoft-Produkte. Tatsächlich hat die Kommission selbst einen Rahmenvertrag mit Microsoft, der für alle EU-Institutionen gilt.[24]

Obwohl kostengünstige Open-Source-Alternativen wie Linux längst vorhanden sind, bauen Regierungen weiterhin auf den Monopolisten statt auf Unabhängigkeit. Der Umstieg wäre aufgrund der zugespitzten Lage allerdings mit großem Zeitaufwand und hohen Folgekosten verbunden. Gleichzeitig zahlen die europäischen Staaten und Regierungen jährlich Milliarden an Lizenzgeldern für Microsoft-Produkte an den Konzern (das unabhängige IT-Marktanalyse-Unternehmen Pierre Audoin Consultants geht von zwei Milliarden Euro Umsatz mit dem öffentlichen Sektor Europas im Geschäftsjahr 2016/16 aus).[25] Das Geschäftsmodell des Unternehmens besteht eben darin, Software in Form vom Betriebssystem Windows und Büroprogrammen wie Word, Excel oder Powerpoint als Lizenzprodukt zu verkaufen und hält dabei den zugehörigen („proprietären“) Programmcode geheim. Damit verfolgt der Konzern eine andere Strategie als Tech-Konzerne wie Google, Facebook oder Amazon, die auf Open-Source-Software setzen.

Darüber hinaus sahen sich die staatlichen Behörden Europas Ende 2014 dazu gezwungen, teure Service-Verträge mit Microsoft abzuschließen, da der Konzern die Lieferung von Sicherheits-Updates für die Version „Windows XP“ einstellte, damit dieser weiterhin Sicherheitslücken in seinen alten Programmen schließt.[26] Nichtsdestotrotz gibt es sie, die Inseln im Microsoft-Ozean. So stellte die französische Gendarmerie national, aber auch die Stadt München wenigstens kurzweilig auf Open-Source-Alternativen um.

Aufgrund von engen Verflechtungen der CDU/CSU mit dem US-Konzern (beispielsweise durch Dorothee Belz, die Microsoft Europe bis 2015 als Vizepräsidentin diente und Mitglied im Präsidium des Wirtschaftsrates der Union ist) ruderte letzte jedoch nach wenigen Jahren zurück. Ähnliche Verflechtungen finden sich europaweit. In Italien lenkt eine frühere Microsoft-Managerin die „digitale Transformation“ der Wirtschaftsmetropole Mailand. In Portugal leitete ein Microsoft-Manager die Wahlkampagne des konservativen Präsidenten. In Frankreich verfügt der Konzern gleich über sechs Manager und Berater mit engen Verbindungen zu Ministerien und Politikern. Gleichzeitig arbeiten technische Angestellte von Microsoft direkt in der IT-Verwaltung der Regierung. Mindestens fünf davon verfügen sogar über E-Mail-Adressen, die sie als Regierungsmitarbeiter ausweisen, mit denen sie „direkt in der Verwaltung Lobbyarbeit für Microsoft machen“, wie ein Beamter gegenüber Investigate Europe bestätigt.[27]

Microsoft und Datenschutz

Der kaum zu kontrollierende Transfer von Nutzerdaten in die Microsoft-Cloud bzw. auf Rechner in den USA bereitet Fachleuten schon lange Kopfschmerzen. Sie sehen hierdurch die Datensouveränität in Gefahr und berufen sich in ihrer Kritik auf die Einschätzung niederländischer Behörden, nach der aktuelle Microsoft-Produkte nicht konform sind mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Die niederländische Regierung hatte 2018 eine Datenschutzfolgenabschätzung für Microsoft-Produkte durchgeführt, welche notwendig ist, wenn eine Form der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat (Art. 35 DS-GVO).[28] Dabei hatte sie zahlreiche Risiken identifiziert und somit festgestellt, dass die Software nicht den Vorgaben der DSGVO genügt. Dazu zählt etwa ein fehlender Überblick über Risiken aufgrund unzureichender Transparenz, illegales Speichern sensibler Daten sowie eine unzureichende Kontrolle über Unterauftragsverarbeiter.[29]

Insbesondere die Bürosoftware von Microsoft und die damit hergestellten Dateien sind das wichtigste Einfallstor für Cyberattacken. Das berichtete das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bereits 2011.[30] Die Zahl der Sicherheitslücken in Microsoft-Programmen ist dramatisch. So registrierte das amerikanische „National Institute for Standards and Technology“ für „Mircrosoft Office“ in den drei Jahren bis April 2017 188 Fälle – davon drei Viertel in der schlimmsten Kategorie. Weiterhin unterliegt der Konzern amerikanischem Recht und kann somit jederzeit gezwungen werden, US-Behörden Zugang zu Daten ausländischer Bürger oder Behörden zu verschaffen. Dass dies reale Praxis ist, haben die Enthüllungen Edward Snowdens gezeigt.

Es ist für europäische Regierungen schwer, zu garantieren, dass Daten privat bleiben, solange sie die Software, mit der sie arbeiten, nicht kontrollieren können. Eine der dramatischsten Sicherheitslücken im Microsoft-System wurde Anfang 2017 durch das Wüten der Schadsoftware WannCry bekannt. Sie ermöglichte dem Trojaner-Virus Nutzerdaten abzufragen und Daten auf betroffenen Computern zu verschlüsseln und befiel neben Privatanwendern auch Computer im Gesundheitswesen wie die von Krankenhäusern. Die Lücke in Windows-Dateifreigaben wurde ebenfalls von der NSA-nahen Equation Group genutzt, wie später bekannt wurde.[31]

Unterstützung von Bildungsprojekten

Microsoft unterstützt zahlreiche Projekte, bei denen Kindergärten, Schulen, Auszubildende, Studierende, Lehrerinnen usw. mit Soft- und Hardware des Unternehmens ausgestattet werden und ihre IT-Kompetenzen gefördert werden sollen. Schulen und Universitäten erhalten Microsoft-Produkte zumeist kostenlos, sodass die Jugendlichen erst gar nicht den Umgang mit anderen Betriebssystem und Programmen lernen.[32] Dies ist eine Form von Lobbyismus an Schulen bzw. deep lobbying. Mit der Microsoft-Bildungsinitiative „Schlaumäuse – Kinder entdecken Sprache“ soll zum Beispiel die frühkindliche Sprachförderung gefördert werden. Initiativen wie diese werden dann als gesellschaftliche Verantwortung verkauft.[33]

Allerdings ist die Förderung von Bildungsprojekten keineswegs uneigennützig. Denn die Projekte setzen auf Microsoft-Produkte und stärken die Marktmacht von Microsoft. Sie binden die Jugendlichen nach ihrer Ausbildung an den Konzern und lassen sie den Rest ihres Lebens Lizenzgebühren zahlen. So das Kalkül. Das sei „das klassische Drogendealer-Modell“, urteilt Rufus Pollock vom Zentrum für Informationsrecht der Universität Cambridge. "Bis die Kunden abhängig sind, kriegen sie den Stoff gratis". [34]

Sie sind auch politisch hilfreich: Sie verbessern das aufgrund seiner Geschäftspraktiken angekratzte Image des Software-Riesen und nutzen der politischen Kontaktpflege, indem Politikerinnen als Schirmherren für Projekte gewonnen oder zu Projektpräsentationen geladen werden[35]. Im Zusammenhang mit diesen Bemühungen führt Microsoft an, dass das "digitale Lernen" Ende 2013 im Koalitionsvertrag verankert wurde[36]. Zur Gründerförderung veranstaltet Microsoft auch den Schüler und Studentenwettbewerb 'Imagine Cup' und betrachtet dieses Engagement als gesellschaftliche Verantwortung[37].

Astroturf-Kampagne C4C

Ein Beispiel für umstrittene Auftragslobbyarbeit ist die Campaign for Creativity (C4C), eine Kampagne, die 2005 für die Einführung von Software-Patenten nach amerikanischem Modell in der EU kämpfte.[38] Die Kampagne war eine sogenannte Astroturfing-Initiative. Astroturf bedeutet auf Englisch Kunstrasen. Im Kontext von Interessenpolitik wird der Begriff für vermeintliche Bürgerbewegungen verwendet, die tatsächlich von Unternehmen oder Lobbyorganisationen gesteuert oder finanziert werden.

Die Campaign for Creativity gab vor, Künstlerinnen, Musiker, Designer, Ingenieure und Software-Entwicklerinnen zu vertreten. Sie verschleierte, dass sie tatsächlich eine professionelle politische Kampagne war, die von der Londoner Lobby-Agentur Campbell Gentry organisiert wurde. Finanziert wurde die Kampagne von unter anderem von Microsoft.[39]

Patentstreitigkeiten

Microsoft versuchte über den ehemaligen Kommissar für Binnenmarkt, Charles McCreevy, die Debatte über Patentrecht innerhalb der EU-Institutionen zu beeinflussen. McCreevy kommt aus Irland, wo Microsoft seinen Sitz für Europa hat. Irland ist stark von den Investitionen der dort ansässigen IT-Unternehmen abhängig. Microsoft sponserte hierzu eine Kampagne für die irische Ratspräsidentschaft, während McCreevy noch Finanzminister war.[40]

Ferner lud Paul Allen, einer der Mitbegründer Microsofts und immer noch Großaktionär, im Jahr 2004 den damaligen EU-Handelskommissar, Peter Mandelson, auf eine Silvesterparty auf seinem Boot in der Karibik ein. Mandelson folgte der Einladung.[41]

Machtkampf der großen IT-Konzerne

Im Machtkampf der großen IT-Konzerne (u.a. Google, Microsoft, Apple und Facebook) wird die politische Ebene immer wieder Austragungsort der Auseinandersetzungen.[42]

Der Machtkampf wird auf mehreren Ebenen ausgetragen. Google und Microsoft beispielsweise stehen mit ihren jeweiligen Suchmaschinen in direkter Konkurrenz, weswegen sich gegenseitig mit Patentklagen überziehen, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Auch in der Urheberrechtsdebatte, insbesondere bei den Abkommen SOPA, PIPA und ACTA stehen sich die beiden Konzerne gegenüber.

Die von Microsoft finanzierte Initiative for a Competitive Online Marketplace (ICOMP) versuchte beispielsweise durch Seminare, zu denen EU-Parlamentarier eingeladen wurden, Google zu diskreditieren.[43] Auch auf der Webseite der ICOMP überwiegen die Negativschlagzeilen über Google.[44] Die PR- und Lobbyagentur Burson-Marsteller betreut die ICOMP und fungiert als deren Sekretariat.

2013 erreichte die Rivalität zwischen Microsoft und Google ihren vorläufigen Höhepunkt in den USA. Microsoft verkaufte dort T-Shirts und Tassen mit Anti-Google-Aufdrücken, die Google den Vorwurf machten, Nutzerdaten zu sammeln und auszuwerten. Für diese Aktion erntete Microsoft allerdings Spott, da das Unternehmen selbst wegen seines Umgangs mit Benutzerdaten in der Kritik steht.[45] Scharfe Kritik erntete Microsoft auch 2014, als bekannt wurde, dass es ohne richterlichen Beschluss das private Email-Postfach eines Bloggers durchsucht hat.[46]

Kurzdarstellung und Geschichte

Microsoft wurde 1975 von Bill Gates und Paul Allen gegründet und ging am 13. März 1986 an die Börse.[47]

2002 erhielt Microsoft den Negativpreis BigBrotherAward von dem Verein Digitalcourage. Laut Digitalcourage e.V. bekam das Unternehmen den Preis wegen der Einführung des "Digital Rights Managements".[48]

Struktur, Geschäftsfelder und Finanzen

Microsoft bietet Betriebssysteme und Anwendungsprogramme sowie Hardware an. Mit seinem Betriebssystem Windows und dem Büropaket Office dominiert Microsoft das klassische PC-Geschäft, spielt allerdings bei dem immer wichtiger werdenden Markt für Smartphones und Tablets eine untergeordnete Rolle.[49] Microsoft Deutschland ist die zweitgrößte Tochtergesellschaft der in den USA ansässigen Microsoft Corporation.[50]

Weiterführende Informationen

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Mitarbeiterentwicklung Microsoft, GeekWire, aufgerufen am 22.04.2022
  2. Umsatzentwicklung Microsoft, Statista, aufgerufen am 22.04.2022
  3. Lobbyausgaben USA, OpenSecrets, aufgerufen am 13.08.2020
  4. Lobbyausgaben EU, Lobbyfacts.eu vom 27.04.2020, aufgerufen am 13.08.2020
  5. Personalie: Tanja Böhm leitet Corporate Affairs Team und Hauptstadtrepräsentanz Microsoft Berlin, Microsoft News vom 22.02.2017, aufgerufen am 13.08.2020
  6. Microsoft Ansprechpartner, Microsoft.com, aufgerufen am 18.08.2020
  7. Digitales Deutschland mit Ralph Brinkhaus, Microsoft.de, abgerufen am 25.08.2020
  8. Microsoft im Transparenzregister, europa.eu vom 27.04.2020, aufgerufen am 13.08.2020
  9. Treffen mit EU-Kommissionen, Integritywatch, aufgerufen am 13.08.2020
  10. Mitglieder Microsoft: Ideen für Europa, aufgerufen am 23.07.2014
  11. Die Gastgeberin Microsoft: Ideen für Europa, aufgerufen am 23.07.2014
  12. Microsoft Corporation Transparency Register, aufgerufen am 04.12.2016
  13. US-Regierung leistet Lobbyarbeit für Microsoft gegen EU Der Standard vom 16.10.2006, aufgerufen am 30.07.2014
  14. Microsoft Corporation, LobbyFacts vom 27.04.2020, zuletzt aufgerufen am 12.08.2020
  15. Lobbyists representing Microsoft Corp, OpenSecrets, aufgerufen am 13.08.2020
  16. Microsoft pushes for DACA legislation, The Hill vom 11.11.2019, abgerufen am 25.08.2020
  17. Microsoft: Total Lobbying Expenditures, Opensecrets, aufgerufen am 13.08.2020
  18. Amazon and Microsoft are among the tech giants opening wallets in newly hostile Washington, D.C., Seattle Times vom 22.01.2020, aufgerufen am 18.08.2020
  19. Microsoft Corporation, OpenSecrets.org, zuletzt aufgerufen am 03.05.2021
  20. How lobbyists rewrote Washington state’s privacy law, Politico.eu vom 26.04.2019, aufgerufen am 18.08.2020
  21. How lobbyists rewrote Washington state’s privacy law, Politico.eu vom 26.04.2019, aufgerufen am 18.08.2020
  22. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  23. Wie Microsoft Europa kolonisiert, Netzpolitik.org vom 20.02.2018, aufgerufen am 18.08.2020
  24. Wie Microsoft Europa kolonisiert, Netzpolitik.org vom 20.02.2018, aufgerufen am 18.08.2020
  25. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  26. Kritik an Microsoft-Monopol in der Verwaltung, Golem.de vom 09.04.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  27. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  28. IT-Experten sehen Monopol- und Datenschutzprobleme bei Microsoft-Software, Haufe.de vom 07.03.2019, aufgerufen am 18.08.2020
  29. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  30. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  31. WannaCry: Was wir bisher über die Ransomware-Attacke wissen, Heise.de vom 15.05.2017, aufgerufen am 18.8.2020
  32. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  33. Die Schlaumäuse-Initiative Microsoft: Schlaumäuse, aufgerufen am 23.07.2014
  34. Europas fatale Abhängigkeit von Microsoft, Tagesspiegel vom 13.05.2017, aufgerufen am 18.08.2020
  35. Große Deutschland-Tour Microsoft: Schlaumäuse, aufgerufen am 23.07.2014
  36. Große Deutschland-Tour Microsoft: Schlaumäuse, aufgerufen am 23.07.2014
  37. Imagine Cup - Deine Idee gewinnt! Microsoft: Tech Student, aufgerufen am 07.08.2015
  38. Campaign for Creativity Kopie der Campaign for Creativity Website (die Originalwebsite ist nicht mehr online). Aufgerufen am 30.07.2014
  39. “Campaign for Creativity” erhält “Worst EU Lobbying Award” LobbyControl, 16.12.2005, abgerufen am 23.07.2014 und Grassrootscampaigning und Chancen durch neue Medien Aus Politik und Zeitgeschichte 19/2010, aufgerufen am 23.07.2014
  40. The lobbying battle over the EU software patents directive Corporate Europe Observatory vom 28.06.2005, aufgerufen am 30.07.2014
  41. The lobbying battle over the EU software patents directive Corporate Europe Observatory vom 28.06.2005, aufgerufen am 30.07.2014
  42. Patent Wahnsinn eskaliert weiter - Microsoft beklagt sich in Brüssel Telekom Presse, aufgerufen am 30.07.2014
  43. How Microsoft Pays Big Money to Smear Google in European Parliament falkvinge.net, aufgerufen am 30.07.2014
  44. Home ICOMP, aufgerufen am 30.07.2014
  45. Anti-Google-Kampagne bringt Microsoft Spott Die Welt vom 21.11.2013, aufgerufen am 23.07.2014
  46. Vertrauensbruch: Microsoft filzt privates Hotmail-Postfach Spiegel Online vom 21.03.2014, aufgerufen am 23.07.2014
  47. Important Dates Microsoft, aufgerufen am 22.07.2014
  48. bigbrotherawards.de Preisträger 2002, abgerufen am 09.05.2017
  49. Microsoft streicht 18.000 Stellen weltweit Die Welt vom 17.07.2014, aufgerufen am 22.07.2014
  50. Fast Facts Microsoft, aufgerufen am 04.12.2016

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