Friedrich Merz
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Friedrich Merz (* 11. November 1955 in Brilon) ist Rechtsanwalt, ehemaliger Richter, Manager und ehemaliger CDU-Politiker. Merz gilt als Finanz- und Wirtschaftsexperte mit wertvollen Kontakten in Politik und Wirtschaft.[1] So ist Merz unter anderem Präsidiumsmitglied im Wirtschaftsrat der CDU, seit 2009 Vorsitzender der Atlantik-Brücke und seit 2016 Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers des Vermögensverwalters BlackRock. Er war Gründungsmitglied des Fördervereins der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und Mitglied der Trilaterale Kommission. Im November 2017 berief ihn die Landesregierung NRW zudem zum Brexit-Beauftragten des Landes. Ende Oktober berichteten mehrere Medien, dass Merz als Nachfolger für Angela Merkel für den Parteivorsitz der CDU kandidieren möchte.[2]
Inhaltsverzeichnis
Politische Karriere, Interessenkonflikte und Verbindungen in die Wirtschaft
Friedrich Merz war vor seiner politischen Karriere für den Verband der Chemischen Industrie (VCI) tätig. Der VCI pflegte lange Zeit eine strategische Personalpolitik: Aufstrebende Leute mit politischen Ambitionen sollten eine Zeitlang im Lobbybereich des VCI arbeiten, bevor sie in die Politik wechselten. Auch der spätere Bundeskanzler Helmut Kohl war in den 1960er Jahren beim VCI tätig, bevor seine große politische Karriere begann.
Von 1989 bis 1994 war Merz Mitglied des Europäischen Parlaments, von 1994 bis 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages. 1996 bis 1998 war er CDU/CSU-Obmann im Finanzausschuss, 2000 – 2002 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und 2002 – 2002 stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Im Dezember 2004 trat er von diesem Amt zurück.
Wie schwimmend die Grenzen zwischen politischer Tätigkeit und unternehmerischen Posten waren, zeigte sich zum Beispiel, als Merz im Frühjahr 2006 auf der Sitzung der CDU-Landesgruppe NRW offiziell als Anwalt der Ruhrkohle AG auftrat. (LobbyControl berichtete).[3]
Merz selbst hat während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter mehrere Nebentätigkeiten für Unternehmen und Interessenorganisationen ausgeübt. Allein im Jahr 2006 saß Merz in acht Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten mehrerer Unternehmen. Recherchen des Manager Magazins zufolge bezog er zusätzlich zu seinem Anwalts-Salärs dafür Nebeneinkünfte von einer Viertelmillion Euro.[4]
2006: Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen die Veröffentlichung von Nebeneinkünften
Im Jahr 2006 legte März gemeinsam mit 8 weiteren Bundestagsabgeordneten beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Klage gegen die Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte ein. Merz, der damals neben seinem Bundestagsmandat elf Nebentätigkeiten ausübte[5], warnte in Karlsruhe davor, dass eine Offenlegung zu einem „Studienabbrecher-Parlament“ führen würde. „Die Zahl der nicht mehr in einen bürgerlichen Beruf resozialisierbaren Abgeordneten“ nehme zu.[6]
Am 4. Juli 2007 wies das BVerfG die Klage mit der Begründung zurück, das Grundgesetz gehe von Abgeordneten aus, die unabhängig von Interessengruppen seien. Dabei gehe es nicht zuletzt um Unabhängigkeit von Interessenten, die ihre Sonderinteressen im Parlament mit Anreizen durchzusetzen suchen, die sich an das finanzielle Eigeninteresse von Abgeordneten wenden. Die Wahrung der Unabhängigkeit der Abgeordneten nach dieser Seite hin habe ein besonders hohes Gewicht, da es hier um die Unabhängigkeit gegenüber Einwirkungen gehe, die nicht durch die Entscheidungen des Wählers vermittelt seien.[7]
2010: Streit in der Atlantik-Brücke
Im Juni 2009 löste Merz den EADS-Manager Thomas Enders als Vorsitzender der Atlantik-Brücke ab.[8] Der Verein gilt als "einer der einflussreichsten und exklusivsten Organisationen der Berliner Republik".[9]
Im Mai 2010 forderte der Ehrenvorsitzende der Atlantik-Brücke Walter Leisler Kiep Friedrich Merz auf, von seinem Posten als Vorsitzender des Vereins zurück zu treten. In einem Brief an die Mitglieder sorgte sich Kiep laut Presseberichten um die neuerlichen politischen Aktivitäten des Ex-Vizechefs der CDU/CSU-Fraktion, da diese die Atlantik-Brücke "in nicht unerhebliche Konflikte stürzen" könnten.[10] Der Anlass für Kieps Kritik soll das Buch "Was jetzt zu tun" gewesen sein, das Friedrich Merz gemeinsam mit dem früheren SPD-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement geschrieben hat. Die Gegenseite behauptet, dass Merz Sparkurs zur Konsolidierung der Atlantik-Brücke-Finanzen die Reiskosten des Ehrenvorsitzenden empfindlich beschnitten habe, so dass Kiep mit fadenscheinigen Argumenten zum Gegenangriff geblasen habe.
Merz konnte den Machtkampf gegen Kiep schließlich für sich gewinnen: Nachdem er am 1. Juni 2010 zunächst doch vom Vorsitz der Atlantik-Brücke zurück getreten war, wurde er am Ende des Monats erneut in den Posten gewählt.[11]
2010: Position zum Atomausstieg
Merz war einer der 40 Erstunterzeichner des Aufrufs Energiepolitischer Apell, einer Lobby-Initiative gegen den Atomausstieg, die vor einem vollständigen Verzicht auf Kohle- und Kernenergie warnte. Die, von den 4 großen deutschen Energiekonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW initiierte Kampagne mahnte, ein vorzeitiger Atomausstieg würde Milliarden vernichten. Der Energiewandel dürfe Energiekonzerne und Unternehmen nicht stärker belasten.[12]
Verbindungen
Friedrich Merz wurde 2005 in die CDU-interne Männer-Seilschaft Andenpakt aufgenommen, in der beispielsweise auch der ehemalige hessische Ministerpräsident Roland Koch, Ex-Bundespräsident Christian Wulff und der ehemalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung Mitglied waren.[13]
Karriere
Partei
- 2002–2004 Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- 2000–2002 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
- 1998–2000 Stellv. Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Staatliche Mandate und Ämter
- Seit 11/2017 Brexit-Beauftragter des Landes NRW[14]
- 1994–2009 Mitglied des Deutschen Bundestages
- 1989–1994 Mitglied des EU-Parlaments
- 1985–1986 Richter am Amtsgericht Saarbrücken
(Neben-)Beruflich (siehe auch "Weitere Funktionen")
- Seit Frühjahr 2016 Aufsichtsratschef bei BlackRock Deutschland[15]
- Seit 2009 Vorsitzender der Atlantik-Brücke
- Seit 2005 Partner der Anwaltssozietät Mayer, Brown, Rowe & Maw LLP, Berlin/Frankfurt
- 2002–2004 Anwalt in der Kölner Kanzlei Cornelius Bartenbach Haesemann und Partner
- Während seiner Mandatszeit im Bundestag hielt Merz bezahlte Vorträge. ZB. für: KPMG, Management Partner GmbH, Markant AG, Pfleiderer AG, Piper Verlag GmbH.
- 1990 Eintritt in die Anwaltssozietät Leinen & Derichs
- 1986–1989 tätig im Verband der Chemischen Industrie in Bonn und Frankfurt
- Seit 1986 Rechtsanwalt
Weitere Funktionen
- Wirtschaftsrat der CDU, Mitglied des Präsidiums
- Stiftung Marktwirtschaft, Mitglied des "Politischen Beirats" der "Kommission Steuergesetzbuch"
- United Europe, Mitglied des Vorstands
- Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), Gründungsmitglied des 2016 aufgelösten Fördervereins
- Trilaterale Kommission, ehem. Mitglied der Europäischen Gruppe
- Aufsichtsrat: Flughafen Köln/Bonn GmbH, Vorsitzender; HSCB Trinkhaus & Burkhardt, Mitglied; WEPA Industrieholding SE, Vorsitzender
- Verwaltungsrat: HSCB Trinkhaus & Burkhardt, Vorsitzender; Stadler Rail AG, Mitglied
(Stand: 10/2018)
Frühere Funktionen Laut veröffentlichungspflichtigen Angaben als Bundestagsabgeordneter hatte Merz damals die folgenden weiteren Funktionen: AXA Konzern (Vorsitzender des Beirats und des Aufsichtsrats), BASF Antwerpen N.V. (Mitglied des Verwaltungsrats), Commerzbank (Mitglied des zentralen Beirats), DBV-Winterthur Holding (Mitglied des Aufsichtsrats), Interserhoh AG (Mitglied des Aufsichtsrats), IVG Immobilien AG (Mitglied des Aufsichtsrats), Stadler Rail AG, Bussnang/Schweiz (Mitglied des Verwaltungsrats), WEPA Industrieholding SE (Mitglied des Aufsichtsrats), Council on Public Policy (Mitglied des Kuratoriums), Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen (Stellv. Vorsitzender), Industrie-Pensionsverein IVP (Mitglied des Verwaltungsrats)[16]
Zitate von Friedrich Merz
„Von den ersten 200.000 Anträgen auf Elterngeld kamen neun Prozent von berufstätigen Frauen, 54 Prozent von Hartz-IV-Empfängern. Die haben damit Einkünfte über denen arbeitender Geringverdiener.“
„Kindergärten brauchen wie Schulen und Universitäten eine eigene Kapitalbasis. Da müssen Eltern und Ehemalige eben entsprechend einzahlen, wenn sie die Qualität sichern und erhalten wollen.“
„160 Länder weltweit dürfen sich Sozialstaaten nennen, wir gehören zu den vieren, die lebenslänglich für Arbeitslosigkeit zahlen“[17]
Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus
Einzelnachweise
- ↑ Was Friedrich Merz bei Blackrock macht, sz.de vom 30.10.2018, abgerufen am 31.10.2018
- ↑ Merz zur Kandidatur für CDU-Vorsitz bereit, bild.de, 29. Oktober 2018
- ↑ Merz tritt als RAG-Anwalt auf, KStA.de, 04. April 2006, abgerufen am 28. April 2010
- ↑ Die Nebeneinkünfte des Friedrich Merz, manager-magazin.de, 11. Juli 2007
- ↑ Abgeordnete klagen gegen transparente Politiker-Gehälter, spiegel.de, 11. Oktober 2006
- ↑ Streit um Nebeneinkünfte, handelsblatt.de, 11. Oktober 2006
- ↑ Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 73/2007 vom 4. Juli 2007
- ↑ Merz wird neuer Chef der Atlantik-Brücke, Handelsblatt am 30. Juni 2010, abgerufen am 15.09.2010
- ↑ CDU-Altstar Merz gewinnt die Schlammschlacht, sueddeutsche.de vom 30. Juni 2010, abgerufen am 15. September 2010.
- ↑ Merz steht vor dem Rauswurf beim Netzwerk Atlantik-Brücke, Zitiert nach Capital vom 18.05.2010, Artikel archiviert auf archive.org am 11.01.2013, abgerufen am 31.10.2018
- ↑ CDU-Altstar Merz gewinnt die Schlammschlacht, sueddeutsche.de vom 30. Juni 2010, abgerufen am 15. September 2010.
- ↑ Energiepolitischer Appell: 40 Manager greifen Röttgens Politik an FAZ, 21. August 2010, abgerufen am 18. 01.2012
- ↑ "Anden-Pakt" nimmt Friedrich Merz auf Spiegel.de vom 03.11.2005, abgerufen am 28.04.2010
- ↑ Regierungsjob für Friedrich Merz, sueddeutsche.de vom 07.11.2017, abgerufen am 08.11.2017
- ↑ Blackrock - Überall die Finger drin, Süddeutsche Zeitung, 2. März 2016, zuletzt aufgerufen am 13. April 2016
- ↑ Veröffentlichungspflichtige Angaben als Mitglied des Deutschen Bundestags, werbarchiv.bundestag.de Datum der Archivierung: 27.04.2010
- ↑ Friedrich Merz lässt es krachen Der Westen vom 22. Juni 2010, abgerufen am 15. September 2010.