Philip Morris

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Philip Morris Int.
Branche Tabakindustrie
Hauptsitz Lausanne, Schweiz
Lobbybüro Deutschland Taubenstraße 25, 10117 Berlin
Lobbybüro EU 51, Rue Montoyer, B-1000 Brüssel, Belgien
Webadresse www.pmi.com

Philip Morris International (rechtlich zu unterscheiden von Philip Morris USA) ist der weltweit umsatzstärkste Tabakkonzern, der sowohl in Deutschland, als auch in der EU intensive Lobbyarbeit betreibt. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen einen Marktanteil von 28,4% am globalen Markt für Tabakprodukte, die USA und China ausgenommen. Das Unternehmen ist häufig für seine Lobby-Strategien kritisiert worden.

Einträge in Lobbyregistern

Lobbyregister EU

In den Jahren 2010 bis 2015 betrugen die Lobbyausgaben des Konzerns zwischen 10,5 und 12 Millionen Euro. Davon fallen allein fünf Millionen Euro auf das Jahr 2013, in dem auch zehn Lobbyisten beauftragt waren.

Für das Jahr 2015 gab der Konzern Lobbyausgaben in Höhe von maximal 1 Millionen Euro an, und beschäftigte fünf Lobbyisten, die zusammen zweieinviertel Vollzeitstellen entsprächen. Alle Lobbyisten haben eine Zugangsberechtigung zum EU-Parlament.[1]

Lobbyregister USA

PMIs Ausgaben für Lobbying für 2016 werden auf 5,11 Millionen US-Dollar beziffert. Das Unternehmen beschäftigte 24 Lobbyisten, davon waren 19 Seitenwechsler aus der Politik. In den Jahren 2010 bis 2016 gab der Konzern über 41 Millionen US-Dollar für Lobbyarbeit aus.[2]

Lobbyfälle und Kritik

Parteispenden und Sponsoring

Philip Morris legt auf seiner US-Website freiwillig seine weltweiten Zahlungen an Parteien offen.[3] Neben Spenden umfasst dies auch Zuwendungen, die als Sponsoring bezeichnet werden. Damit ist der Konzern transparenter, als die deutsche Gesetzgebung verlangt. Empfänger der Zahlungen waren jeweils FDP, SPD, CDU und CSU, sowie deren parteinahe Organisationen.[4]

LobbyControl wertete 2016 die Angaben des Konzerns aus.[5][6] Dabei bestätigte sich der vermutete Trend, dass Parteisponsoring die Summen der Parteispenden bei weitem übersteigt, weil Sponsoring nicht der Offenlegungspflicht der Parteien unterliegt.

Parteispenden

PMI Sponsoring und Spenden 2010-2015.
Quelle: LobbyControl und Philip Morris

Von 2010 bis 2015 spendete der Konzern insgesamt über 350.000 € an deutsche Parteien. Auffällig ist dabei die Verdopplung der Spendenhöhe im Wahljahr 2013, als an jede Partei ca. 25.000 € gespendet wurden.

Parteisponsoring

Zwischen 2010 und 2015 verbuchte der Konzern 544.000 € an Sponsoringzahlungen an CDU, CSU, SPD und FDP und deren parteinahe Organisationen. Dabei stiegen die Ausgaben für Sponsoring kontinuierlich an: Beliefen sie sich 2010 noch auf 27.000 €, hatten sie sich 2015 bereits verfünffacht, auf über 150.000 €.
Bemerkenswert ist auch die Verteilung der Summen auf die Parteien. Die Parteispenden wurden nahezu gleichmäßig an jede der vier Parteien gespendet. Beim Sponsoring erhielt die CDU jedoch knapp die Hälfte aller Zuwendungen, fast ein Drittel erhielt die SPD.

Der Konzern begründet seine finanziellen Zuwendungen damit, "wie viele andere Organisationen auch, am Dialog mit der Gesellschaft" teilzunehmen und sich "im politischen Raum als Gesprächspartner ein[zubringen]."[7]

Hier LobbyControls ausführliche Analyse der Zahlungen.

Für die Jahre 2016 und 2017 veröffentlichte der Konzerne seine Sponsorzahlungen an deutsche Parteien nicht mehr. Seine Sponsoraktivitäten hat er jedoch nicht beendet, wie u. a. seine Präsenz bei den Wahlkampfparteitagen von CDU, FDP und SPD in 2016/2017 belegt. Anfragen von LobbyControl an Philip Morris International und an die deutsche Repräsentanz des Konzerns dazu blieben unbeantwortet.

Lobbying gegen EU-Tabakrichtlinie

Philip Morris setzte sich gegen die Verabschiedung der EU-Tabakrichtlinie Tobacco Products Directive (TPD) ein, die seit 2015 umgesetzt wird. Das Gesetz ist unter anderem für die Einführung von "Schockbildern" auf Zigarettenverpackungen verantwortlich. Die Lobbystrategie von Philip Morris umfasste verschiedene Ansatzpunkte:

Europäische Zivilgesellschaft

Um die europäische Zivilgesellschaft von ihren Belangen zu überzeugen, betrieb PMI die Informationsplattform "Was noch?!".[8] Die Seite ist mittlerweile nicht mehr zugänglich, und nur über archive.org abrufbar. Auf der Website konnten Bürger vor den Verhandlungen im Europäischen Parlament E-Mails an Abgeordnete senden, um gegen die "EU-Regulierungswut" zu protestieren.[9]

EU-Parlament

Um die Abstimmung über eine schärfere Tabakregulierung zu verzögern oder inhaltlich zugunsten der Tabakindustrie zu beeinflussen, setzte das Unternehmen 161 Angestellte und Berater ein, berichtete The Guardian im Juli 2013. Mit 233 Abgeordneten (31 Prozent) des EU-Parlaments fand zwischen Januar und Juni 2012 mindestens ein Treffen statt. Dafür gab PMI Lobbykosten von ca. 1,5 Millionen Euro an.[10]
Laut Spiegel verfügten die 161 Mitarbeiter ingesamt über 500.000 Euro an Spesen für die Organisation der Treffen und Events.[11]
Philip Morris bestätigte die Lobby-Arbeit, wies jedoch auf die eingehaltenen Transparenzregeln der EU hin.[12]

Im September 2013 veröffentlichte Le Parisien ein firmeninternes Dokument, das die Offenheit von EU-Parlamentariern für die Anliegen der Tabakkonzerne bewertet.[13] Die Liste umfasst eine Kurzbiographie sowie Hinweise auf Parteizugehörigkeit und Mitgliedschaften in EU-Ausschüssen. Darüber hinaus sind die Abgeordnetendaten farblich unterlegt: Blau für Sympathisanten, Rot für Gegner der Zigarettenindustrie, Grün für unentschiedene Parlamentarier, deren Haltung eine 'dringende Intervention' erforderlich mache.[14]

EU-Kommission

PMI suchte direkten Kontakt zu Entscheidungsträgern in der Europäischen Union, unter anderen mit Mitarbeitern des Generalsekretariats José Manuel Barrosos und Mitgliedern seines Kabinetts.Laut Spiegel fanden zwischen Mitarbeitern der EU-Kommission und Vertretern von Tabakkonzernen 14 verheimlichte Treffen statt. Der Konzern stellte dem Generalsekretariat außerdem wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung. So beauftragte das Unternehmen beispielsweise die Consulting Firma Roland Berger mit einer Studie zu den wirtschaftlichen Folgen der neuen Regelungen. So sei laut der Studie von Arbeitsplatzabbau und geringeren Steuereinnahmen auszugehen.[15][16]

Die Kommission bezeichnete die Kontakte zur Tabaklobby "als Teil der normalen Arbeit", der auch nicht im Widerspruch zur Rahmenkonvention der Tabakkontrolle (FCTC) stehe.[17] Die FCTC empfiehlt politischen Institutionen, den Kontakt zu Tabaklobbyisten transparent zu gestalten.[18]

Erfolge der Tabaklobby

Verhindert werden konnte die EU-Tabakrichtlinie nicht: sie trat 2014 in Kraft, und ist seit 20. Mai 2016 geltendes Recht in den EU-Mitgliedstaaten.[19][20]Trotzdem konnte die Tabakindustrie verschiedene Erfolge erzielen:

  • Verschiebung der Abstimmung des Europäischen Parlaments auf den 8. Oktober 2013,
  • Reduzierung des Anteils der der Zigarettenpackungsoberfläche, der mit abschreckenden Bildern versehen sein muss, von 75 auf 65 Prozent,[21]
  • Verhinderung von Positiv- und Negativlisten für Inhaltsstoffe, die u.a. auch vom Deutschen Krebsforschungszentrum empfohlen wurden,[22]
  • Ermöglichung langer Übergangsfristen für aromatische Zusatzstoffe (z.B. Menthol).[23]

Hier finden Sie die primären EU-Dokumente zur EU-Tabakrichtlinie.

Unterstützung von Zigarettenschmuggel

2010 warf die EU-Kommission dem Konzern indirekte Unterstützung von Zigarettenschmuggel vor, indem der Konzern systematisch die Märkte in Osteuropa überbeliefert habe. Zwei Klagen der EU-Kommission wurden zuvor in den USA zurückgewiesen, eine weitere Klage an einem europäischen Gericht wurde vorbereitet, als die Einigung des Konzerns mit der EU bekannt gegeben wurde.[24] Inhalt der Einigung war neben der Zahlung von 1,25 Milliarden Dollar auch die Beteiligung des Konzerns am Kampf gegen den Schmuggel von Tabakprodukten.[25] Die WOZ kritisierte die Einbindung von Konzernen in die Schmuggelbekämpfung. Allein 2012 habe PMI 15 Millionen Euro an Interpol gespendet. Im Gegenzug nutze Interpol ein von der Tabakindustrie entwickeltes Kontrollsystem, dem mangelnde Effizienz vorgeworfen wird.[26]

Einfluss auf die toxikologische Forschung

Der Konzern vergab von 2000 bis 2008 über das Philip Morris External Research Program zielgerichtet Forschungsgelder an kostenintensive Forschungsprogramme über potenzielle Folgen des Rauchens. So versuchte PMI, Einfluss auf dem wenig umkämpften Forschungsfeld zu erlangen. Viele Studien wurden wegen ungenehmer Ergebnisse unter Verschluss gehalten, und wurden erst durch die Veröffentlichgungspflicht für Dokumente von US-Tabakkonzernen öffentlich zugänglich.[27]

Auch in der deutschen Forschung finanzierte Philip Morris Forscher und Forschungsinstitute:

  • Elmar Richter am Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Hans Marquardt, ehem. Direktor der Abteilung für Toxikologie an der Universität Hamburg; seit 1999 Managing Editor "Toxicology", dem offiziellen Organ der Britischen und Deutschen Gesellschaften für Toxikologie.
  • Analytisch-Biologische Forschungslabor (ABF) unter der Leitung von Gerhard Scherer
  • Heidi Foth, Institut für Umwelttoxikologie der Universität Halle-Wittenberg[28]

Hier finden Sie einen auführlichen Bericht der Süddeutschen Zeitung.
Auch andere Tabakkonzere verfolgten diese Strategie, einen Bericht dazu finden Sie hier

Grassroots-Lobbying in den USA

In den 1990er Jahren engagierte PMI die Lobbyagentur APCO, Graswurzelbewegungen zu organisieren. Dabei wurden vermeintliche Bürgerinitiativen gegründet, die sich dagegen richteten, Passivrauch als krebserregend einzustufen.[29] Zwei Jahre später sollte mit der gleichen Strategie im amerikanischen Justizsystem eine ablehnendere Haltung gegenüber dem Prinzip der Produkthaftung durchgesetzt werden.[30]

Lobbying gegen Außenwerbeverbot für Zigaretten

Im April 2016 wurde ein Gesetzesentwurf von Bundesernährungsminister Christian Schmidt vom Bundeskabinett abgesegnet, der ein Außenwerbeverbot für Zigaretten ab 2020 vorsieht. Das Gesetz war im März 2017 jedoch noch immer nicht verabschiedet, da die CDU/CSU-Bundestagsfraktion um den Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder den Entwurf nicht auf die Tagesordnung nahm - auch ein Verdienst der Tabaklobby. Während das Vorhaben zunächst abgeschwächt wurde und die Frist für ein Werbeverbot von 2018 auf 2020 verlängert wurde, verhandelten Philip Morris und der Deutsche Zigarettenverband in zahlreichen Treffen mit der Bundesregierung über die Tabakwerbung. In der 18. Legislaturperiode trafen sich die Lobbyisten mindestens 32-mal mit Vertretern der Koalition.[31] [32]

Mitgliedschaften (Auswahl)

Quelle: Transparenzregister der Europäischen Union (Stand: 15.12.2016)

Kurzdarstellung

PMI vertreibt seine Produkte in über 180 Länder weltweit und beschäftigt rund 80.200 Mitarbeiter.[33] Mit Marlboro vertreibt der Konzern die weltweit meistverkaufte Zigarettenmarke. Seit 2008 ist Philip Morris International selbstständig und aus dem Mutterkonzern Altria Group herausgelöst. Dadurch ist das Unternehmen auch unabhängig von Philip Morris USA, das für die Produktion und den Vertrieb in den Vereinigten Staaten zuständig ist.[34]
Der Umsatz betrug 2016 fast 75 Milliarden US Dollar.[35]

Beiträge von LobbyControl

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Lobbyfacts PMI lobbyfacts.eu, abgerufen am 20.06.2017
  2. Philip Morris International, OpenSecrets.org, abgerufen am 20.06.2017
  3. Corporate Contributions Philip Morris International, abgerufen am 19.12.2016
  4. Politische Zuwendungen 2008-2015 Internetauftritt Philip Morris, abgerufen am 16.12.2016
  5. Philip Morris sponsert Parteien im großen Stil Spiegel Online am 05.12.2016, abgerufen am 16.12.2016
  6. Wie der Tabakkonzern Philip Morris die Parteien sponsert LobbyControl am 05.12.2016, abgerufen am 16.12.2016
  7. Philip Morris sponsert Parteien im großen Stil Spiegel Online am 05.12.2016, abgerufen am 16.12.2016
  8. Was-Noch.eu PMI: Informationsplattform für Europäische Bürger, abgerufen am 16.12.2016
  9. Philip Morris startet Aktionsplattform gegen EU-Tabakrichtlinie Horizont.net, abgerufen am 19.12.2016
  10. Tobacco giant Philip Morris 'spent millions in bid to delay EU legislation' The Guardian am 07.07.2013, abgerufen am 16.12.2016
  11. Die Schnüffler von der Tabaklobby Spiegel Online am 25.09.2015, abgerufen am 15.12.2016
  12. Stellungnahme PMI am 09.09.2013 abgerufen am 15.12.2016
  13. Lobby du tabac: Philip Morris fiche les eurodéputés Le Parisien am 21.09.2013, abgerufen am 16.12.2016
  14. Geheime Liste von Philip Morris: Die Schnüffler von der Tabaklobby Spiegel Online am 25.09.2013, abgerufen am 16.12.2016
  15. The New Tobacco Products Directive - Potential Economic Impact Internetauftritt Roland Berger April 2014, abgerufen am 16.12.2016
  16. Tobacco giant Philip Morris 'spent millions in bid to delay EU legislation' The Guardian am 07.09.2013, abgerufen am 16.12.2016
  17. Saubermänner auf Abwegen Spiegel Online am 21.07.2014, abgerufen am 16.12.2016
  18. Guidelines for Implementation Article 5.3 WHO Framework Convention on Tobacco Control, 2013, abgerufen am 19.12.2016
  19. Regulierung von Tabakerzeugnissen Europäische Kommission, abgerufen am 16.12.2016
  20. Gesetzestext der EU-Tabakrichtlinie abgerufen am 16.12.2016
  21. Damit kann die Branche gut leben Tagesschau.de am 16.05.2016, abgerufen am 15.12.2016
  22. Verbesserung des Jugend- und Verbraucherschutzes durch die Überarbeitung der europäischen Tabakprodukt-Richtlinie Deutsches Krebsforschungszentrum 2010, abgerufen am 19.12.2016
  23. Saubermänner auf Abwegen Spiegel Online am 21.07.2014, abgerufen am 19.12.2016
  24. 1,3 Milliarden Dollar für den Frieden mit Brüssel, Süddeutsche.de, 17.05.2010, abgerufen am 15.12.2016
  25. Philip Morris zahlt eine Milliarde Euro Tagesspiegel, 10.07.2004, abgerufen am 15.12.2016
  26. Pharmamillionen für die internationale Polizeiarbeit WOZ am 18.07.2013, abgerufen am 15.12.2016 2013
  27. Historie Industry Documents Library Tobacco, abgerufen am 19.12.2016
  28. Forschen gegen die Wahrheit Süddeutsche.de am 23.12.2010, abgerufen am 15.12.2016
  29. The Denial Industry The Guardian am 19.09.2006, abgerufen am 16.12.2016
  30. Tort Reform Budget Project Industry Documents Library, abgerufen am 16.12.2016
  31. Schöner qualmen auf deutschen Litfaßsäulen Spiegel Online vom 07. März 2017, abgerufen am 20.06.2017
  32. Kabinett beschließt Verbot von Tabakwerbung Spiegel Online vom 20. April 2017, abgerufen am 20.06.2017
  33. Unternehmensprofil Homepage Philip Morris, abgerufen am 15.12.2016
  34. Raucher bescheren Philip Morris Gewinnplus Handelsblatt am 07.02.2013, abgerufen am 15.12.2016
  35. 2016 Annual Report Internetauftritt Philip Morris, abgerufen am 15.12.2016

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