Bayer

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Version vom 5. Oktober 2024, 16:33 Uhr von E. Martin (Diskussion | Beiträge) (Glyphosate Renewal Group)
Bayer AG
Rechtsform Aktiengesellschaft
Tätigkeitsbereich Chemie- & Pharmabranche
Gründungsdatum 1863
Hauptsitz Leverkusen
Lobbybüro
Lobbybüro EU 40 Rue Bollard, 1000 Brussels, (+32) 25502112
Webadresse bayer.de


Bayer bezeichnet sich als Life-Science-Unternehmen mit Kernkompetenzen auf den Gebieten Gesundheit und Agrarwirtschaft.[1] Mit der Übernahme von Monsanto im Juni 2018 ist der Konzern zum weltgrößten Anbieter von Pflanzenschutzmitteln und Saatgut geworden.[2] Seine Glyphosat-Produkte vertreibt er unter dem Markennamen „Roundup“.

Der Umsatz des Konzerns, der ca. 100 Tsd. Personen beschäftigt, lag im Jahr 2023 bei 47,6 Mrd. Euro.[3]

Geschäftsfelder

Bayer betätigt sich in den folgenden Bereichen:

  • Crop Science (Pflanzenschutz, Saatgut und Pflanzeneigenschaften)
  • Pharmaceuticals (verschreibungspflichtige Produkte, Spezialtherapeutika und Radiologie)
  • Consumer Health (verschreibungsfreie Medikamente)

Auf den Bereich Crop Sience entfällt knapp die Hälfte des Umsatzes.[4]

Lobbyarbeit: Struktur und Strategien

Bayer beschreibt seine Lobbytätigkeit wie folgt: „Zum Zwecke der Interessenvertretung werden Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundeskanzleramtes und der Bundesministerien sowie mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages geführt zur Erläuterung von Änderungsnotwendigkeiten hinsichtlich einer Vielzahl von Themenfeldern, die als Rahmenbedingungen für die unternehmerische Tätigkeit, auch im Hinblick auf die Situation der Beschäftigten des Unternehmens, von großer Bedeutung sind. Dabei geht es neben gesundheits- und agrarpolitischen Themen unter anderem um den Fachkräftemangel, den Wert der dualen Ausbildung, Lieferketten und Nachhaltigkeit bis hin zum Bürokratieabbau. Zweck der Interessenvertretung ist es, die Sicht der Praxis zu vermitteln und Impulse zur Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Lage zu geben. Im Zuge dessen werden auch parlamentarische Abende und Diskussionsveranstaltungen durchgeführt, zu denen Regierungsmitglieder, Abgeordnete sowie Vertreterinnen und Vertreter der Ministerien eingeladen werden.“[5]

Lobbybüros, Lobbyist:innen und Lobbyausgaben

Das vom Global Public Affairs Head geleitete Global Public Affairs Leadership Team, bestehend aus den jeweiligen Public Affairs Heads der Divisionen und zentralen Verbindungsbüros, entwickelt die Public Affairs Prioritäten und Strategien und ist für das Talent Management zuständig.[6] Für die konkrete Umsetzung der Interessenvertretung vor Ort, das Einhalten ethischer und rechtlicher Kriterien und die Herstellung von Transparenz sind die jeweiligen Ländervertretungen verantwortlich.

Die Kosten der politischen Verbindungsbüros beliefen sich im Jahr 2020 auf rd. 16 Mio. Euro, davon zwei Mio. Euro in Berlin, Deutschland.[7] Diese Angaben beinhalten jeweils Sach-, Personal- und Projektkosten und können im Einzelnen dem Bayer-Nachhaltigkeitsbericht entnommen werden.

Laut deutschem Lobbyregister lagen die Lobbyausgaben in Deutschland im Jahr 2023 zwischen 2.550.000 und 2.560.000 Euro, in Europa laut EU-Transparenzregister zwischen 7 und 7.999.999 Mio. Euro.[8][9] Die Zahl der Lobbyist:innen wurde für Deutschland mit 22 (Vollzeitäquivalent: 3,71) angegeben, für die EU mit 76 (Vollzeitäquivalent: 25,9).

Zusammenarbeit mit Lobbyagenturen

Das Lobbyregister des Deutschen Bundestages weist im Juni 2023 für das laufende Jahr 2023 die Zusammenarbeit mit folgenden Lobbyagenturen aus:

  • Rud Pedersen Public Affairs Germany GmbH
  • FIPRA International
  • EUTOP Europe GmbH
  • Penta (frühere Bezeichnung: Brophy)
  • Edelman
  • FGS Global (Europe) GmbH

Beziehungen zu Verbänden/Denkfabriken/Instituten

Bayer ist Mitglied/Förderer der folgenden Organisationen:

Mitarbeit in Kommissionen des BfR

Folgende Bayer-Mitarbeiter:innen sind Mitglieder der Kommission für Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR):

  • Frank Laporte, Bayer SAS/Frankreich (Stand: 12/2023)

Themen der Lobbytätigkeit

2023/24 betraf die Lobbyyarbeit die folgendenden Regelungsvorhaben:

  • Tierschutzgesetz
  • Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung (Genehmigung der sachkundlichen Anwendung von Glyphosathaltigen Produkten ab dem 01.07.2024). Erläuterung: Der Bundesrat hat am 14. Juni 2024 die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf den Weg gebrachte Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung beschlossen, in der die bestehenden Einschränkungen bei der Anwendung von Glyphosat fortgeschrieben werden.[10] Die Anpassung des deutschen Pflanzenschutzrechts war nötig geworden, weil die EU-Kommission Glyphosat im November 2023 für weitere zehn Jahre zugelassen hatte.
  • EU-Pharma-Paket / Pharma-Package (EU General Pharmaceutical Legislative Revision)
  • Implementierung der Urban Waste Water Treatment Directive (UWWTD)
  • Ermöglichung des notwendigen PFAS-Einsatzes für die Herstellung und Verpackung von Arzneimitteln
  • Strategie Fachkräftegewinnung

Quelle: [11]

Parteispenden

Es gibt einen Verhaltenskodex für verantwortungsvolles Lobbying, nach dem Bayer als Unternehmen keine direkten Spenden an politische Parteien oder Kandidaten leistet.


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Transparenz

Mit der 2017 ins Leben gerufenen Transparenz-Initiative verpflichtet sich Bayer, Forschungsdaten zur Sicherheit seiner Pflanzenschutzmittel öffentlich zugänglich zu machen.[12] Weiterhin werden die Kosten der Lobbyarbeit für die Länder veröffentlicht, in denen Bayer Verbindungsbüros unterhält. Nach Enthüllungen von LobbyControl zur verdeckten Finanzierung von Glyphosat-Studien hat Bayer ein Forschungsregister vorgelegt.[13] Der Bayer Science Collaboration Explorer listet Forschungskooperationen zwischen Universitäten und anderen wissenschaftlichen Instituten mit den folgenden Angaben auf: Art der Kooperation, Vertragspartner (Universität oder Klinikum), die Konzernsparte, die den Vertrag abgeschlossen hat, Zeitpunkt, Land, Auftragshöhe sowie das Thema der Kooperation. Nach Einschätzung von LobbyControl erfüllt das Register seine Funktion in der vorliegenden Form noch nicht und sollte deshalb nachgebessert werden.

Kontroverse um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat

Umstrittene Zulassung von Glyphosat

Im Juli 2017 schlug die EU-Kommission einem Expertenausschuss vor, die Zulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre zu verlängern.[14] Am 27. November 2017 hat eine Mehrheit der EU-Staaten einer Verlängerung der Zulassung um weitere 5 Jahre zugestimmt. Den Ausschlag gab dabei das Abstimmungsverhalten der Bundesregierung, die sich bei früheren Abstimmungen enthalten hatte, weil die zuständigen Minister Christian Schmidt (CSU) und Barbara Hendricks (SPD) sich nicht einig waren. Dieses Mal setzte sich Landwirtschaftsminister Schmidt jedoch ohne Abstimmung mit der Bundeskanzlerin und gegen den Widerspruch von Umweltministerin Hendricks über die Geschäftsordnung der Bundesregierung hinweg und stimmte eigenmächtig der Verlängerung zu.[15]

Im November 2023 hat die EU-Kommission die Zulassung für Glyphosat für weitere 10 Jahre verlängert, nachdem sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz des Mittels ausgesprochen hatten.[16] Deutschland hatte sich enthalten, obwohl im Koalitionsvertrag vereinbart worden war, Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen.[17] Die FDP war für eine Zulassungs-Verlängerung eingetreten, die Grünen waren dagegen.[18]

Die Verordnung zur Änderung der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung, die am 1. Juli 2024 in Kraft getreten ist, ist wie folgt begründet worden: „Der Wirkstoff Glyphosat wurde zur Verwendung in Pflanzenschutzmitteln mit der Durchführungsverordnung (EU) 2023/2660 der Kommission vom 28. November 2023 erneut genehmigt. Ein vollständiges nationales Anwendungsverbot ist daher gegenwärtig nicht mit EU-Recht vereinbar. Das Inkrafttreten des - vorläufig ausgesetzten - vollständigen Anwendungsverbots wird deshalb aufgehoben. Um keine Verschlechterung gegenüber der bisher geltenden Rechtslage eintreten zu lassen, müssen die bisherigen Einschränkungen für die Anwendung von Glyphosat-haltigen Pflanzenschutzmitteln zwingend erhalten bleiben, um den Schutz der Artenvielfalt, des Naturhaushaltes und der Gewässer weiterhin sicherzustellen.“[19]

Glyphosate Renewal Group

Die Glyphosate Renewal Group (GRG) ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für eine erneute Zulassung von Glyphosat in der EU einsetzten.[20] Hierzu bereiteten die Mitglieder einen gemeinsamen Antrag mit wissenschaftlichen Studien und Informationen zur Sicherheit von Glyphosat vor. Dieser wurde im Zuge des EU-Genehmigungsverfahrens den an der nächsten Bewertung beteiligten Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) am 12. Dezember 2019 vorgelegt.[21] Am 8. Juni 2020 wurde ergänzend ein Scientific Dossier zur Beurteilung der Sicherheit von Glyphosat übergeben. Der weitere Entscheidungsprozess ist hier dokumentiert. Im November 2023 hat die EU-Kommission die Glyphosat-Zulassung für weitere 10 Jahre angekündigt.[22]

Mitglieder der GRG sind: Albaugh Europe SARL, Barclay Chemicals Manufacturing Ltd., Bayer Agriculture bvba, Ciech Sarzyna S.A., Crop Alliance Unipessoal LDA., Nufarm GMBH & Co.KG, Sinon Corporation, Syngenta Crop Protection AG.

Online-Petition von Bayer: "Glyphosat: Kein Verbot ohne Alternative"

2023 veröffentlichte die Lobby-Agentur Rud Pedersen im Auftrag von Bayer eine Online-Petition mit dem Titel: "Glyphosat: Kein Verbot ohne Alternative", die sich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages wendet. Bayer behauptet, dass es keine Alternative zu dem Unkrautvernichtungsmittel gäbe und sowohl landwirtschaftliche Betriebe als auch der Weinbau vor Problemen stünden, die die Lebensmittelproduktion einschränken würden. Hingegen argumentiert der BUND, dass der Öko-Landbau schon seit Jahrzehnten ohne Glyphosat auskomme und unerwünschte Pfflanzen durch verschiedene Fruchtfolgen usw. unterdrückt würden.

Das Herbizid Glyphosat durfte in der EU bis zum 15.12.2023 verwendet werden, d.h. es stand eine Entscheidung in der EU und den Mitgliedsstaaten über die Verlängerung der Zulassung an. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat im Juli 2023 keine inakzeptablen Gefahren festgestellt. Download des Factsheet [23]
Die EFSA-Einschätzung ist umstritten. Umweltverbände wie der BUND beklagen Datenlücken im EFSA-Bericht, wie die Behörde auch selbst zugibt. Es geht unter anderem um etwaige Risiken für die Ernährung der Verbraucher oder die Reduzierung der Artenvielfalt durch Eingriff in die Nahrungskette. Beim Umweltbundesamt heißt es dazu: "... dass der großflächige Einsatz von PSM [Pflanzenschutzmittel] in der Intensivlandwirtschaft insbesondere für Feldvogelarten wie Rebhuhn, Goldammer und Feldlerche eine wesentliche Gefährdungsursache darstellt und für den fortlaufenden Rückgang der Bestände dieser Arten mitverantwortlich ist."[24] Bis zu 40 Prozent der deutschen Äcker werden mit Glyphosat gespritzt; das Totalherbizid vernichtet alle unerwünschten Gräser und Kräuter.

2019: Recherchen von LobbyControl zu Glyphosat-Studien

Im Dezember 2019 veröffentlichte LobbyControl Recherchen, nach denen Monsanto Glyphosat-Studien in Deutschland über das Insitut für Agribusiness aus Gießen verdeckt finanzierte und für die eigene Lobbyarbeit einsetzte. Bayer gestand kurz darauf die Finanzierung der Studien durch Monsanto ein und sagte außerdem, dass intransparente Wissenschaftsfinanzierung ihren ethischen Standards widerspräche. Es kündigte ein Kooperationsregister an, in dem alle Forschungskooperationen einschließlich wissenschaftlicher Aufsätze verzeichnet werden sollen. Dies sei Teil ihrer neuen Statuten im Umgang mit Öffentlichkeit und Politik.[25] Bereits im Dezember erfolgte eine Anfrage durch LobbyControl, inwiefern Monsanto beziehungsweise Bayer neben den Gießener Studien weitere zu Glyphosat in Auftrag gegeben haben. Darauf erhielt LobbyControl zunächst keine Antwort. Erst auf mehrmaliges Nachhaken zu einzelnen Studien, räumte Bayer ein, dass auch ähnliche Studien der Beratungsfirma RSK Adas in Großbritannien von Monsanto finanziert wurden. Bayer hat nach eigener Auskunft inzwischen neue sozioökonomische Studien bei jenem britischen Beratungsinstitut in Auftrag gegeben. Diese sind für das laufende Verfahren um eine Verlängerung der europäischen Glyphosat-Zulassung 2022 gedacht. Sie sollen dann als „Bayer on behalf of the Glyphosate Renewal Group“ gekennzeichnet werden („Bayer im Namen der Glyphosate Renewal Group“). Bayer rückt damit zumindest an dieser Stelle von der intransparenten Lobbystrategie Monsantos ab. Bei der Aufarbeitung der Fälle aus der Vergangenheit zeigte sich Bayer allerdings weniger transparent und bestätigte vor allem das, was kaum noch abzustreiten war. Auf weitergehende Fragen hieß es oft nur, es lägen ihnen keine Informationen vor.[26] Das betrifft etwa die Verwicklung von Bayer CropScience selbst in das Institut für Agribusiness, das private Institut eines Gießener Universitätsprofessors, welches die von Monsanto finanzierten Studien durchführte. Bayer war in das Institut involviert und es bleibt deshalb fraglich, ob sie von diesen unsauberen Methoden Monsantos tatsächlich nichts gewusst haben. So war Bayer CropScience im Vorstand des Trägervereins des Instituts für Agribusiness (IAB) vertreten und arbeitete mit diesem sowie mit Prof. Schmitz zusammen. Zwischen 2006 und 2016 gab Bayer CropScience dort sechs Studienprojekte in Auftrag, es flossen 63.000 Euro. Bayer CropScience betont nach außen, dass es sich für Transparenz einsetze und hohe ethische Maßstäbe an sich und seine Partner anlege, hat bislang aber nicht darauf geantwortet, ob es diese Standards beim Institut für Agribusiness für gegeben hält. Auch weitergehende Fragen zur Rolle von Bayer CropScience blieben ohne Antwort.[27]

Monsanto und die rechtlichen Folgen

Bayer hat das glyphosathaltige Mittel Roundup im Zuge des 63,5 Milliarden Euro teuren Kaufs von Monsanto übernommen – und damit auch die rechtlichen Risiken.

Wegen der mutmaßlich krebserregenden Wirkung des Herbizids, wurden insgesamt rund 167.000 Klagen eingereicht. Die meisten vorliegenden Klagen legte der Konzern mit einem außergerichtlichen Vergleich bei. Dieser Vergleich kostete Bayer bis zu zehn Milliarden Dollar.[28], [29]

Die Verwendung der giftigen Chemikalie PCP in Lampen an einer Schule in den USA hat 2023 zu einer Schadensersatzklage geführt. Das Unternehmen muss 857 Millionen Dollar zahlen. [30] Im Geschäftsbericht 2023 heißt es: “Es sind gegenwärtig fünf Klagen von Generalstaatsanwälten anhängig.“ [31]

Sonstige Fallbeispiele und Kritik

2015: Gefälschte Postings in sozialen Medien (Österreich)

Am 10. September 2015 hat der österreichische Ethik-Rat für Public Relations eine Rüge gegen den Pharmakonzern BAYER und sechs weitere Unternehmen „wegen planmäßiger Täuschung von Userinnen und Usern in großem Stil durch gefälschte Postings“ ausgesprochen. Ausgeführt wurden diese von der Agentur mhoch3.[32] "In seiner Begründung führt der Rat an, dass von professionellen Auftraggebern dieser Größe und Bedeutung zu erwarten gewesen wäre, dass der Modus der Auftragserfüllung bereits vor Auftragserteilung inhaltlich und ethisch hinterfragt wird. Das gilt vor allem für ein Unternehmen im sensiblen Gesundheitsbereich, das besonders strengen Regelungen – auch hinsichtlich der Kommunikation – unterliegt. Die jahrelange und weitreichende Zusammenarbeit mit mhoch3 in sensiblen Themenbereichen wie der Debatte über die umstrittene Hormonspirale Mirena ist daher scharf zu kritisieren."[33]

2015: Intransparente Hochschulkooperation

Im August 2015 entschied das Oberverwaltungsgericht Münster, dass Bayer keine Einsicht in seinen Kooperationsvertrag mit der Universität zu Köln gewähren muss. Kritiker hatten unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz gefordert, dass Universität und Unternehmen ihren Geheimvertrag offenlegen. Befürchtungen über Auftragsforschungen oder die Vertuschung von Ergebnissen, die sich negativ auf das Unternehmen auswirken könnten, konnten so weder Bayer noch die Universität glaubhaft ausräumen.[34] Auch die Frage nach der kommerziellen Verwertung von Forschungsergebnissen und Patenten ist unklar.

2011: Lobbyarbeit gegen eine EU-weite Finanztransaktionssteuer

Als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 legte die EU-Kommission 2011 einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer vor. Sie sah eine Besteuerung für den Kauf und Verkauf von Finanzprodukten vor, die je nach Produkt und Höhe der Transaktion zwischen 0,01 und 0,1 Prozent betragen sollte. Sie sollte dazu dienen, Anreize für Spekulationen zu senken und die Finanzinstitute an den Kosten der Finanzmarktkrise zu beteiligen.[35]

Berechnungen des Deutschen Aktien Instituts zufolge (ein weiterer Akteur gegen die Finanztransaktionssteuer), hätte Bayer damit rechnen müssen, jährlich 45 Millionen Euro an zusätzlichen Steuern zu zahlen. Bayer stemmte sich unter Berufung auf diese Zahlen gegen eine Finanztransaktionssteuer.[36][37] Im Zusammenspiel mit anderen Wirtschaftsverbänden und Finanzlobbygruppen (Goldman Sachs, Bundesverband Investment und Asset Management, Siemens etc.) wurden umfassend Zweifel gesät, wodurch der ursprüngliche Entwurf zunehmend durch Ausnahmen und Anpassungen verwässert wurde, bis das Projekt letztendlich im Sande verlief.[38]

Andere Verbände, Institutionen und Finanzexpert:innen sehen überwiegend gesamtgesellschaftliche Vorteile in einer Finanztransaktionssteuer, da sie ein krisenfesteres Finanzsystem und hohe Steuereinnahmen verspricht.[39][40][41][42][43]

Weiterführende Informationen

  • Rodrigo Santos, Vorstand der Bayer AG für den Geschäftsbereich Crop Science, im Interview mit Journalist:innen der ZEIT: "Muss der Naturschutz warten?" [44] Es stellt sich u.a. die Frage, ob die 25% Steigerung des Bayer-Aktien-Kurse seit Beginn des Ukraine-Krieges auf eine prognostizierte Nahrungsmittelknappheit zurückzuführen ist. Verhilft die befürchtete Verknappung, insbesondere bei Weizen und Sonnenblumen-Öl, den "digitalen Lösungen" von Bayer zum schnellen Durchbruch? Das "Carbon-Farming" senkt dann noch den CO2 - Fußabdruck der industriell betriebenen Landwirtschaft.

Aktuelle Informationen aus der Welt des Lobbyismus

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Einzelnachweise

  1. Profil und Organisation, bayer,de, abgerufen am 11.03.2019
  2. Bayer streicht den Namen Monsanto, sueddeutsche.de vom 04.06.2018, abgerufen am 08.06.2018
  3. Fünfjahresübersicht, lobbyregister.de, abgerufen am 0.10.2024
  4. Fünfjahresübersicht, lobbyregister.de, abgerufen am 0.10.2024
  5. Bayer AG, lobbyregster.de vom 18.09.2024, abgerufen am 04.10.2024
  6. Unsere Governance für politisches Engagement, bayer.com, abgerufen am 05.12.2023
  7. Unsere Grundsätze und Positionen für politisches Engagement, bayer.com, abgerufen am 05.12.2023
  8. Bayer AG, lobbyregster.de vom 18.09.2024, abgerufen am 04.10.2024
  9. Bayer AG, lobbyregster.de vom 18.09.2024, abgerufen am 04.10.2024
  10. Glyphosat: Anwendungseinschränkungen bleiben bestehen, bmel.de vom 14.06.2024, abgerufen am 05.10.2024
  11. Bayer AG, lobbyregster.de vom 18.09.2024, abgerufen am 04.10.2024
  12. Transparenz-Initiative, bayer.de, abgerufen am 11.03.2019
  13. Nach Lobbycontrol-Enthüllungen: Bayer legt Forschungsregister vor, lobbycontrol.de vom 05.10.2021, abgerufen am 08.11.2021
  14. Glyphosat: EU-Kommission schlägt Zulassung für weitere zehn Jahre vor, spiegel.de vom 20.07.2017, abgerufen am 08.04.2020
  15. Rüge von Merkel: Schmidt hat sich bei Glyphosat nicht an Weisung gehalten, sueddeutsche.de vom 28.11.2017, abgerufen am 08.04.2020
  16. EU-Kommission verlängert Glyphosat-Zulassung, tagesschau.de vom 16.11.2023, abgerufen 05.10-2024
  17. EU-Kommission verlängert Glyphosat-Zulassung, tagesschau.de vom 16.11.2023, abgerufen 05.10-2024
  18. EU-Kommission verlängert Glyphosat-Zulassung, tagesschau.de vom 16.11.2023, abgerufen 05.10-2024
  19. Verordnung zur Änderung der Anwendungsverordnung, dserver.bundestag.de, abgerufen am 05.10.2024
  20. What is the Glyphosate Renewal Group, glyphosat.eu, abgerufen am 06.12.2023
  21. Glyphosate Renewal in the EU, bayer.com, abgerufen am 05.10.2024
  22. EU-Kommission kündigt Glyphosat-Zulassung für weitere 10 Jahre an, zeit.de vom 16.11.2023, abgerufen am 06.12.2023
  23. hier Europäische Kommission, abgerufen am 28.8.2023
  24. Pflanzenschutzmittel/Glyphosat Umweltbundesamt vom 05.02.2016, abgerufen am 02.09.2023
  25. Monsanto: noch mehr unsaubere Glyphosat-Studien, lobbycontrol.de vom 12.03.2020, abgerufen am 25.03.2020
  26. Monsanto: noch mehr unsaubere Glyphosat-Studien, lobbycontrol.de vom 12.03.2020, abgerufen am 25.03.2020
  27. Verdeckte Finanzierung: Monsantos Lobbystudien zu Glyphosat, lobbycontrol.de vom 05.12.2019, abgerufen am 25.03.2020
  28. bayer-erzielt-einigung-ueber-umgang-mit-kuenftigen-glyphosat-klagen Das Handelsblatt vom 04.02.2021, abgerufen am 11.04.2024
  29. warum-bayer-auf-einmal-alle-glyphosat-prozesse-gewinntDas Handelsblatt vom 07.06.2023, abgerufen am 11.04.2024
  30. bayer-monsanto tagesschau.de vom 19.12.2023, abgerufen am 11.04.2024
  31. -mit-diesen-rechtsrisiken-kaempft-der-dax-konzern- deraktionär.de vom 05.04.2024, abgerufen am 11.04.2024
  32. Gefälschte Postings: Ethik-Rat rügt BAYER, Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG), 10. September 2015, zuletzt aufgerufen am 11.9.2015
  33. PR-Ethik-Rat rügt Agentur mhoch3 und sieben Kunden. Planmäßige Täuschung von Online-User/innen durch gefälschte Postings, Österreichischer Ethik-Rat für Public Relations (PDF), 10. September 2015, zuletzt aufgerufen am 11.9.2015
  34. Uni Köln und Bayer dürfen Vertrag geheim halten, spiegel.de vom 18.08.2015, abgerufen am 25.03.2020
  35. Vorschlag für eine Richtlinie des Rates für die Umsetzung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer, eur-lex.europa.eu vom 14.02.2013, abgerufen am 31.10.2023
  36. CFOS massiv von Finanztransaktionssteuer betroffen, finance-magazin vom 14.05.2013, abgerufen am 20.11.2023
  37. Debatte um die Finanztransaktionssteuer, taz vom 01.08.2013, abgerufen am 20.11.2023
  38. Finanzlobby: Im Auftrag des Geldes. Finanzwende Recherche 2022, S.56 ff.
  39. Weltwirtschaft: 1000 Ökonomen wollen Finanzmarktsteuer, abgerufen am 16.11.2023
  40. Offener Brief führender Finanzexpert:innen, abgerufen am 16.11.2023
  41. Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, abgerufen am 16.11.2023
  42. "Die Finanztransaktionssteuer muss kommen", Euractive.de vom 16.07.2020, abgerufen am 16.11.2023
  43. "Die vernünftigste Steuer in diesen Zeiten", Le Monde diplomatique vom 11.12.2014, abgerufen am 16.11.2023
  44. "Muss der Naturschutz warten?" DIE ZEIT (16/2022), abgerufen am 20.4.2022

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